Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

     

SWR2 / SWR Kultur

   

SWR3

  

SWR4

     

Autor*in

 

Archiv

SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Simon Petrus: der erste unter den Jüngern Jesu. Der Fels, auf dem Jesus die Kirche gegründet hat, wie es im Matthäusevangelium heißt (Mt 16,18). Dieser Petrus ist an anderen Stellen in der Bibel durchaus nicht dieser steinharte Typ, der Fels in der Brandung, den nichts erschüttern kann. Im Gegenteil er wird oft als jemand geschildert, der zwar schnell „hurra“ ruft, aber dann, wenn es ernst wird, umfällt. Bekanntlich verleugnet er Jesus nach dessen Verhaftung dreimal. Petrus ist ein Mann mit einem guten Herzen, einem großen Mund und weichen Knien. Auch in dem biblischen Text (Mt 14,22-33), der heute in den katholischen Gottesdiensten vorgelesen wird, ist das so: Die Jünger sind mit dem Boot auf dem See Genezareth unterwegs. Jesus ist nicht bei ihnen. Plötzlich kommt ein Sturm auf, das Boot wird hin und her geworfen und die Jünger bekommen Angst. „Und dann“, heißt es in der Bibel, „kam Jesus zu ihnen, er ging auf dem See.“ Darauf bekommen die Jünger noch mehr Angst, denn sie halten Jesus für ein Gespenst. Der versucht sie zu beruhigen: „Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht!“ Und wer vertraut zuerst, fasst sich ein Herz? Natürlich Petrus: „Herr wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Nun, sein spontanes Vertrauen, sein gutes Herz lässt ihn direkt einen großen Spruch riskieren, auf dem Wasser will er zu Jesus gehen. Klar, dass er sich mal wieder übernimmt. Er steigt aus dem Boot, erst geht alles gut, das Wasser trägt ihn, doch dann bekommt er Angst, beginnt zu zweifeln und er bricht ein. „Herr rette mich!“, kann er noch schnell rufen, dann geht er schon unter. Natürlich zieht Jesus ihn aus dem Wasser und nennt ihn dann einen Kleingläubigen. Nun, zwei Kapitel später ist dieser Kleingläubige, dieser Angeber bei Jesus auf einmal der Fels, auf dem Jesus seine Kirche bauen will. Dabei hat sich Petrus in den zwei Kapiteln nicht vom Wankelmütigen zu einem Glaubensfesten gewandelt. Im Gegenteil, als Jesus von seinen bevorstehenden Leiden spricht, kann Petrus das nicht ertragen und sein großes Mundwerk tritt wieder in Aktion: „Das darf nicht geschehen!“ ruft er aus. Aber die Abfuhr, die er nun von Jesus erhält, hätte kaum drastischer ausfallen können: „Weg mit dir Satan, geh mir aus den Augen ... Du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was Menschen wollen.“ (Mt 16,23). Armer Petrus, innerhalb weniger Kapitel ist er einmal ein Kleingläubiger, ja sogar ein Satan und dann aber auch der Fels, auf dem Jesus die Kirche bauen will. Petrus hat sicherlich darunter gelitten und auch für uns ist es nicht ganz einfach diese widersprüchlichen Aussagen zusammen zu bringen.
Petrus ist eigentlich nur ein Beiname, in Wirklichkeit heißt der Erste der Jünger Simon. Aber Petrus wird er genannt, weil Petrus Fels bedeutet. Aber es ist ein sehr unsicherer, wackeliger Fels, denn in vielen biblischen Geschichten ist er nicht gerade glaubensstark, sondern fällt schnell um. Jesus weiß das und nennt ihn deshalb auch mal einen Kleingläubigen und an einer Stelle bezeichnet er ihn sogar als Satan, der sich weg machen soll. Also ein hundertprozentiger Wackelkandidat dieser Petrus, und auf den baut Jesus. Warum? Wohl weil Jesus weiß, dass zweifeln und unsicher sein zum Glauben dazu gehört. Natürlich ist Jesus nicht begeistert, wenn Petrus zweifelt, ja ihn sogar verrät, aber es ist für ihn kein Grund Petrus auszusortieren. Nach dem Motto: „Glaubensprüfung nicht bestanden, auf wieder sehen!“ Nein, er gibt diesen Petrus nie auf, auch wenn er versagt. Jesus hält ihm die Treue.
In Jesus – so glauben wir Christen – offenbart sich Gott, zeigt er wie er ist, welches Verhältnis er zu uns Menschen haben möchte. Die Petrusgeschichte macht deutlich: Gott gibt uns Menschen nicht auf, auch wenn wir mehr zweifeln als glauben, wenn wir Gott leugnen und seine Gebote nicht befolgen. Gott ist treu, das ist die große Botschaft nicht nur dieser Geschichte, sondern der gesamten Bibel sowohl des Alten als auch des Neuen Testamentes. Eine wunderbare Botschaft, denn auch wenn wir uns abwenden, nichts mit ihm zu tun haben wollen, Gott hält die Tür zu ihm immer offen. Bei Petrus hat das Vertrauen Jesu dazu geführt, dass er irgendwann glaubensstark wurde, ein richtiger Fels in der Brandung. Aber er hat seine Zeit dafür gebraucht. Irgendwann – wir feiern das an Pfingsten – hat er den Mut bekommen, um vor allen Leuten von diesem Jesus zu erzählen. Und das war durchaus mit Risiko behaftet. Bald saß er dann auch im Gefängnis wegen seines Glaubens und später in Rom wurde er deshalb auch hingerichtet. Aus dem Wackelkandidaten mit dem guten Herzen, dem großen Mund und den weichen Knien wurde ein großer Zeuge für den Glauben.
Das Beispiel des Petrus ist Zuspruch und Anspruch zugleich. Zuspruch: Bei Gott sind wir Menschen niemals abgeschrieben. Anspruch: Jeder und jede kann sich ändern, kann von einem Wackelkandidaten zu einem Menschen werden, der sich nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten für seinen Glauben einsetzt. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4272
weiterlesen...

