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SWR2 Wort zum Tag

Pfingsten liegt ja ein bisschen zurück. Trotzdem denke ich immer noch an Flammen, und zwar an singende Flammen. Und daran, dass es für jeden Menschen wichtig ist, seinen eigenen Ort und seinen eigenen Ton zu finden. Flammen, Klang und Raum - diese eigenartige Verbindung verdanke ich dem Künstler Andreas Oldörp. Er ist dieses Jahr Stadklangkünstler von Bonn.
In den weitläufigen Räumen des Bonner Kunstvereins schaue ich auf drei hohe Glasröhren, in denen kleine Gasflammen brennen. Genauer: Ich schaue nicht nur, ich höre auch. Denn die Glasröhren erzeugen Töne, ähnlich einem tiefen Orgelton. Andreas Oldörp lädt mich ein, durch die Räume zu gehen und zu entdecken, an welchem Platz ich mich wohl fühle oder unwohl. Als ich meinen Ort gefunden habe, stelle ich erstaunt fest: Hier könnte ich stundenlang bleiben. Die Töne schaffen im Raum eine spirituelle Atmosphäre, ich werde ruhig. Der Raum lebt mit den Tönen, und ich lebe in ihm. Andreas Oldörp fragt mich, ob ich Lust auf ein Experiment habe. Ich nicke, und er löscht die Flammen. Die Töne verklingen. Alles ist still. Plötzlich ist der Raum nur noch kahl und kalt. Es ist, als ob er sein Leben ausgehaucht hätte. Als der Stadtklangkünstler die Flammen wieder entzündet, beginnt er wieder zu leben, ja zu atmen. „Singende Flammen" nennt Oldörp seine Installation, und in der Tat: Es ist, als ob die Töne in und mit dem Raum singen.
Später erzählt mir der Künstler, dass er auch in Kirchen arbeitet, manchmal kann das lange dauern, er hat schon in Kirchen Tage verbracht und dort geschlafen, bis er den richtigen Klang fand.
Noch bis Oktober wird der Stadtklangkünstler Andreas Oldörp in Bonn arbeiten, und ich bin gespannt, welche Räume er noch zum Klingen bringen wird.
Als ich später nach Hause komme, sehe ich meine Wohnung mit anderen Augen an. Welche Töne erklingen hier, welcher Klang bringt Leben? Gibt es Tage, an denen die Räume wie tot sind? Oder bewahren die Räume die Stimmen der Menschen, die in ihnen gelebt haben und leben, mit allen harmonischen, aber auch den schiefen und schrägen Tönen? Bringt meine Stimme mein Haus zum Leben? Ich suche nach einem Ton, der zu mir passt und zu meinem Haus. Ich summe und singe, stelle mir vor, dass ich eine singende Flamme bin. Das macht richtig Spaß! Wie interessant und musikalisch wäre es, wenn viele Menschen in ihren Wohnungen nach ihrem Ton suchen würden, summend und singend. Vielleicht, so denke ich, ist das eine Lebens-Aufgabe: den eigenen Ton finden, und die Menschen und Orte, die zu meinem Ton passen. Und vielleicht erklingt in unserem Singen und Summen auch der Ton Gottes.

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SWR2 Wort zum Tag

Der heilige Patrick hat ein Kleeblatt genommen. Ein normales dreiblättriges. Und hat daran im 5. Jahrhundert seinen Landsleuten die Dreifaltigkeit Gottes erklärt: Drei in einem - eins in Dreien. Gott ist einer als Vater, Sohn und Geist. Etwa seit dem 4. Jahrhundert haben die Christen ihre Vorstellung von Gott so beschrieben. Bis heute ist der Dreifaltigkeit, lateinisch Trinität, ein eigenes Fest gewidmet, der Sonntag nach Pfingsten. Dieses Fest, überhaupt der Gedanke der Dreifaltigkeit oder Dreieinigkeit, hat natürlich biblische Wurzeln. „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes, des Vaters, und  die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen", mit diesen Worten hat der Apostel Paulus seinen zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth beendet. Und am Ende des Matthäusevangeliums gibt Jesus seinen Jüngern den Auftrag, in allen Völkern Menschen von ihm zu erzählen und sie zu taufen auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Die drei ist eine besondere Zahl, auch sonst im Leben und nicht erst im Christentum.

