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SWR2 Wort zum Tag

„Maria zu lieben, ist allzeit mein Sinn“ - solche Liedverse sind mir aus der Jugend vertraut. Mit Blumen übersäte Marienaltäre kommen mir vors innere Auge, der Besuch der täglichen Maiandachten war durchaus attraktiv, und das „Wunderschön Prächtige“ wurde ergriffen gesungen.  An manchen Orten ist das auch heute noch so. Aber im ganzen hat sich doch eine Art Klimawandel in der Marienverehrung vollzogen. Natürlich wird der Mutter Jesu auch in diesem Jahr kräftig gedacht, der Maimonat gehört Maria. Aber alles ist nüchterner, weniger überschwänglich, viel weniger ausgeschmückt. Nicht mehr die Himmelskönigin steht im Blick, sondern die Frau aus dem Volke, die kleine Mirijam aus Nazaret. Es scheint, als wäre die Marienfrömmigkeit gegenwärtig wieder so nüchtern wie zu neutestamentlichen Zeiten. Historisch wissen wir ja recht wenig von der Mutter Jesu. Eine der ältesten Überlieferungen ist eher befremdlich. Im Markusevangelium wird  erzählt, wie Maria zu Jesus kommt, zusammen mit seinen Geschwistern. Die wollen ihn sprechen, eine Art  Überfall  unter Verwandten sozusagen. Aber Jesus, so wird erzählt, ist  bei der Arbeit,  im Kreis seiner Jünger führt er Glaubensgespräche. Er lässt seine Verwandten, auch Maria, einfach abblitzen. „Wer sind meine Mutter, wer sind meine Brüder?“, fragt er in die Runde – und natürlich unsereinen, der das liest und hört.  Als ob die Leute nicht wüssten, wer seine Mutter ist. Aber Jesus verweist auf jene, die ihm glauben und folgen.  Die sind ihm Mutter, Brüder und Schwestern, die sind  seine richtigen Verwandten. Die Angehörigen Jesu, Maria eingeschlossen, sind natürlich schockiert; verrückt ist er, sagen sie, von einem bösen Geist besessen.  (vgl Mk 3,31-35)

 Maria wird im Neuen  Testament hochgelobt und seliggepriesen, aber nicht  als biologische Mutter Jesu, sondern als beispielhaft Glaubende. Durch dick und dünn folgt sie ihrem Sohn, und so ist  es Jüngerart von Anfang. ( „Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,38), diese Antwort Marias an den Verkündigungsengel ist die Kurzfassung ihrer Spiritualität  - genau der Vaterunser-Bitte entsprechend.) Dabei lässt sich ahnen, dass der Sohn Marias eher ein schwieriges Kind war,( jedenfalls ziemlich verhaltensauffällig) – für Eltern ziemlich herausfordernd, und für Glaubende nicht minder. Im Lichte seines späteren provokanten Wirkens in der Öffentlichkeit, das schließlich gar zur Kreuzigung führte, erzählen die alten Überlieferungen vom zwölfjährigen Jesus schon, wie er eigene Wege ging und es seinen Eltern schwer machte. Aber Maria steht offenkundig  treu zu ihrem Sohn, noch und gerade unter dem Kreuz ist sie zu finden. (Offenkundig gehört sie nach Ostern zur Urgemeinde in Jerusalem , sie ist Pfingsten bei den Jüngern. Solche Marien-Bilder der Bibel  kreisen alle um denselben einen Punkt: Maria ist die beispielhaft Glaubende, sie ist die gott-empfängliche Jüdin, nicht studiert, nicht aus priesterlichen oder prophetischen Verhältnissen, einfach und unbekannt, aber erwählt im Geheimnis Gottes.) Spätere Zeiten werden sagen, sie ist der Urtyp des Glaubenden, die Mutter aller Glaubenden, die Mutter Kirche sozusagen in Person. Sie öffnet sich dem Willen und Wirken Gottes, sie lasst Gott selbst zur Welt kommen im eigenen Leib und Leben. Deshalb ist sie  hoch zu schätzen, ja zu lieben.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Burnout ist eine Krankheit unserer hektischen Zeit, habe ich bisher gedacht. Stimmt aber gar nicht. Schon in der Bibel ist von Burnout-Symptomen die Rede. Mose hatte sie anscheinend auch zeitweise, der große Führer Israels. Er hatte seine Leute aus der Sklaverei befreit, er hat die Verantwortung getragen auf ihrer jahrelangen Wanderung durch die Wüste hin zu dem Land, in dem sie frei sein werden. Aber er hat keine Anerkennung und keinen Dank dafür gekriegt, im Gegenteil: Die Leute waren unzufrieden und haben geschimpft. Es war ihnen alles zu anstrengend und ihm haben sie die Schuld gegeben. Da mag Mose nicht mehr und kann nicht mehr...
Therapien und Medikamente gegen Burnout gab es damals noch nicht. Das einzige, was Mose blieb, war Beten. Vielleicht würde Gott ja helfen. „Ich kann die Verantwortung nicht allein tragen" betet er. Und stellt sich im Grunde selber die Diagnose. Allein kommt er nicht mehr weiter. Vielleicht hat er auch gemeint, so gut wie er kann keiner diese schwierige Aufgabe bewältigen. Das kommt mir sehr bekannt vor. Und dann ist es eben doch zu viel geworden.
Da betet Mose. Und Gott greift wirklich ein. Seine Therapie entspricht der Diagnose, die Mose sich selbst gestellt hat. Er soll die Last nicht mehr allein tragen. Gott meldet sich mit einer Anweisung, die die Einsamkeit von Mose beendet. Mose kann und soll begreifen: Weder Gott noch die anderen Menschen lassen mich allein. Ich muss nicht einsam sein mit meiner Aufgabe. Ich muss auch nicht alles allein machen. Mose soll deshalb 70 kluge Menschen aussuchen, die ihn unterstützen können. Und Gott verspricht Mose seine Nähe. Er wird den Ausgesuchten seinen Geist geben. Mose kann ihnen beruhigt vertrauen und sie an seinen Aufgaben beteiligen. Sie können und werden ihn unterstützen. Sie werden von Gott begeistert. Statt sich weiterhin zu beklagen, werden sie entflammt für ihre gemeinsame Sache. Neu entflammt statt burned out. So konnten sie damals ihren Weg weiter gehen. Und eines Tages sind sie wirklich angekommen im Gelobten Land.
Heute ist Pfingsten, wir Christen feiern das Fest des Heiligen Geistes. Wir feiern, dass Gott seinen Geist denen gibt, die enttäuscht sind und mutlos, die keine Ideen mehr haben und keine Kraft. Der Geist kann sie zusammenschließen zu einer Gemeinschaft von neu Entflammten. In den Gottesdiensten heute bitten wir deshalb: Komm Gott Schöpfer, Heiliger Geist. Wer sich darauf verlässt, der muss nicht alles allein machen. Der kann auch anderen etwas zutrauen- wie Mose.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Ein Geschenk des Himmels! So rufen manchmal auch Menschen aus, die vom Himmel eigentlich gar nichts erwarten, die an keinen Gott glauben. Aber manchmal, da passieren eben Dinge, die das Leben unverhofft einfacher und froher machen, und man hat das Gefühl: Das kommt jetzt direkt vom Himmel. Ein Geschenk des Himmels.