SWR3 Gedanken

An Pfingsten war ich mit ca. 30 Bikern auf einer Motorradwallfahrt nach Assisi unterwegs. Es ist schon beeindruckend, wenn der laute Tross in ein kleines italienisches Städtchen einfährt. Kinder verkriechen sich ängstlich hinter die Beine ihrer Eltern. Und die Erwachsenen reagieren von verärgert bis bewundernd. Was die meisten nicht fassen können: die vermeintlichen Motorrad-Rocker ziehen ihre Helme ab und gehen in eine Kirche. Etwas breitbeinig vom langen Fahren zwar, aber ehrfürchtig. Sie beten in Stille oder stimmen einen Kanon an. Das passt so gar nicht ins Bild der Biker.
Eine dieser Kirchen ist „Santa Maria degli Angeli“ unterhalb von Assisi. Eine der größten Kirchen der Welt. Sie beeindruckt zwar durch ihre Dimensionen, ist aber sonst nicht gerade eine Schönheit. Eines macht sie jedoch einzigartig: Im Innenraum, genau unter der Kuppel, steht ein kleines Kapellchen. Es heißt „Portiuncula“ und der Hl. Franz von Assisi hat es einst mit seinen eigenen Händen renoviert.
Damals stand die Kapelle noch baufällig und einsam im Eichenwald vor Assisi. Franz liebte den Ort so sehr, dass er sich wünschte, dort im Kreis seiner Freunde zu sterben. Deshalb wohl wurde die „Portiuncula“ zu einem Pilgerort. Papst Pius V. ließ dann zum Schutz die Kathedrale darüber bauen.
In Lederklamotten mit Helm unterm Arm durchquere ich also die Riesenkirche. Schon etwas enttäuschend, die klotzige Atmosphäre. Als ich aber die kleine „Portiuncula“ betrete, da bin ich plötzlich ergriffen von der Einfachheit und Ausstrahlung dieses Jahrhunderte alten Bauwerks. Und auch an den Menschen um mich herum merke ich, dass hier noch etwas vom Geist des Heiligen Franz spürbar ist.
Vielleicht ist es so auch mit uns Motorrad-Wallfahrern: von außen laut und stinkend, schnell und risikobereit. Aber unter Helm und Leder, da stecken einzigartige Menschen. Menschen auf der Suche nach Gott und ein paar schönen Kurven.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4193
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

„Na, was gibt’s Neues?“ Mit dieser – wie ich dachte - unschuldigen Frage hatte ich mich den beiden genähert, die da auf dem Marktplatz standen und sich unterhielten. Aber der eine frozzelte zurück:
„Schon wieder so einer, der vom Zeitgeist erfasst ist! Immer auf der Suche nach Neuem!“
Ich kannte ihn ja gut, deshalb war ich nur kurz verblüfft: „Na, dann frag ich eben anders: welches Alte ist denn noch unerledigt?“
Und so kamen wir doch noch in ein angeregtes Gespräch, und ich habe auch ein paar Neuigkeiten erfahren. Männerklatsch eben.

Aber am Abend habe ich doch noch mal darüber nachgedacht. Das sind eigentlich zwei gute Leitfragen, mit denen man das eigene Leben und die Weltgeschichte betrachten kann und es sind gute Fragen, mit denen man die Bibel lesen kann.
Was gibt’s Neues? Und welches Alte ist noch unerledigt?
Die Bibel ist ja voll davon, dass etwas Neues geschieht, dass Gott Neues schaffen will, dass zum Beispiel seit Pfingsten ein neuer Geist in der Welt ist und die Menschen in diesem Geist leben können, mit einem neuen Herzen und mit neuen Zielen.

Also nicht immer derselbe Trott nach der Melodie: nichts Neues unter der Sonne, nicht ewige Wiederkehr des Gleichen, nicht Tretmühle und Hamsterrad. Sondern die Zukunft drängt in die Gegenwart hinein, Altes vergeht, Neues fängt an. Und Menschen brechen auf aus vertrauter Umgebung und suchen dieses Neue und finden eine neue Gemeinschaft, die alle miteinander verbindet: Juden und Heiden, Männer und Frauen, Arme und Reiche, Gesunde und Kranke, Alte und Junge, Fromme und Sünder.
Aber daneben gibt es in der Bibel auch Altes, an das sich zu erinnern lohnt, weil es noch unerledigt ist und darauf wartet, erfüllt oder vollendet zu werden. Nicht zuletzt deshalb haben die Christen am so genannten Alten Testament festgehalten. Denn es erinnert an die großartigen Verheißungen Gottes und es hält die Sehnsucht wach nach einem Leben, wo jeder genug hat und von seiner Hände Arbeit leben kann und genießen kann, was auf seinem Land wächst, wo keiner mehr das Kriegshandwerk lernt und die Schöpfung aufatmen kann.