„Aller guten Dinge sind drei." „Der kann ja noch nicht einmal bis drei zählen." „Auf drei geht's los." Ganz oft reden wir ja von der Drei, schon in Kinderspielen, auch z.B. in Märchen. Da hat jemand drei Wünsche frei, da hat ein König drei Töchter, der Teufel drei goldene Haare, da muss ein Held drei Aufgaben lösen, um die Prinzessin zu gewinnen. Und manches Ungeheuer wird in der dritten Nacht endlich besiegt. Und dann in der Bibel: In Gestalt von drei Engeln besucht Gott den Stammvater Abraham. Heilig, heilig, heilig, soll Gott angerufen werden. Und dreimal im Jahr soll jeder Mann in Israel vor Gott erscheinen. Der Prophet Jona schließlich, den ein Wal verschlungen hatte, wird am dritten Tag wieder an Land gespien. Jesus wird am dritten Tag von den Toten auferweckt. Und schon weit vor der biblischen Zeit taucht die Drei im Zusammenhang mit Gott und Göttern auf. In jahrtausendealten Kulthöhlen in Frankreich. In Irland in dem Hügelgrab New Grange. Vor über 5000 Jahren hat man hier drei Spiralen dicht beieinander eingemeißelt, offensichtlich als Symbole für Gott.

Immer wieder also die Zahl drei, wenn wir Menschen uns dem Geheimnis Gottes zu nähern versuchen, wenn wir unsere Erfahrungen und Ahnungen in Bilder fassen. Gott begegnet uns auf mehr als eine Weise. Und ist dabei derselbe Gott. Das wollte wohl auch der heilige Patrick mit seinem Kleeblatt sagen.

