Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

     

SWR2 / SWR Kultur

   

SWR3

  

SWR4

     

Autor*in

 

Archiv

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

30APR2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Christ werden in 30 Minuten. Am vergangenen Mittwoch war es wieder möglich: in der Marienkirche mitten in Berlin konnten Erwachsene sich spontan taufen lassen. PopUp-Taufe[1] nennt die evangelische Gemeinde dieses Angebot, das es in diesem Jahr einmal im Monat gibt. Mittags um 12 wird ein Gottesdienst gefeiert, und wer getauft werden möchte, kommt für ein Gespräch mit der Pfarrerin eine halbe Stunde vorher in die Kirche. Es gibt ein kurzes Kennenlernen, die wichtigsten Formalitäten werden geklärt und die Pfarrerin fragt, warum die Person sich taufen lassen möchte. Und dann wird getauft. Sozusagen in der Mittagspause.

So originell ich diese Idee finde, bin ich zugleich auch etwas skeptisch: Ist das der Taufe angemessen, so spontan, quasi nebenbei zu taufen? Taufe ist doch mehr als ein kurzes Event, mehr als etwas, was ich „to-go“ einfach mal mitnehme.

Pfarrerin Corinna Zisselsberger, der die Sache mit der PopUp-Taufe in Berlin eingefallen ist, sagt: „Johannes, der Täufer am Jordan, hat es doch genauso gemacht. Die Menschen sind zu ihm gekommen, er hat sie im Wasser untergetaucht und dann war die Taufe vorbei. Da gab es keine langen Glaubenskurse oder viele Gespräche im Vorfeld.“

Wenn ich der jungen Pfarrerin zuhöre, fallen mir auch andere Stellen in der Bibel ein, die beschreiben, wie Menschen früher Christen wurden. Da wird von Leuten in Jerusalem erzählt, die an Pfingsten den Aposteln zugehört haben, und die sich dann direkt taufen ließen. Oder Lydia, eine toughe Geschäftsfrau, von der die Bibel erzählt, dass sie die erste Christin in Europa gewesen ist. Lydia trifft Paulus, hört ihm zu und spürt: ich möchte getauft werden. Zu dieser Gemeinschaft und zu diesem Jesus, von dem Paulus erzählt, möchte ich gehören.

Lydia, die Leute in Jerusalem und auch die Menschen bei Johannes am Jordan verbindet, dass sie was Neues suchen und ihrer Sehnsucht folgen. Die Botschaft von einem Gott, der die Menschen ohne Wenn und Aber liebt, trifft sie mitten ins Herz. Ihnen wird klar: ich muss nicht erfolgreich sein, es zu etwas bringen oder irgendjemandem etwas beweisen. Gott sagt einfach so „Ja“ zu mir und zu allen anderen Menschen. Diese Liebe macht mich stark und zuversichtlich.

Die PopUp Taufe ist eine ungewöhnliche Aktion. Und vermutlich wird sie die Ausnahme bleiben. Doch egal, was aus der Idee wird, finde ich es gut, es auszuprobieren und damit zu zeigen: Getauft zu werden ist keine Belohnung für irgendetwas, was ich geleistet habe. Im Gegenteil. Es ist ein famoses Geschenk Gottes.

 

[1]https://marienkirche-berlin.de/gemeinde/#Amtshandlungen und https://katholisch.de/artikel/44519-christ-werden-in-30-minuten-in-berlin-gibt-es-eine-popup-taufe

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37548
weiterlesen...

SWR3 Worte

05JUN2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Heute ist Pfingsten und Christen feiern den Heiligen Geist. Der wird oft als Taube dargestellt. Der Dichter Wilhelm Willms hat dazu diesen Text geschrieben:

der heilige geist
er ist nicht Schwarz
(…)
er ist nicht weiß

der heilige geist ist ein bunter vogel
er ist da
wo einer den anderen trägt
der heilige geist ist da
wo die welt bunt ist
wo das denken bunt ist
wo das denken und reden und leben gut ist
der heilige geist lässt sich nicht einsperren
(…)

der heilige geist
ist spontan
er ist bunt
sehr bunt
und er duldet keine uniformen
er liebt die phantasie
er liebt das unberechenbare
er ist selbst unberechenbar

Wilhelm Willms, in roter faden glück. Lichtblicke

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35516
weiterlesen...