Wenn man die Bibel so liest als Buch der Verheißungen Gottes, dann weckt und bestärkt sie unseren Hunger und Durst nach Brot für alle, nach einem Leben in Gemeinschaft, in Frieden und in Gerechtigkeit.
Und deshalb ich bin froh, dass die Kirchen an den alten Worten festhalten: Barmherzigkeit, Mitleid, Trost, Schutz der Schwachen, Sturz der Tyrannen, Freiheit und Gleichheit.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3881
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“. Dieser Satz hat mich schon immer geärgert. Der Alt-Bundeskanzler Schmidt soll ihn gesagt haben. Weil Visionen angeblich nur etwas sind für Träumer. Für Idealisten. Für Weltverbesserer ohne Bodenkontakt.
Dabei stand vor jeder großen Veränderung, die Menschen erreicht haben, eine Vision vom besseren Leben, von Gerechtigkeit, von der Gleichheit aller Menschen. Ohne eine Vision wären Schwarze in Amerika vielleicht immer noch Menschen zweiter Klasse. Und Indien wäre möglicher Weise noch eine englische Kolonie und Berlin geteilt durch eine Mauer.
Klar sind Visionen noch keine Realität. Aber sie zeigen ein Ziel und tragen deshalb in sich den entscheidenden Keim zur Veränderung.
Die konkrete Veränderung aber ist das Ergebnis vieler kleiner Schritte. Und diese kleinen Schritte sind dann nach meiner Meinung das Geschäft der Politiker. Auch viele Firmen machen sich ja die Kraft von Visionen zu Nutze für ihre Weiterentwicklung .Und auch die Kirche hat in den letzten Jahren gelernt, die großen biblischen Visionen ganz konkret für die Entwicklung der Gemeinden vor Ort zu nutzen.
Mit Visionen zu arbeiten ist nämlich ein urchristliches Arbeitsprinzip. Berühmt geworden ist zum Beispiel die große biblische Vision vom Frieden der Völker. Der Prophet Micha hat diese Vision sehr eindrücklich ausgemalt ( Mi 4, 1-4). Seine Vision war: Es wird der Tag kommen, da werden die Völker keine Waffen mehr brauchen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Spieße zu Sicheln. Statt Waffen – Pflüge und Sicheln. Statt Krieg führen– pflügen und ernten. Und dann wird „jeder unter seinem Weinstock und seinem Feigenbaum wohnen und niemand wird ihn schrecken“. Das war übrigens die biblische Vision der christlichen Friedensbewegung, die letztendlich dann ganz konkret zum Fall der Berliner Mauer geführt hat.
Visionen weiten den eigenen beschränkten Blick und lassen am Horizont eine Möglichkeit erscheinen, die heute vielleicht noch vollkommen undenkbar ist. Aber Visionen müssen geerdet werden, sonst bleiben sie reine Luftschlösser. Und dazu braucht man Geduld und Fleiß und viel Energie.
An Pfingsten gibt Gott den Menschen seinen Geist. In der Bibel steht: Dieser Heilige Geist, das ist die Kraft zur großen Vision und die Energie sie dann auch umzusetzen. Nicht als Programm, nicht im Prinzip - sondern Schritt für Schritt für ganz konkrete Menschen an ganz konkreten Orten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3677
weiterlesen...

SWR2 Wort zum Tag

Am Pfingstfest wird es in Stuttgart morgen wieder eine Nacht der Offenen Kirchen geben, mit offenen Türen, Musik und Tanz, Schauspiel und Bildern.

Kirchen sind nach wie vor Orte, an denen Junge wie Alte, Kinder wie Erwachsene einen Lebenszusammenhang erspüren und erahnen können, der über sie hinausweist: Kirchenräume erzählen von der Hoffnung auf Gott, und dass das Leben und der Mensch nicht ein Zufall, sondern ein Gedanke Gottes ist. Das wird nicht nur in dem deutlich, was in den Kirchenräumen gesagt oder gesungen wird, sondern schon durch den Raum selbst, der ein Ort des Gebets, der Musik zum Lobe Gottes, der Kunst der erzählten Bilder ist.