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SWR4 Abendgedanken

„Euro-Waisen", diesen Begriff hatte ich noch nicht gehört:
„Euro-Waisen" nennt man Kinder von Müttern und Vätern aus Osteuropa, die in Ländern der EU arbeiten - oft viele Jahre. Weil sie da gesuchte Arbeitskräfte sind und viel besser verdienen, als sie es in ihren Heimatländern je könnten.
Ihre Kinder bleiben zurück und das ist, finde ich, ein hoher Preis, den die Familien dafür zahlen. Dafür, dass sie durch ihre Arbeit im Ausland ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen wollen. Denn oftsehen sich Eltern und Kinder für lange Zeit nicht, manchmal über Jahre. Das kann verschiedene Gründe haben. Manchmal ist es die Angst, nach einem Besuch zu Hause keine Einreisegenehmigung mehr in die EU zu bekommen. Das habe ich von Frauen aus der Ukraine gehört, die in der Kranken- und Altenpflege oder als Haushaltshilfe arbeiten.
In der Ukraine soll es besonders viele „Eurowaisen" geben.
Viele Kinder leiden sehr darunter, sie vermissen die Mutter oder den Vater. Natürlich. Auch wenn sie vielleicht von den Großeltern betreut werden. Manche habennicht mal das, sie sind sich selbst überlassen.
Es gibt da sehr traurige Schicksale: Kinder und Jugendliche, die zwar von ihren Eltern für ihre Verhältnisse viel Geld bekommen. Ihre Kinder verwenden es aber mitunter nicht so, wie es sich die Eltern vorstellen. Sie vernachlässigen die Schule oder geraten in schlechte Gesellschaft - Alkohol und Drogenmissbrauch sind nicht selten die die Folge.
Den Kindern fehlen ihre Eltern. Ihr Verhalten ist oft ein Schrei nach Aufmerksamkeit und Liebe.
Ein Sprichwort sagt: „Abwesenheit lässt ein Kind nicht gedeihen" -
das zeigt sich hier.
Und ganz schlimm ist es, wenn die Eltern oder ein Elternteil gar nicht mehr zurückkommt. Was muss in diesen Kindern vorgehen!
Die katholische Hilfsaktion Renovabis sammelt jedes Jahr in der Zeit um Pfingsten Spenden für benachteiligte Menschen in Osteuropa. In diesem Jahr stehen die Kinder im Mittelpunkt, um die sich niemand kümmert. Besonders auch die vielen Euro-Waisen in der Ukraine. Die Spenden fließen in Hilfsprojekte, damit allein gelassene Kinder wieder ein Zuhause haben, Zuwendung bekommen oder eine Ausbildung.
Das kann die eigenen Eltern zwarnicht ersetzen. Aber diese Hilfe ist trotzdem wichtig. „Und er stellte ein Kind in ihre Mitte" - ist das Motto der Aktion.
Ein Satz aus dem Markusevangelium.
Darin wird berichtet, wie Jesus ein Zeichen dafür gesetzt hat, dass Kinder das Wichtigste sind und in der Gesellschaft im Mittelpunkt stehen sollen. Dass wir alles dafür tun müssen, dass es ihnen gut geht an Leib und Seele.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Wann ist ein Mensch erwachsen? Wenn den Jungen mit 16 der Bart wächst und Mädchen mit 14 wie Frauen aussehen - dann sind sie noch längst nicht erwachsen. Wenn man sie da wie Erwachsene behandelt und erwachsenes Verhalten von ihnen erwartet, dann sind sie im Grunde einfach überfordert. Dann sind Eltern und Großeltern, Lehrer und Ausbilder enttäuscht und ärgern sich. Und die jungen Menschen versuchen zu zeigen, wie stark sie sind, mit coolen Sprüchen und waghalsigen Unternehmungen. Aber wenn man ihnen in die Augen schaut, dann sieht man oft, wie viel Angst hinter dem scheinbar entschlossenen Verhalten steckt. Und das geht ja nicht nur den Teenagern so.
Ich kenne Menschen, die sind nach Jahren wirklich längst erwachsen - und doch fühlen sie sich unsicher und umgetrieben: von den Erwartungen der anderen, von dem was andere für richtig halten und was bei dem einen so klingt und bei dem anderen anders. Wie soll man da ein eigener Mensch werden? Wie soll man wissen, wem man glauben kann und worauf sich verlassen?
Auch in der Bibel finden sich Anleitungen dazu. Zum Beispiel in einem Brief an die ersten Christen in der griechischen Stadt Ephesus (Eph 4, 11-16). Bemerkenswert finde ich, dass dieser Brief sich vor allem an Erwachsene richtet. Die Empfänger sollen sich fragen: Bin ich eigentlich erwachsen? Oder noch so unsicher und von anderen abhängig wie ein Kind?
Wann ist ein Mensch eigentlich erwachsen, besonders ein Christenmensch? Erwachsene sind nicht unmündig wie die Kinder, steht in diesem Brief, die wie ein Spielball sind von Wind und Wellen. Wenn ihnen jemand etwas verspricht, dann sind sie begeistert und denken nicht daran, auf was sie sich womöglich einlassen. Wenn jemand ihnen Angst macht, dann sind sie eingeschüchtert und wagen nicht, sich zu wehren. Wenn sie ein Bedürfnis haben, dann quengeln sie und nölen, um zu kriegen, was sie haben wollen.
So werden Kinder hin und her geworfen von dem, was andere ihnen vormachen, raten oder anordnen. . Und wenn ich ehrlich bin, geht es mir manchmal genauso, obwohl ich doch längst erwachsen bin. Ich bin ratlos und fühle mich dem ausgeliefert, was andere von mir wolle. Wie ein ziemlich kleines Boot auf dem ziemlich großen Meer.
Dann wäre es wichtig, das Ruder in die Hand zu nehmen und einen bestimmten Kurs zu steuern, damit man nicht verloren geht auf dem Meer. Wenn man das kann, scheint mir, wenn man ein Ziel sieht und sich orientieren kann und das Ruder festhalten - dann ist man wirklich erwachsen. So ein Mensch ist mündig und kann selber entscheiden, wo es hingehen soll. Wer das kann, der kann selbständig leben. Erwachsen eben. Aber wie kann man das lernen?