SWR1 3vor8

05JUN2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Es ist Pfingsten - ein Fest, das irgendwie in der Schwebe bleibt, finde ich. Für uns Christen dreht es sich um den Heiligen Geist: Gottes Geist, der irgendwie etwas in uns bewirken und unserem Leben die Richtung vorgeben will. Wie genau, das ist schwer zu greifen und bleibt in der Schwebe - Für einen Geist gehört sich das wohl so.

Heute ist auch ein Tag im Frühsommer. Es sind Schulferien! Viele Leute haben frei - und das zusammen verleiht dem Tag ebenfalls etwas Schwebendes und Leichtes, finde ich: Die Stimmung ist gelöst und freundlich. Und ich denke, wie schön die Welt doch sein kann.

Und gleichzeitig ist sie so schrecklich. Es ist mir fast unmöglich das wenigstens für einen Moment zu vergessen. Wozu sind wir Menschen bloß fähig? Und warum? Diese Frage treibt mich unwahrscheinlich um, und ich finde einfach keine klare Antwort. Sie bleibt in der Schwebe und ist einfach nicht zu greifen: Was macht den einen Menschen zum Gewalttäter und ein anderer bleibt friedlich? Sind es die Umstände? Der Ort, an dem jemand lebt? Die Nachrichten, die laufen? Liegt es womöglich in den Genen? Oder haben Menschen doch so etwas wie einen freien Willen und können eben doch selbst entscheiden?

Es gibt keine klare Antwort darauf - und das finde ich beängstigend. Was macht uns Menschen aus? Das bleibt in der Schwebe.

Ich denke, diese Schwebe ist auch in einem Text aus der Bibel zu spüren, der heute in vielen Gottesdiensten zu hören ist. Der Apostel Paulus fragt: Was treibt uns Menschen an? Was für Kräfte sind das, die darüber entscheiden, ob wir Gutes tun - oder eben nicht?

Paulus sagt: Zuallererst sind wir Menschen Mensch aus Fleisch und Blut - mit allem, was wir mitbringen und was uns geprägt hat. Wir Menschen aus Fleisch und Blut meinen es meistens gut. Aber wir können eben auch nicht heraus aus unserer Haut - aus unserem Fleisch und Blut. Wir haben immer unsere eignen Interessen im Blick. So sehr wir uns also bemühen, wir werden uns selbst immer mehr lieben als unseren nächsten Mitmenschen.

Zum zweiten - und davon ist Paulus fest überzeugt - sind wir aber auch Kinder Gottes. Kinder seines Geistes. Und Gottes Geist ist - Liebe, Gerechtigkeit und Friede. Ganz egal also, wo ich herkomme oder was mich geprägt hat: Wenn ich versuche, mich auf Gottes Geist einzulassen, werde ich ein Stück weit frei von meinen eigenen Interessen. Ich kann heraus aus meiner Haut. Wenn Gottes Geist mir hilft, kann ich es wenigstens versuchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35569
weiterlesen...

SWR2 Wort zum Tag

04JUN2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Seit Januar habe ich ein Rudergerät. Darauf kann man zuhause im Wohnzimmer rudern. Ich liebe das. Es entspannt mich, wenn ich ärgerlich bin, oder ich kriege neue Energie, wenn Müdigkeit sich breit macht. Die gleichmäßige Bewegung, der angenehme Widerstand und das Rauschen des Wassers im Tank zusammengenommen machen, dass ich mich wohlfühle.

Viel schöner ist es noch, bei gutem Wetter draußen zu rudern. Gerne schaue ich den Ruderern auf dem Neckar zu. Manchmal fühle ich mich ihnen tief verbunden, manchmal bin ich geradezu neidisch, weil ich dazu gerade nicht komme.

Das Besondere bei dem Sport ist für mich, dass er mich auf vielerlei Weise in Verbindungen bringt. Mit Dem Wasser, durch das das Boot gleitet, mit der Natur um mich her, mit den Menschen, die mit mir sprichwörtlich in einem Boot sitzen. Während ich in meinem Alltag oft eine Leitungsposition innehabe, genieße ich es, wenn ich nicht vorne, also: „auf Schlag“ sitze. Beim Rudern kann ich mich einklinken in eine Bewegung, die andere vor und hinter mir auch ausüben. Einmal nicht denken müssen; sondern Teil eines Ganzen sein.