Kirchenräume kann man als solche Orte neu entdecken. Ich weiß das, weil ich das im Moment fast täglich erleben kann: Eine unserer Kirchen wird in den Wochen zwischen Ostern und Pfingsten als Jugendkirche genutzt. Dort sind Schulklassen zu Werkstatttagen mit Künstlern zu Gast. Jugendliche und ihre Kultur haben einen Platz dort. Es werden Themen verhandelt werden, die sie angehen.
Eine Landschaft aus meterlangen Holzbohlen hat seit Wochen dem Kirchenraum ein anderes Gesicht gegeben: Die Holzbohlen sind zu Altartischen, Trennwänden, Treppen, schmalen Brücken geworden. Der für mich eindrücklichste und interessanteste Ort ist in dieser Landschaft der Altar: Er ist in eine große Holzkiste eingebaut und mit schwarzen Folien umspannt, eine „Black Box“, so sagt das Team der Jugendkirche. Man blickt jetzt auf einen schwarzen Kasten. In der Osternacht symbolisierte dieser umbaute Raum das Grab Jesu, aus dem die Osterkerze heraus getragen wurde. In den Tagen nach Ostern wurde er zu dem Ort, in den Jugendliche sich zurückziehen konnten, mit ihren Gedanken und Gebeten.
Dieser Ort hat eine besondere Wirkung. Durch einen schmalen Eingang kann man in die Black Box hinein gehen. Man muss sich ein bisschen bücken. In der Black Box steht der Altar. Es ist ein großer Block aus rauem Sandstein, ohne jeglichen Schmuck jetzt. Der Stein fühlt sich gut an. Aber er ist überhaupt nicht spektakulär. Manchmal liegt ein Buch oder ein Schriftband auf dem Altar, mehr nicht. Von oben fällt durch eine schmale Öffnung in der Black Box das Licht herein. Das ist alles.
Ich glaube, die Jugendlichen spüren an diesem Ort das Kirchengebäude in einer besonderen Weise und merken: Es ist da, weil Menschen von ihrer Hoffnung und ihrem Glauben erzählen wollten, weil sie sagen wollten: Ich bin ein Gedanke Gottes, und die Welt um mich herum auch.
Nicht nur in der Pfingstnacht morgen stehen die Kirchentüren offen. Seien Sie willkommen!



https://www.kirche-im-swr.de/?m=3657
weiterlesen...

SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Teil 1
„‚Hat er denn auch das richtige Gesangbuch?’ – Das war seine erste Frage“, erzählt mir die Frau. In wenigen Wochen feiert das Paar Goldene Hochzeit. Und wir unterhalten uns darüber, wie alles angefangen hat.
„Als ich damals vor 50 Jahren zu meinem Vater gegangen bin und ihm gesagt habe, dass ich einen Freund hab’ und ihn heiraten möchte“, so erzählt mir die Frau, „da wollte er als erstes nicht den Namen meines Zukünftigen wissen und wo er her kommt, sondern mein Vater hat nur das eine gefragt: Hat er denn auch das richtige Gesangbuch?“
Nein, das richtige Gesangbuch hatte er nicht. Denn er war katholisch und sie evangelisch. Es ist fast zu einem großen Familienkrach gekommen. Damals. Aber schlussendlich war die Liebe stärker und die beiden durften – auch mit dem Segen ihrer Eltern – heiraten.
„Ja, so war das damals.“ Und dann beginnen die beiden zu erzählen, wie es damals war in einem ganz gewöhnlichen Dorf in der Pfalz.
Das Dorf war geteilt in einen katholischen und in einen evangelischen Teil. Der Bach war die Grenze. Und wehe, eines der Kinder hat den Bach überschritten und ist in die falsche Dorfhälfte geraten. Dann konnte es leicht passieren, dass es von den anderen Schläge kassierte.
Im Schulhaus wurden die Kinder in zwei verschiedenen Stockwerken unterrichtet. Unten die Katholischen und oben die Evangelischen. Und weil es immer wieder zu Prügeleien gekommen ist, hat man unterschiedliche Pausenzeiten eingerichtet. Zuerst die große Pause für die Katholiken und dann, wenn diese wieder im Klassenzimmer waren, hatten die Evangelischen Pause.
Man soll sogar überlegt haben, getrennte Toiletten einzurichten, damit die Evangelischen nicht auf katholische Toiletten gehen müssen und umgekehrt.
Das war nicht nur bei den Kindern so. Die evangelischen Familien haben selbstverständlich beim evangelischen Metzger eingekauft und die Katholiken nur beim katholischen. Die Katholiken haben an Karfreitag die Wäsche gewaschen und sie draußen aufgehängt. Dafür haben die Evangelischen an Fronleichnam demonstrativ im Garten gearbeitet.
Ja, so war das damals. Und das ist noch keine 70 Jahre her.
Gut, dass die Zeiten sich geändert haben. Gut, dass heute evangelische und katholische Christen das Gemeinsame viel mehr sehen als das Trennende, dass sie sogar zusammen Gottesdienste feiern und miteinander beten können. Gut, dass die Frage nach dem „richtigen Gesangbuch“ in den Hintergrund getreten ist. Denn wir glauben an denselben Gott – egal ob katholisch oder evangelisch.
Dennoch schmerzt das Trennende – auch heute noch. Und nicht wenige leiden darunter, dass die beiden großen Kirchen getrennt sind. Wir können die Einheit nicht herbeizwingen, aber was wir tun können, ist, dafür zu beten, dass zusammenkommt, was zusammen gehört.
Darum wird heute in vielen Gottesdiensten für die Einheit der Kirche gebetet.