Wie wird man erwachsen? In dem Brief an die Leute in Ephesus, der in der Bibel steht, lese ich: Erwachsen wird man nicht von allein, auch nicht einfach dadurch, dass die Jahre vergehen. Damit Menschen erwachsen werden brauchen sie Unterstützung von anderen. Bei Kindern leuchtet das sofort ein, finde ich. Die brauchen Unterstützung und zwar nicht nur von ihren Eltern. „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen", sagt man in Afrika. Um eine Persönlichkeit zu entwickeln braucht man Menschen, die einem raten, die einem ihre Erfahrungen weitergeben. Man braucht Menschen, die einem wieder auf die Beine helfen, wenn man einen Fehler gemacht hat. Ohne sie würde sich ja kaum einer trauen, eigene Wege zu gehen. Und man braucht vielleicht auch die, mit denen man streiten und von denen man sich abgrenzen kann. Nur wenn man erkennt, was man nicht will, kann man auch herausfinden, was man selber wirklich will.
Der biblische Brief an die Epheser spricht davon, welche Menschen man braucht, damit man erwachsen werden kann. Dabei ist in dem Brief besonders von Christen die Rede. Aber ich glaube, die Aufgaben, die er nennt, die gelten eigentlich für alle.
Genannt werden besonders die Apostel und Propheten. Das sind Menschen, die von ihren Lebenserfahrungen, besonders aber auch von ihren Glaubenserfahrungen erzählen. Leute, die sich trauen, das was sie glauben und gehört haben, auch für die Gegenwart und den Alltag anzuwenden.
Solche Leute braucht es, damit man erwachsen werden kann: Eltern zum Beispiel oder Freunde, die sagen und auch vorleben: dies finde ich gut und jenes würde ich nicht tun. Das passt nicht zu meinem Glauben an Jesus Christus, der uns Barmherzigkeit vorgelebt hat und Güte.
Ich glaube: Ein selbständiges, erwachsenes Gewissen bildet sich nur, wenn man sich zunächst orientieren kann. Wenn man hören und sehen kann: So leben andere, so haben sie sich verhalten und das waren ihre Erfahrungen. Dann kann ich ausprobieren, ob das auch für mich ein Weg ist. Und herausfinden, ob ich gut damit leben kann. Manchmal kann man dann übernehmen, was die anderen mir weitergegeben haben. Manchmal muss man sich von dem verabschieden, was andere gemacht haben. Andere Zeiten und andere Menschen machen eben auch andere Erfahrungen. Aber nur, wenn man zunächst Orientierungspunkte hat, kann man seinen eigenen Kurs finden.
Heute ist Pfingsten. Da erinnern wir Christen uns an den Anfang der christlichen Kirche. Ich glaube: Die Kirche kann auch heute noch ein Raum sein, wo Menschen einander helfen erwachsen zu werden. Dazu, empfiehlt der Brief an die Epheser, soll man sich von der Liebe leiten lassen. Dann können Menschen wirklich erwachsen werden.

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SWR1 3vor8

Ich glaube, noch nie war Geist so wichtig wie heute. Wenn sich heute etwas entwickelt: Erfindungen, Entdeckungen, Ideen, Wissen, Kommunikation. Immer ist es der Geist, der die Welt verändert und voranbringt. So weit so schön.

Aber leider, finde ich, gibt es da einen Schatten, immer wieder. Viel zu oft fallen diese geistigen Fortschritte am Ende zurück. Ins Materielle.

Facebook ist für mich ein Beweis: Diese Idee hat Menschen zusammengebracht. Man pflegt Freundschaften, auch über Kontinente hinweg, kann sogar lange verlorene wieder finden. Fast eine Milliarde Menschen lassen sich bewegen von dieser wunderbaren Idee. Aber auch auf ihr liegt dieser Schatten. Erst recht jetzt, nach dem Börsengang. Ich habe nichts gegen Geld verdienen. Aber auch bei Facebook habe ich den Eindruck. Jetzt bestimmt das Geld machen müssen den Geist der Firma. Es hat die Oberhand. Wie so oft. Wenn Menschen zuerst was für sich rausschlagen wollen.