Vom Wasser aus sieht die Welt auch anders aus. Auf Augenhöhe mit Schwänen und Gänsen, weit unterhalb von Fahrradwegen und Straßen ergeben sich neue Perspektiven, andere Blickwinkel.

Für mich passt das Ruderboot zu Pfingsten – dem Fest des Heiligen Geistes. Von diesem Geist, der – wie es im Römerbrief heißt – lebendig und frei macht, wird für mich beim Rudern manchmal etwas spürbar: Oft komme ich dabei mehr zu mir selbst und damit auch näher zu Gott. Ich erlebe mich als Teil der Schöpfung, sowohl mit der Natur als auch mit den Menschen auf eine gute Weise verbunden. Ich spüre meine Kraft – die zwar angewiesen ist auf andere und abhängig von ihnen, aber ich selbst kann etwas tun, bewegen und bewirken. Widerstände sind beim Rudern kein Problem – im Gegenteil, sie sind nötig, damit sich etwas entwickeln kann, damit es voran geht. Zurück am Ufer bleibt oft noch ein Gefühl dafür, dass ein anderer Blickwinkel auf meinen Alltag und auf die Welt möglich ist. Ein Sport, bei dem ich mich als frei und lebendig erlebe – das kommt mir deshalb geradezu pfingstlich vor. Dem Heiligen Geist Raum zu geben – damit er spürbar und lebendig werden kann, das nehme ich mir vor. Also doch: Runter vom Rudergerät und raus aufs Wasser und ins Leben!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35515
weiterlesen...

SWR3 Worte

23MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Pfingsten ist das Fest, an dem Christen den Heiligen Geist feiern.
Viele Menschen heute können sich darunter nichts mehr vorstellen.
Eine Passage in Barack Obamas Buch „Ein verheißenes Land“, könnte dabei helfen. Er beschreibt, wie ihm bei seiner Rede vor einer großen Menschenmenge Folgendes passiert:     

Irgendwann … gelange ich an einen Punkt, an dem ich meinen Rhythmus finde. Das Publikum jubelt nicht, es wird eher still. Es ist … wie wenn eine physische Verbindung entsteht, ein Strom der Emotion, der zwischen dir und dem Publikum hin- und hergeht, so als würden dein Leben und das der Anwesenden plötzlich zusammengefügt… und …einen Augenblick lang fühlst du die Menschen in deinem Inneren und kannst sie vollkommen sehen. Du hast einen gemeinschaftlichen Geist angezapft, etwas, das wir alle kennen und nach dem wir uns sehnen – ein Gefühl der Verbundenheit, das unsere Verschiedenheit überwindet und durch eine riesige Woge von Möglichkeiten ersetzt.

 

Quelle: Barack Obama „Ein verheißenes Land“, Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München, 2020. S. 85

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33187
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

23MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Drei zersägte Fahrräder, einige Kilo Stahl und jede Menge Elektronik. Daraus haben Marc und Silas einen Offroad-Rollstuhl zusammengeschweißt. Die beiden Hobby-Ingenieure sind Pfadfinder aus Ulm. Den geländegängigen Rollstuhl haben sie für Christian entwickelt. Christian ist schon lange bei den Pfadis dabei und für die Jugendgruppe war seine Behinderung nie ein Problem. Bis zu einem kräftigen Sommerregen in ihrem letzten Zeltlager. Die Zeltwiese war danach so aufgeweicht, dass Christian mit seinem Rollstuhl mit den dünnen Reifen im Matsch stecken geblieben ist. Für Marc und Silas war klar: „Das passiert Christian nicht noch einmal!“

Sie haben mit ihm zusammen rumgetüftelt, haben sich Tipps von Experten geholt und Spenden organisiert. Ins nächste Sommerlager fährt Christian auf jeden Fall mit seinem Akku-unterstützten Gelände-Rollstuhl, mit breiten Reifen für fast jeden Untergrund.