Teil 2
Heute am Sonntag vor Pfingsten geht es um die Einheit der Kirche. In vielen Gottesdiensten wird gebetet dafür, dass zusammenkommt, was zusammen gehört.
Gut, dass die Frage, ob evangelisch oder katholisch, heute an vielen Orten keine trennende Rolle mehr spielt. Gut, dass man sich auf das Gemeinsame besinnt und auch gemeinsam Gottesdienste feiern kann.
Wir haben voneinander gelernt und können heute die verschiedenen Ausprägungen des Glaubens nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung und Ergänzung verstehen.
Doch Einheit der Christen bedeutet für mich noch mehr als die Einheit zwischen Evangelischen und Katholiken. Ich denke da an einen noch viel weiteren Horizont. Ich denke an die Einheit zwischen den Christen im Norden und im Süden unserer Welt.
Viele Menschen hier in Europa sind ja oft eher gleichgültig der Kirche und dem Glauben gegenüber. Viele spüren überhaupt nicht mehr, wie gut es tut, auf Gott vertrauen zu können.
Aber auf der südlichen Erdhalbkugel – gerade in Afrika oder Südamerika –, oder auch in großen Teilen Südostasiens sprüht die Kirche vor Leben, ist die Freude der Christen ansteckend.
Ich finde, von den christlichen Gemeinden im Süden können wir hier in Deutschland einiges lernen, etwa welche Bedeutung der Gottesdienst für ihr Leben hat.
In den Gottesdiensten am Sonntag bekommen die Menschen Kraft und werden ermutigt, ihren Alltag zu bewältigen. Die lebendigen Gottesdienste vermitteln beides: Lebensfreude und Begeisterung für den Glauben.
Mich beeindruckt auch das Gottvertrauen, mit dem Christen etwa in Afrika leben, dass sie auch im Alltag in Kleinigkeiten mit Gott und seiner Hilfe rechnen.
Die Bitte um das tägliche Brot hat dort einen ganz anderen Stellenwert als bei uns. Ihr tiefes Gottvertrauen stellt unsere Gleichgültigkeit und unsere Selbstzufriedenheit in Frage, finde ich.
Manchmal denke ich mir, es wäre gut, wenn wir mehr voneinander wüssten. Denn als Christen gehören wir zusammen – egal ob katholisch oder evangelisch. Egal ob in Deutschland oder in Kenia oder in Brasilien oder in Südkorea. Wir brauchen einander und können viel voneinander lernen.
Ich bin dankbar für meine Freunde in Afrika und Südamerika. Sie öffnen mir die Augen dafür, wie gut es mir hier in Deutschland geht, wo ich in Frieden wohne, wo ich jeden Tag zu essen habe und rundum versorgt bin.
Und sie fordern mich heraus, mutiger zu glauben, Gott mehr zuzutrauen, gewisser zu beten, die Augen vor den Nöten anderer nicht zu verschließen und mich für sie einzusetzen.
So gesehen bekommt die Bitte um die Einheit der Kirche einen ganz weiten Horizont. Da geht es nicht nur um unser Dorf oder unser Land. Da kommt die ganze Welt in den Blick. Und wir werden angesteckt von der Fröhlichkeit und Lebendigkeit, mit der Christen in anderen Erdteilen ihren Glauben leben.

Ich wünsche Ihnen einen frohen und gesegneten Sonntag. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3610
weiterlesen...

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Gottesdienst ist wie … „das Sitzen im Biergarten“, hat der badische Dichter und Prälat Johann Peter Hebel vor 200 Jahren behauptet.

In einem Brief an eine Freundin hat er geschrieben: „Meine heilige Zeit, mein schöner großer Feyertag, wo ich näher als sonst, bei Gott und bei allem Guten bin, dauert von Ostern bis Pfingsten. Da gehe ich gerne in die Kirche und erbaue mich […] am Evangelium“. Hebel fährt fort: „Aber ebenso fromm und gerührt kann ich auch sein, wenn ich den ganzen Sonntags Morgen, […] im Hirschen, im Grasgarten unter den Bäumen im Freien, bei einem halben Schöpplein Rothem […] sitze.“ (an Gustave Fecht am 20. Mai 1807)

Als ich das zum ersten Mal gehört habe, habe ich mich als Pfarrer über Johann Peter Hebel geärgert. Wie kann man nur einen Gottesdienst mit einer Gartenwirtschaft und das Evangelium mit einem Schoppen Wein vergleichen?

Aber je länger ich drüber nachdenke, finde ich den Vergleich gar nicht so schlecht. Denn, wenn Hebel sagt: Statt in die Kirche kann ich genauso gut in den Biergarten sitzen, dann sagt er ja auch: Statt den Biergarten kann ich genauso gut den Gottesdienst besuchen. Der Gottesdienst am Sonntagmorgen ist in Hebels Augen also genauso schön und wohltuend, wie bei herrlichem Frühlingswetter in einer Gartenwirtschaft zu sitzen und es sich gut gehen zu lassen.

Gottesdienst tut gut. Ich finde: das stimmt. Lieder, die mich aufbauen, Texte aus der Bibel, die zum Nachdenken anregen, die Gemeinschaft mit anderen, ein Schwätzchen nach dem Gottesdienst. Ich gehe aus den meisten Gottesdiensten mit einem guten Gefühl. Vor allem bedeutet Gottesdienst für mich aber eine Begegnung mit Gott. Ich spüre, dass ich diese Begegnung brauche. Der Gottesdienst am Sonntagmorgen bietet einen Raum - die Kirche - und eine Stunde Zeit, um Gott zu begegnen. Raum und Zeit für Gott, die unter der Woche vielleicht fehlen.