Muss das immer so kommen? Eigentlich hoffen doch die meisten von uns, dass es anders geht. Zwischen Menschen. Dass das, was der Geist hervorbringt, nicht immer vom Geld wollen, verzerrt wird? Sondern dass er gute Beziehungen schafft, sogar Frieden, dass er unsere zerrissene Welt heil macht. Das Leben bereichert, nicht beraubt.
Aber damit das gelingt darf unser Geist anscheinend nicht so allzumenschlich ticken. Damit das gelingt, scheint es nötig, dass unser menschlicher Geist von einem anderen inspiriert und bewegt wird. Die Bibel ist davon jedenfalls überzeugt.
Heute ist Pfingsten und in allen Kirchen wird an den Geist erinnert, den es braucht, damit unsere Erfindungen und Ideen wirklich Gutes hervor bringen.

Paulus hat an die Menschen in Korinth geschrieben:
„Wir haben doch nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt." Und an einer andern Stelle beschreibt er, was diesen Geist Gottes auszeichnet: „Er nennt ihn den Geist der Liebe, der Gerechtigkeit, der Güte."

Das wäre doch was, wenn Sie und ich uns von diesem Geist Gottes inspirieren ließen. Dass wir bei unseren Ideen, in unserer Arbeit, in unseren Beziehungen zu anderen nicht zuerst daran denken, was für mich dabei raus springt. Denn so fällt man zurück und das Für-sich-haben-wollen drückt allem seinen Stempel auf.

Ja ich glaube wirklich, dieser gute Geist Gottes war noch nie so wichtig wie heutzutage. Für Facebook, für Sie und mich. Und Paulus meint tatsächlich, wir haben ihn von Gott empfangen. Wir müssen ihn nur zum Zug kommen lassen. Wolf-Dieter Steinmann, Ettlingen, evangelische Kirche

Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt empfangen,
sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt.
Dadurch können wir erkennen, was Gott uns geschenkt hat.
Davon reden wir nicht in Worten, wie sie die menschliche Weisheit lehrt.
Sondern wir reden in Worten, die der Geist Gottes lehrt.
Was der Geist Gottes bewirkt, das erklären wir so,wie er selbst es uns eingibt.