Für mich ist die Geschichte von Christian, Marc und Silas eine richtige Heilig-Geist-Geschichte. Heute ist Pfingsten und da geht es in den Kirchen um den Heiligen Geist. Und bei ihrem Rollstuhlprojekt war der bestimmt auch dabei. Die drei stecken die Köpfe zusammen und befeuern sich gegenseitig mit ihren Ideen und ihrer Energie. Sie brennen für die Sache und am Ende kommt was Gutes raus.

So stelle ich mir das vor, wenn der Heilige Geist am Werk ist. So als göttliche Kraft zwischen Himmel und Erde, die was bewegen kann. Sie ist dabei, wenn Leute für eine gute Idee Feuer fangen und alles dafür geben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33195
weiterlesen...

SWR1 3vor8

23MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Es gibt Momente im Leben, in denen etwas ganz Besonderes passiert. Seltene Momente, in denen sich Grenzen zwischen den Menschen aufheben. In denen sich Gruppen, ja ganze Menschenmengen miteinander verbunden fühlen, als wären sie eins. Und spüren, dass diese Verbundenheit weit über sie hinausreicht. Durch eine gemeinsame Aufgabe, ein Ideal oder die Vision einer besseren Welt.
Heute, an Pfingsten, ist von solch einer Erfahrung in den katholischen Kirchen zu hören. In der Apostelgeschichte wird berichtet, wie ganz unterschiedliche Menschen gemeinsam vom Geist Gottes ergriffen werden. Wie sie, die eigentlich verschiedene Sprachen sprechen, sich plötzlich verstehen, wie ihre Begeisterung wie Feuerzungen über ihnen zu stehen scheint. Das klingt für unsere heutige Ohren schon ziemlich verwunderlich. Aber diese Erfahrungen gab es schon immer und sie wird es auch immer wieder geben.
Vor kurzem habe ich die Memoiren von Barack Obama gelesen. An einer Stelle in seinem Buch beschreibt er so etwas wie eine moderne Form von Geisterfahrung. Die mich ahnen lässt, wie das vielleicht in noch viel größerer Intensität vor rund 2000 Jahren unter den ersten Christen gewesen sein mag. Obama beschreibt was sich bei einer seiner ersten großen Reden zwischen ihm und seinem Publikum abgespielt hat: „Irgendwann“ so schreibt er, „gelange ich an einen Punkt, an dem ich meinen Rhythmus finde. Das Publikum jubelt nicht, es wird eher still. Es ist …wie … wenn eine physische Verbindung entsteht, ein Strom der Emotion, der zwischen dir und dem Publikum hin- und hergeht, so als würden dein Leben und das der Anwesenden plötzlich zusammengefügt… und … einen Augenblick lang fühlst du die Menschen in deinem Inneren und kannst sie vollkommen sehen. Du hast einen gemeinschaftlichen Geist angezapft, etwas, das wir alle kennen und nach dem wir uns sehnen – ein Gefühl der Verbundenheit, das unsere Verschiedenheit überwindet und durch eine riesige Woge von Möglichkeiten ersetzt.“
Soweit Barack Obama. Eine „riesige Woge von Möglichkeiten“, die Menschen miteinander verbindet – welch begeisterndes Gefühl… In diesem Sinne ein schönes Pfingstfest Ihnen.

 

Quelle: Barack Obama „Ein verheißenes Land“, Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München, 2020. S. 85

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33209
weiterlesen...

SWR2 Wort zum Tag

22MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wie wertvoll Freiheit ist – das vergesse ich manchmal hier, im freien Westen. Eine Begegnung mit dem Bürgerrechtler und Pfarrer Lee aus Hongkong vor einigen Jahren hat mir dafür die Augen geöffnet.  Und heute gilt diese Einsicht erst recht.