Gottesdienst tut gut, aber man muss rein finden. Wenn ein Mensch nach vielen Jahren Pause einen Gottesdienst besucht, dann wird ihm manches vielleicht fremd vorkommen, und er wird die Gartenwirtschaft wahrscheinlich vorziehen. Es braucht Zeit und vielleicht mehrere Besuche, bis man mit dem Gottesdienst vertraut wird und wirklich mitfeiern kann. Aber das ist mit vielen guten Sachen so. Es braucht Zeit, bevor man sie zu schätzen weiß. Oder hat Ihnen Ihr erster Schluck Rotwein geschmeckt?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3585
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken RP

Seit Anfang April hängen in der Mannheimer Citykirche große weiße Stoffbahnen. Darauf projiziert die Ulmer Künstlerin Gabriela Nasfeter Straßenszenen:
Eine Frau schiebt einen Kinderwagen durch die Fußgängerzone. Ein Mann stellt ein Fahrrad ab. Und daran vorbei rauscht eine Straßenbahn. All das kann man zwischen Orgelempore und Kirchenbänken sehen. „Von Außen nach Innen“ heißt die Installation. -

1. Teil
„Ich bin in diese Kirche reingekommen und wusste nicht, was mich hier erwartet. Komm hier rein, der Raum ist dunkel und der Kirchraum hängt voll. Das war der erste Eindruck gewesen: Dass ich im Eingangsbereich stand und mir nur dachte: Wow, was ist denn hier eigentlich? Und von daher immer tiefer in die Kirche reingezogen wurde, um mir dieses Werk anzuschauen. Es war ein völlig gewandelter Raum.

Kirsten de Vos aus Mannheim konnte sich schon in der Langen Nacht der Museen kaum satt sehen. Seit dem war sie schon mehrfach bei Tageslicht dort. Auch da war sie fasziniert von der einfachen und doch so wirkungsvollen Installation der Ulmer Künstlerin Gabriela Nasfeter. Deren bevorzugte Arbeitsformen sind großformatige luftige Textilobjekte. –

Kirsten de Vos:
„Die Konstruktion ist ne ganz einfache: Es hängen ganz lange Stoffbahnen in vier senkrechten Ebenen inmitten des Kirchenschiffes. Nicht gerade hängend, sondern etwas durchhängend nach vorne gezogen. Und gleichzeitig findet noch ne Bildprojektion auf diese Leinwände statt.“

Und die zeigt tonlos den Straßenalltag, wie er sich rund um die Kirche abspielt:
Ein Mann trägt Blumen vom Markt nach Hause.
Eine Frau hetzt mit einem Handy am Ohr durch die Straße.
Ein Junge schiebt sein Fahrrad durch die Fußgängerzone.
Und dazwischen schiebt sich die Straßenbahn. Oder ein Fahrrad. Oder ein Kinderwagen.
Was fasziniert an dieser Schau des Alltags im Kirchenraum so stark,
dass manche immer wieder in die offene Kirche kommen?
Die Antwort ist einfach, denke ich: Die Besucher spüren: Hier ist der Gegensatz von Alltag und Religion ganz ein-sichtig aufgehoben. Viele sagen und denken doch: Alltag und Religion haben nichts mit einander zu tun: Hier die Straße und da die Kirche. Hier das Profane und da das Heilige. Drinnen die Kirchgänger und draußen die „normalen“ Menschen. Die Installation hebt diesen Gegensatz spielerisch und doch ganz überzeugend auf. Das spricht auch Kirsten de Vos an, die sich schon lange für moderne Kunst in der Kirche interessiert.

„Wir sehen hier auf diesen Leinwänden Menschen in die Kirche reinprojiziert, die gar nicht wissen, dass sie hier sind. Und manchmal denke ich: So ist unser Leben auch. Also wir bewegen uns im christlichen Kontext auch wenn wir uns dessen nicht immer ganz bewusst sind.“

Wenn Kunst einsichtig macht, dass Alltag und Religion viele Berührungspunkte haben, dann ist das im Kern ganz evangelisch. Wir Protestanten kennen nämlich keine an sich heiligen Orte und Zeiten, sondern Glauben und Leben durchdringen sich immer.
Paulus hat dazu gesagt: „Das ist ein vernünftiger Gottesdienst, wenn er sich auf alle Bereiche des Lebens bezieht.“
Dazu gehören dann natürlich auch die Mühen, ein solches Kunstprojekt in einer Kirche aufzubauen – und darum geht es im zweiten Teil.

2. Teil
Viele bewundern in diesen Tagen die Schönheit und Leichtigkeit der großen weißen Segel in der Mannheimer Citykirche Konkordien: Ganz luftig, ganz leicht scheinen sie von der Decke zu schweben.
Doch diese sieben rechteckigen Stoffbahnen aufzuhängen – das erforderte exakte Planung und Berechnung. Viel Anstrengung und Kraft waren nötig, Zweifel und Fragen gab es auch. Von der Vision zur Verwirklichung – das ist eben ein langer Weg:
Was am Anfang zusammengefaltet in Kisten lag, konnte sich höchstens die Künstlerin „ent-faltet“ im Raum vorstellen. Für alle anderen blieb es rätselhaft, um nicht zu sagen: mühsam, sich das fertige Kunstwerk in der Kirche vorzustellen. Das ist ja das besondere dieser Art der Installation: Man kann sie vorher nicht sehen. Walter Götzger, Mitarbeiter der Citykirche Konkordien über den Aufbau:

„Das war ein Tag mit Lachen und Weinen. Am Morgen, wo die Frau Nasfeter dann mit zwei Plastik-Boxen ankam und nachdem ich ja ein bisschen eine Vorstellung hatte, was da draus entstehen soll, welche Dimension, war es doch relativ unverständlich.“

Die Segel der Installation sind jetzt so groß wie Drei-Zimmer-Wohnungen. Sie sind ohne einen einzigen Nagel an den tragenden Säulen der Kirche festgemacht: Alles ist geknotet, verschnürt, verspannt.
Kein Wunder, dass den Helfern da manchmal der Überblick abhanden gekommen ist. Alles schien sich zwischenzeitlich zu verknoten.

„Nachdem wir die Kisten ausgepackt haben und der ganze Fußboden der Kirche, wo wir dann ja auch Bänke ausgebaut hatte, voller weißem Stoff gelegen ist, und nebendran hunderte von Metern Seil, ist erst einmal eine große Unklarheit über uns gekommen. Das heißt: Wir hatten überhaupt keine Vorstellung, wie es uns gelingen sollte, diese Installation nach oben zu bringen und auch so auszurichten, dass es auch diese Wirkung erzielt.“

Es war mühsam, bis die „Wirkung“ sich einstellte. Für die Mitarbeiter forderten die zwanzig Aufbaustunden viel Geduld, viel Kraft und einen langen Atem. Doch am Ende waren alle Zweifel ausgeräumt.

„Und wenn das Werk dann hängt, und es wird noch Stundenlang perfektioniert, bis das in der endgültigen Form da ist – dann ist man auch stolz, dass man dabei war – und vor allem passt ja diese Installation ganz hervorragend in die Citykirche rein. In sofern würde ich das jedes mal wieder machen.“

Der Erfolg entschädigt für die Mühen: Fast 900 Besucherinnen und Besucher kamen in der Langen Nacht der Museen in die Kirche. Und jetzt kann man noch bis Pfingsten staunen, wie sich ein Kirchenraum verwandeln kann.

„Wir ham eine sehr große Installation in der Citykirche Konkordien, die dadurch besticht, dass sie den Raum völlig neu aussehen lässt. Sie ist einmal sehr offen und auf der anderen Seite bietet sie auch Schutz.“

Und zwar für die Besucher, die mit großen Augen vor den Himmelssegeln stehen. Sie staunen über diesen schöpferischen Prozess. - Es ist, als ob sich darin auch etwas widerspiegelt vom schöpferischen Handeln Gottes, von dem es ganz am Anfang der Bibel heißt: „Und, siehe, es war sehr gut.“ -


3. Teil
Viel hat sie schon in Kirchenräumen gearbeitet: Die Ulmer Künstlerin Gabriela Nasfeter. Im Jahr 2000 hat sie in zwölf großen Kirchen Europas zeitgleich je eine textile Lichtpyramide installiert: Unter anderem im Berliner Dom, der Istanbuler Hagia Irene, der Straßburger Thomaskirche oder der Londoner Kirche St. James. Typisch sind ihre schwebenden Objekte. Jetzt hat sie für die Mannheimer Citykirche Konkordien die Arbeit „Von Außen nach Innen“ geschaffen.
Die Vorliebe für Kirchenräume formuliert die Künstlerin so:

„Eben besondere Räume, große Räume, welche haben ganz bestimmte Ausstrahlung, ganz bestimmte Lichtwirkung und sind riesig. Sie überwältigen mich.“

Ihr bevorzugtes Material ist weißer, ganz dünner Spinnackerstoff – leicht wie ein Fallschirm und doch kräftig wie ein Segel. Dieser Stoff entfaltet in Kirchen eine besondere Wirkung:

„Ich nehme an, das ist die Farbe Weiß und die Leichtigkeit von dem Material, welche ich benutze. Und mein erstes Projekt, welches ich gemacht habe, habe ich dann Abstand genommen und hab ich festgestellt: Das entfernt sich, kriegt also total eigenes Leben und ist still, meditativ. Hat etwas Spirituelles.“

Die schöpferische Arbeit der in Polen geborenen Künstlerin hat dabei eine erstaunlich wohltuende Wirkung im Blick auf die Anspannungen und Aggressionen unserer Zeit.

„Meine Objekte bringen eine Ruhe, eine Stille – durch diese stille, leichte Stoff. Und wenn ein Mensch das anders erlebt als die aggressiven Menschen, dann sage ich, das hat sich gelohnt.“

Viele Besucher in der Mannheimer Konkordienkirche spüren die kraftvolle und doch beruhigende Wirkung des Kunstobjekts . Es ist, als ob sich darin auch etwas vom Antrieb der Künstlerin auf den Betrachter überträgt.