1. Kor. 2,12f

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SWR2 Wort zum Tag

Das ist ein Gebetstext, der direkt zur Sache kommt: „Hierher, Atem,steck mich an" -einheftiger Appell. Als ob der Atem an bestimmte Organe zitiert wird zwecks besserer Durchblutung. „und aus deiner fernsten Ferne schick Wellen von Licht", heißt es weiter. Luft zum Atmen und Licht zum Sehen - Inbegriff von Leben also. Es ist derAnfang des alten Liedes „Komm, Heiliger Geist" in der Neuübersetzung von Huub Oosterhuis. - ein Sehnsuchtsruf der Christenheit, der besonders zwischen Ostern und Pfingstengebetet wird. Er passt zu jedem Tagesanfang. Kräftig durchatmen und richtig im Rhythmus sein- nicht nur körperlich und seelisch, auch religiös und spirituell, darauf kommt es an. Und das lässt sich nicht einfach erzwingen. „Hierher, steck mich...Willkommen Armeleutevater,/ willkommen Mundschenk, /Willkommen Herzensjäger. // Bester Tränentrockner,/ Lieber Seeleinwohner, /Mein Freund, mein Schatten // Einmal Ausruhn/ für Grübler und Gehetzte, für/ Verkrampfte ein Aufatmen bist du." Lauter Sehnsuchtsbilder, lauter Bitten und Wünsche.
Das Wirken des Geistes zeigt sich hier als Lockruf Gottesim eigenen Leben. Da findet die Sehnsucht nach Gelingen einen Adressaten. „Gott , du bist mir innerlicher als ich mir selbst", betete der heilige Augustinus.Wodiese Intimitätzwischen Gott und dem Einzelnen schwingt, istHeiliger Geist am Werk. Er ist die Seele meiner Seele. So heißt es weiter in der Übersetzung von Oosterhuis: „Unmöglich schönes Licht,/ überström den Abgrund/ meines Herzens, dir so vertraut.//Gott bist du, ohne dich/ist alles Nacht und Nebel, /Grausamkeit , Schuld. // aber du machst reine.//Verwelkt meine Blüte - gib Wasser,/ Salb meine Wunden." Diese Bilder gehen in Kürze das ganze Leben durch, unterschiedlichste Stimmungslagen werden angesprochen. Bedürftig ist der Mensch, der so betet. Nein, besser gesagt: er weiß sich in Beziehung, seinem innersten Lebensgeheimnis auf der Spur. Mit Atem und Licht hatte es angefangen, nun kommt ausdrücklich das dritte Weltelement ins Spieldas Wasser. „Verwelktmeine Blüte - gib Wasser".In der Kirche hat das Wasser vor allem in der Taufe seinen Platz. Da wird der Mensch„wiedergeboren aus dem Wasser und dem Geist"- ein Bild zärtlich vibrierender Energie. Wo der Wind über das Wasser streicht und streichelt, da ist Bewegung, da ist Leben.So ist es in der Taufe gemeint, und jeden Morgen beim Waschenist es spüren, das Leben spendende Wasser. Atem, Licht, Wasser - wichtige Grundlagen des Lebens. Und Bilder für den Heiligen Geist, für Gott selbst. Bilder , die deutlich machen : Glaube hat mit dem Leben zu tun, mit frischem, sprudelnden Leben.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Ostern habe ich jetzt endlich weggeräumt" sagte die Tante am Telefon. Wie - was? Die österliche Zeit dauert doch bis Pfingsten, also bis Ende Mai. Und wie kann man Ostern wegräumen? Für einen Moment stehe ich auf der Leitung. Aber dann - ach so: Sie hat nur die Oster-Deko weggeräumt, mit der sie immer ihre Wohnung verzaubert. Im Dekorieren ist sie nämlich eine Künstlerin. Aber das musste nun wieder weg. Bemalte Eier und so haben mit dem christlichen