„Wir wissen ja, dass wir verlieren. Langfristig. Aber wir mussten doch etwas machen!“, hat Lee mit eindringlicher Stimme gesagt. „Stell Dir mal vor: Hongkong, diese wunderbare, lebendige Stadt. Aber ständig bedroht von China. Weil China nicht will, dass wir so frei leben in Hongkong, mit wahrer Demokratie und freier Meinungsäußerung.“ „Und dann habt Ihr angefangen zu protestieren?“ frage ich. „Ja“, antwortet Lee, „die Chinesen sagten: Wir kontrollieren ab jetzt, welche Kandidaten überhaupt zugelassen werden zu den Wahlen in Hongkong. Uns war klar: Wenn die Chinesen die Wahl-Kandidaten bestimmen, dann ist es vorbei mit der Freiheit. Und so begannen wir zu protestieren, mit Regenschirmen: Regenschirm-Proteste, so wurde das ganze ja bald genannt.“

„Und wie warst Du daran beteiligt?“ Lee erzählt: „Es gab am Anfang diesen engsten Kreis der Anführer, drei, vier Leute, mit dem berühmten Joshua Wong und mit Benni Chai, Und um sie herum gab es nochmal sechs, sieben Menschen, und einer von denen bin ich.  Ich bin ja Christ, und viele Menschen aus den ersten Reihen des Protests sind auch Christen – auch Joshua Wong. Wir sind gemeinsam davon überzeugt, dass Gott uns als freie Wesen geschaffen hat –, die frei ihre Meinung sagen sollen. Wir wissen ja, dass wir langfristig gegen den chinesischen Machtapparat verlieren. Aber wir wollten einmal den Menschen das Erlebnis von Freiheit geben. Auch wenn sie uns im Endeffekt einsperren: Die Fackel der Freiheit ist dann angezündet im Herzen der jungen Menschen. Dann habe ich als Christ doch etwas erreicht, oder?“

In den letzten Wochen ist die Freiheit in Hongkong nochmal wesentlich beschnitten worden. Aber am Sonntag ist Pfingsten. Das Fest, an dem der Heilige Geist Menschen auf der ganzen Welt in ihrem Kampf für die Freiheit stärkt. Zuerst bin ich dennoch ratlos, was ich machen kann angesichts der harten Realitäten in Hongkong. Dann aber denke ich mir: Ich kann für die Menschen beten. Und meinen alten Kontakt zu Lee wieder aufleben lassen. Und Organisationen wie amnesty international oder open doors unterstützen, die sich für die Freiheit der Menschen einsetzen. Ich bin gespannt, welche weiteren Ideen mir und Ihnen der Heilige Geist noch eingibt.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33185
weiterlesen...

SWR2 Wort zum Tag

21MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Zweimal hat der Bildschirm geflackert, dann sahen wir unsere koreanischen Freunde direkt vor uns: acht Kacheln, achtmal freundliches Lächeln, achtmal winkende Hände in die Kamera: „Hello – how are you? Wie kommt Ihr so durch die Corona-Pandemie, ihr als Kirchengemeinden in Südkorea?“  

Die virtuelle Begegnung unserer Partnergemeinde in Südkorea vor ein paar Monaten war nicht nur herzerwärmend, sondern sie hat mir auch eine neue Perspektive auf Corona gebracht, die mich bis heute zum Nachdenken anregt.

„Corona ist furchtbar“, sagte Pfarrer Kim, „aber der Lockdown ist für unsere Gemeinden nicht so schlimm. Denn hier in Südkorea sind wir es gewohnt, immerzu das Smartphone zu benutzen. Unser Seniorenkreis trifft sich, jeder winkt in die Kamera, und wenn sich jemand mal nicht reinschaltet, dann rufen die anderen gleich an. Neulich hatte die Leiterin des Seniorenkreises den Akku von ihrem Smartphone nicht aufgeladen, und als das Treffen deshalb verspätet begann, war die Aufregung groß! Naja, jenseits der neunzig wird man halt manchmal vergesslich“ –

„Und wie versteht ihr das Corona-Virus selbst?“, frage ich, „Wie geht ihr damit um, in Eurem Leben und Glauben? Ich habe manchmal den Eindruck, dass das Leben erst dann wieder losgehen wird, wenn wir das Virus erfolgreich bekämpft haben. Wenn wir es ganz und gar ausgerottet haben. Jetzt, in der Zwischenzeit, ist es manchmal so, als ob das Leben gar keinen Wert hat. Alle warten nur darauf, dass das Virus wieder weg ist.“
„Oh, Ihr Westler!“, lächelt da mein koreanischer Freund Kim, „Ihr denkt viel zu radikal. Schau mal, wir werden das Virus nicht losbekommen. Jeder Körper von uns hat viele Millionen Viren in sich! Wir können die Viren nicht vernichten. Wir können sie durch Impfen aber eindämmen. Und wir können nach Harmonie streben. Denn im Moment besteht Disharmonie zwischen den Viren und uns.“ Und Kim fährt fort: „Daher sollten wir nach Ausgleich streben, nach Balance – so, dass wir halbwegs in Harmonie leben können, trotz der Pandemie. Und um das zu erreichen, sollten wir jeden Tag bewusst und ausgeglichen leben und nicht unser ganzes Leben von diesem Virus dominieren lassen.“