„Das ist Begeisterung von den neuen spannenden Räumen und dann:
Ständige Neugier auf mich selber. Und auch die neuen Fragen, welche ich mir selber stelle.
Und immer prüfen muss, ob das, was ich wirklich vorhabe, funktioniert.
Und die Energie hab ich – ich kann nichts dafür. Der liebe Gott gibt vielen Menschen dies und das. Und ich habe zu viel Energie bekommen – und die muss raus!“


Gott sei Dank kommt sie raus! So können wir Anteil haben an Gabriela Nasfeters Begabung. Dass sie ihre Energie und ihre Begabung nicht als Besitz zu versteht, sondern als etwas, an der andere Teil haben können – das ist eine schöne Haltung, längst nicht nur für Künstler.
Sie spiegelt etwas wider von der biblischen Grundhaltung: Niemand lebt für sich allein. Unsere Begabungen bereichern die anderen. Sie sind Teil der schöpferischen Kräfte, die Gott in uns Menschen gelegt hat. Sie sind Teil der Kultur, die uns umgibt.
„Vielleicht hält Gott sich ein paar Künstler“ – so hat es sinngemäß der Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti formuliert. - Ich bin mir ganz sicher: Künstler können Kirchenräume und Glaubensfragen ganz neu zum Sprechen bringen. Kunst in der Kirche – das ist für mich deshalb oft: Einstimmen in ein lautes Lob
der schöpferischen Kräfte. - Und daran können Sie sich noch bis zum 15. Mai in der Mannheimer Citykirche Konkordien freuen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3573
weiterlesen...

SWR3 Worte

Christian Führer war als Pfarrer der Leipziger Nicolaikirche im Zentrum jener Revolution, die die Wende brachte und wider alle Erwartung friedlich endete. Gemeinsam mit Michail Gorbatschow, dem damaligen Präsidenten der UdSSR wurde er dafür mit dem Augsburger Friedenspreis geehrt. Er sagt:

Kirche und Revolution ist ja was Aufregendes, was Erschreckendes.
Aber dass das gewaltlos blieb, das ist ein ungeheurer Vorgang.
Dass der Geist Jesu die Massen ergriffen hat und dass passierte, was wir zu Pfingsten in allen Kirchen der Welt hören:
Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen. Das ist wirklich passiert. Das konnten wir miterleben. Das ist ein ungeheurer Vorgang und der ist noch nicht genug aufgearbeitet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3448
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Haben sie Ihnen gut getan, diese vielen Feiertage?
Dieser Serie von Feiertagen an Weihnachten und Silvester ging ja jeweils noch das Wochenende voran.
Und einer meint: "Jetzt langt's aber auch mal wieder mit Fest - und Feiertagen! Wird Zeit, dass mal wieder was geschafft wird!"
Ich tu mich schwer, ihm ganz recht zu geben: Klar, ein Fest, Festzeiten überhaupt, sind ja auch grade deshalb was Besonderes, weil sie die Ausnahme im Alltag sind. Damit muss auch der Werktag das Normale sein. Also gut: Für diesmal ist dann eben lang genug gefeiert! Dann schaffen wir halt wieder was ...
Trotzdem, ich jedenfalls brauche diese Feiertage. Sie sind noch mal was ganz anderes als einfach 'bloß' Urlaub. Ich finde es so wichtig, dass wir gemeinsam Festtage feiern. Die übliche Geschäftigkeit ruht. Das Kaufen und Verkaufen, das Produzieren - alles ist unterbrochen. Wenigstens an diesen Feiertagen geht es nicht um Leistung und Produktivität, nicht um Effektivität und Profit.
Wir Menschen brauchen diesen geschützten Raum, es braucht die Ruhe der Feiertage, um wieder zu spüren, was mir die Familie, die Freunde "wert" sind. Wofür und wovon wir leben. Eben was wir einander wert sind. Das ist was anderes als das, was wir geleistet haben.
Die Jahreslosung für das grade begonnene Jahr passt mir da ganz gut: 'Jesus Christus spricht: "Ich lebe und ihr sollt auch leben"' (Joh 14, 19) Weil Gott es will, darum sollen wir leben. Ich muss keine Vorleistungen erbringen, keinen Leistungsnachweis vorweisen. Das gibt es umsonst, dass Gott zu mir sagt: Du bekommst das Leben geschenkt, weil du mein Kind bist.
Welch ein Gegensatz zum Alltag, in dem mir gebetsmühlenartig vorgerechnet wird, dass ich nichts geschenkt bekomme. Im Gegenteil: Was ich koste, wenn ich krank werde. Dass ich als Rentner bald nicht mehr bezahlbar bin, wenn man sich die Alterspyramide ansieht. Dass Deutschland in Europa die höchste Zahl an gesetzlichen Feiertagen habe, die Deutschen die meisten Urlaubstage hätten und dass wir alle noch mehr leistungsbereit werden müssten ...
Und Gott sagt da mal so eben zu uns: "Ich lebe und ihr sollt auch leben", das Leben ist geschenkt! Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Und plötzlich wünsche ich mir noch mehr Feiertage, dass öfter im Jahr 'Weihnachten und Silvester und Ostern und Pfingsten' wird: Feiertage, an denen wir feiern, dass wir mit dem Leben Beschenkte sind, lange schon, bevor wir etwas dafür geleistet haben. Dann wüssten wir, was wir einander wert sind!
Gottes Menschlichkeit hat keinen festen Termin, ist nicht an gesetzliche Feiertage gebunden, aber: Wie gut, dass wir die Feiertage haben, um uns daran zu erinnern.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2887
weiterlesen...