Osterfest schließlich wenig zu tun. Ihre schöne Osterkerze steht natürlich das ganze Jahr über im Wohnzimmer. Und das Kreuz hängt immer an der Wand. Und dann reden wir über Ostern. Wie zeigt sich eigentlich bei christlichen Menschen, dass sie Ostern gefeiert haben? Woran können andere das erkennen, über Kreuz und Osterkerze hinaus? Oder woran merken Christen das selbst? Das ist gar nicht so einfach. Auch Christen reden ja schließlich nicht den ganzen Tag über ihren Glauben. Das wäre auch irgendwie merkwürdig. Glauben soll sich im Leben zeigen, und weniger in Worten. Und so suchen wir in unserem Gespräch Oster-Erlebnisse im Alltag: Im Leben der Tante ist Ostern ganz aktuell: Sie erzählt mir von der Pflege ihrer Mutter. Wie erschöpft sie war. Die alles bestimmende Mutter -  keine einfache Patientin - es war eine lange mühsame Zeit. Danach kamen für sie selbst eine Reihe von Operationen. Jetzt ist die langjährige Nachbarin verstorben. Es war ein schwerer Abschied, die Tante sagt: „Jetzt hat die Verstobene hoffentlich den Frieden gefunden, den sie im Leben so sehr vermisste". Sie sagt das ganz ruhig und zärtlich. Den Frieden gefunden - so klingt die Hoffnung auf Auferstehung. Für die Tante ist ein Leben ohne Gott undenkbar. Sie glaubt fest an den Gott, der mit den Menschen geht - der sich nicht gedrückt hat. Der Schmerzen und Elend selbst ausgehalten hat. Er hat das getan, damit die Menschen ihre Not leichter aushalten können. Und er schenkt immer wieder große oder kleine Momente von Auferstehungshoffnung.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Und morgen feiern wir die Auferstehung weiter", diesen Satz hab ich vor 25 Jahren gehört und er klingt mir immer wieder in den Ohren. Ein Pfarrer hat ihn am Ende der Osternacht zu seiner Gemeinde gesagt. Einer Osternacht, die ein echtes, ein heiteres Fest war. „Und morgen feiern wir die Auferstehung weiter..." Ich findedas passt nicht nur zur Osternacht. Klar, dass Christen an Ostern, und am Ostermontag noch Auferstehung feiern. Aber danachgeht vieles wieder seinen ganz normalen Gang.  Ostern abgehakt. Wenigen ist aber bewusst, dass die Osterzeit im Kalender der Kirchen bis Pfingsten dauert. 50 Tage die zur Feier desLebens gedacht sind. Für mich geht es bei dieser Einladung die Auferstehung weiter zu feiernum mehr als diese 50 Tage. Für mich steckt darin die Hoffnung, dass an jedem Tag Auferstehung geschehen kann. Ostern im Kleinen. Ostern täglich. Er ermutigt mich, in meinem ganz normalen Alltag auf Lebens- und Hoffnungszeichen zu achten und diese auch zu würdigen. Natürlich, es gibt Tage, an denen ichnichts von Auferstehung spüre. Diese  Tagemöchte ich nicht bagatellisieren. Da kann ich diesen Satz „ Und morgen feiern wir die Auferstehung weiterkaum hören. Er klingt höchstens leise an mein Ohr, tröstet mich, erinnert vielleicht auch dran...heut noch nicht, aber vielleicht morgen, oder überübermorgen, wirst du was davon spüren, dass das du wieder aufleben kannst. Gerade anTagen an denen alles seinen gewohnten Gang nimmt möchteich versuchen mich einzuüben in die Wahrnehmung der kleinen Auferstehungen mitten im Tag. Dazu habe ich beim Theologen Norbert Scholl eine Art Anleitung gefunden: 