Ich denke mir: Am Sonntag ist Pfingsten. Wie schön, dass es weltweit Kirchen gibt! Wie schön, dass sie nur einen-Klick von mir entfernt sind. Und wie schön, dass ich von ihnen eine neue Sicht auf Corona lerne! Und so versuche ich, in den nächsten Tagen mal eine Stunde lang nicht an Corona zu denken. Sondern an die Freunde, die ich habe. An die Sonne, die scheint. Und an alles, was mein Leben heute wertvoll macht, mitten in der Pandemie. Was macht das Leben für Sie heute wertvoll?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33184
weiterlesen...

SWR1 3vor8

31MAI2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Begeisterung wirkt manchmal befremdlich, wenn man selber nicht zu den Begeisterten gehört. Beim Fußball, -ohne Corona- wenn wildfremde Männer einander umarmen und jubeln und in ihre Tröten blasen. Wenn Kinder etwas erlebt haben und einem dringend davon erzählen wollen. Alles geht durcheinander, die Stimmen überschlagen sich, man versteht erst einmal kein Wort. Man möchte sagen: „Nun bleibt mal auf dem Teppich“. Aber man ahnt doch: Da ist etwas Großartiges passiert.

So etwas ähnliches gab es anscheinend unter den ersten Christen (Apg 2, 1-21). Heute, an Pfingsten, 50 Tage nach Ostern, wird in den Kirchen daran erinnert.

120 waren damals beieinander und haben gefeiert erzählt die Bibel. Das Schawuoth-Fest, eine Mischung aus Erntefest und Dankfest für die Gabe der 10 Gebote. Das war sicher eine fröhliche Sache. Und da geschah es dann. Die Menschen gerieten außer sich vor Freude über Gottes Gaben. Feuer und Wind, hat man später erzählt, kamen über sie. Befeuert hat sie der Geist Gottes, wie ein Sturm hat er sie in Bewegung gebracht. Damals wussten sie: Gott zeigt sich in Wind und Feuer. Die Menschen waren begeistert, vor Freude ging alles durcheinander, alle redeten durcheinander von ihrer Freude. Und die das beobachtet haben, die haben gesehen: die sind ja ganz aus dem Häuschen. Die sind begeistert. Begeistert von Gott.

Aber wie das so ist: Man ahnt, was die Begeisterten bewegt. Aber dann kommt es einem doch merkwürdig vor und irgendwie übertrieben. So war das damals auch: „Nun kommt mal wieder runter“, haben die Beobachter gesagt, „ihr seid ja betrunken“. Soll ja vorkommen, dass man vor lauter Begeisterung kein Maß mehr kennt.

Da tritt Petrus auf, der Anführer der ersten Christen. Petrus, der sich auskennt mit Feuer und Wind und den Erscheinungsformen Gottes. Petrus, der sich auch auskennt mit den Heiligen Schriften. „Die sind nicht betrunken“, sagt er, „die sind begeistert“. Gottes Geist hat sie ergriffen. Erinnert euch doch – die Propheten, die Gottesmänner früher, die haben vorhergesagt, dass das so kommen wird. „Wenn die neue Zeit anfängt, dann wird Gott seinen Geist auf die Menschen ausgießen. Dann werden sie begeistert sein und sagen und tun was nötig ist, damit die Welt anders wird.“

Wir Christen glauben, das war die Geburtsstunde der weltweiten Christenheit. Die wenigen Menschen von damals – die waren so begeistert und haben andere mit ihrer Begeisterung angesteckt. Viel Gutes ist in der Folge passiert. Manchmal denke ich: Solche Begeisterung, die fehlt uns Christen heute. Es könnte sich mehr bewegen in der Welt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31002
weiterlesen...