Auferstehung -

jeden Morgen kräftig durchatmen,
den Lebensodem in den Körper strömen lassen,
die vom Schlaf lahm gewordenen Glieder bewegen,
Kaffee trinken und den Kreislauf ankurbeln,
den Leib mit Nahrung versorgen,
damit er sein Werk vollbringen kann.

Auferstehung -

aus dem Grab meiner Angst und Niedergeschlagenheit,
meiner Zweifel und Vorurteile heraustreten,
sich den Herausforderungen des Tages stellen,
die neuen und die alten Aufgaben herzhaft anpacken.

Auferstehung -

alles zurücklassen,
was mich gestern gestört hat,
und mit neuen Hoffnungen den Tag beginnen.

Auferstehung -

die Menschen, denen ich begegnen werde,
wieder neu annehmen,
sie nicht mit den Augen von gestern betrachten,
sondern als Auferstandene, zu neuem Leben Erweckte -
wie ich.

Norbert Scholl 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12856
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SWR4 Abendgedanken BW

Am kommenden Sonntag beginnt dasneue Jahr -  nicht erschrecken, bis Silvester sind es schon noch ein paar Wochen! Aber am kommenden Sonntag, am 1. Advent beginnt für Christen das neue Kirchenjahr. Im Kirchenjahr hat jeder Tag seine festgelegte Bedeutung, besonders wichtig ist der Sonntag.
Und die christlichen Feste sind die Höhepunkte des Kirchenjahres.
Weihnachten, Epiphanie, bekannter unter dem „Fest der Heiligen Drei Könige", Ostern und Pfingsten das sind die wichtigsten. Es sind die christlichen Feste, die auch unserem Kalenderjahr seine Struktur geben. Auch wenn vielen Menschen der christliche Sinn dieser Feiertage nichts mehr bedeutet, odersie nicht so genau darüber Bescheid wissen.
Ohne diese Feste hätte das Jahr keine Höhepunkte. Und deshalb feiern auch Nichtchristen besonders Weihnachten so gern. Weil es ein so glänzendes Fest ist, ein Fest, das Freude bringen soll. Und das nicht zuletzt die Menschen einander näherbringt, (näher als sonst im Jahr.) Deshalb ist es für viele ein Fest voller Gefühle. Doch bevor die Christen Weihnachten feiern gibt es erst maldie vierwöchige Adventszeit. Die Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Es gibt sie seit dem 12. Jahrhundert. Aber von derAdventszeit wird heute in großen Teilen unserer Gesellschaft gar nicht mehr gesprochen, allenfalls von Vorweihnachtszeit. Doch wann die beginnt oder aufhört ist nicht so ganz klar. In dieser Vorweihnachtszeit werden oft schon alle weihnachtlichen Register gezogen, besonders in den Großstädten. Alles erstrahlt in hellem Licht, Krippen stehen vollständig aufgebaut, also mit dem Jesuskind. Die alten Weihnachtslieder „Stille Nacht" oder „Oh du fröhliche..." erklingen schon Ende November. Und es finden Weihnachtfeiern mit großen Festessen statt. Die Weihnachtszeit beginnt aber erst am 24. Dezember!  Und kein Wunder, nach so einer langen sogenannten „Vorweihnachtszeit", hat dann so mancher schon genug.
Der Advent sei für einen Teil unserer Gesellschaft „eine ausgefallene Jahreszeit" - habe ich gelesen. Vielen Menschen sei dasGespür dafür verloren gegangen, dass Feste eine bestimmte Zeit und auch eine bestimmte Vorbereitungszeit haben. Und nur, wenn diese eingehalten wird, werden sie auch echte Höhepunkte im Laufe des Jahres. Wenn der Advent ausfällt, die Zeit vor Weihnachten ihren Sinn und ihre Besinnlichkeit verliert, dann geht auchdem Weihnachtsfest etwas verloren. Ich möchte mir den Advent nicht nehmen lassen.
Ich kann ihn zu Hause in der Familie so gestalten, dass er spürbar wird.
Kann ein Adventskonzert oder einen Adventsgottesdienst besuchen.
Oder mich einfach in eine Kirche setzen, dort zur Ruhe kommen und vielleicht auf den Adventskranz schauen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Wenn sie vor ihrer Klasse steht, ist sie einfach klasse. Sie unterrichtet Deutsch. Neben Schillers Räuber und Goethes Faust wird James Bond zu einem Waisenknaben.
Sogar die ausgebufftesten Rapper tun nur so, als wären sie gelangweilt.
Weißt du, wovor ich am meisten Angst hab, sagt sie zu mir.
Dass ich eines morgens vor die Klasse stehe und spüre- das Feuer ist weg.
Es knistert nicht mehr.
Keine großen Augen, keine heißen Diskussionen, keine Streitereien. Nichts. Nur Graues Gähnen. Und dass es für mich nur noch Stoff gibt. Lernstoff.
Dann, sagt sie, will ich lieber Brötchen verkaufen, als mir so meine Brötchen verdienen. Zuerst will ich ihr widersprechen.
Arbeiten nicht viele ohne rechte Lust? Ohne Feuer? Und geraten nicht immer mehr in das hinein, was Fachleute den  „Burn - out" nennen. Also den  Zustand von Ausgebrannt- sein, eben „ohne Feuer"?
Zum Glück wird das Thema jetzt öffentlich diskutiert. Weil so viele erfolgreiche Leute darunter leiden und man sieht, dass das keine Drückebergerei ist, wenn man nicht mehr kann. Zum Glück gibt's inzwischen viele gute Bücher und Ärzte, die sich auskennen.

Manchmal kann man auch im Vorfeld das Schlimmste verhindern. Mehr Zeit für sich selber, fürs Allotria, bessere Zeiteinteilung mit bewussten Pausen. Das hilft, damit das Feuer nicht ganz ausgeht.
Aber machen? Machen kann man das Feuer nicht.
Denn wie kann man machen, wovon man selber ergriffen und getragen ist?

Die Geschichte von Pfingsten erzählt das so wunderbar anschaulich. Da kommt ein Brausen und ein Feuer vom Himmel und über den Jüngern Jesu tanzt ein Flämmchen. Und alle können sehen: die sind vom heiligen Geist ergriffen. Denen brennt das Herz. Die sind ganz erfüllt, voller Begeisterung.
Natürlich sind das Spitzenmomente. Aber man kann diese Begeisterung hüten wie ein kostbares Herdfeuer. Man kann sich immer wieder unter den offenen Himmel stellen. Man kann sich Gott öffnen, der uns seinen Geist schenkt, das Feuer, die Seele in den Dingen.
Das heiße Herz.
Und der Lehrerin, der werde ich erst mal ein paar Tage Klosterleben empfehlen. Manche Klöster haben auch prima Bücher über Burn- out.

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