In diesen Tagen feiern gleich zwei Religionen tatsächlich: Geschenke des Himmels. Am kommenden Sonntag ist Pfingsten - da feiern Christen, dass Gott den Heiligen Geist vom Himmel auf die Erde herabgeschickt hat. Einen Geist, der die Menschen beleben und trösten will, der das Leben auch einfacher und froher machen will. Und heute schon beginnt für Juden das so genannte „Schawuot"-Fest. Es erinnert an ein andres Himmelsgeschenk: an die Zehn Gebote, die Gott den Menschen auf die Erde geschickt hat. Bei uns haben diese Zehn Gebote ja oft keinen besonders guten Ruf - sie klingen vielen zu sehr nach erhobenem Zeigefinger, „du sollst nicht, du sollst..". Dabei will Gott ursprünglich auch mit diesen Gebote den Menschen Gutes tun, er will ihr Leben einfacher und froher machen. Das Ziel der Zehn Gebote wird in der Bibel so formuliert:  „... damit ihr Leben habt und es euch gut geht und ihr lange lebt in dem Land, das ihr in Besitz nehmt." (Dtn 5,33)

Geschenke des Himmels: Vielleicht sind sie tatsächlich nicht immer auf den ersten Blick als solche zu erkennen. Manchmal merkt man erst nach einer Zeit: Welch ein Glück, dass mir dieses oder jenes passiert ist! Oder: Welch ein Segen, dass dieser Mensch in mein Leben getreten ist! Ein Geschenk des Himmels! Wichtig ist, glaube ich: Offen zu bleiben für solche überraschenden Geschenke, die wie vom Himmel zu uns herab kommen. Ein bisschen wie das Mädchen aus dem Märchen mit den Sterntalern - weit hält es sein Hemd auf, um die Taler aus dem Himmel aufzufangen. Ich glaube wirklich: Gott lässt immer wieder Gutes auf uns herab regnen. Seinen guten Geist, seine guten Gebote. Oder eben manchmal auch: das gute Himmelsgeschenk, das ich gerade brauche.

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SWR1 Begegnungen

Wolf-DieterSteinmann,evang.Kirche,trifft Klaus Heidelbegegnungen > heidel_klaus.jpg
Mitarbeiter der Werkstatt Ökonomie in Heidelberg. Er koordiniert den ökumenischen Prozess „Umkehr zum Leben- den Wandel gestalten."

Gelingt der „große" Wandel ?
Was brauche ich für ein gutes Leben? Manchmal denke ich, wäre es nicht besser, wir wären reicher an Beziehungen und nicht so scharf auf Dinge? Besser und gerechter? Für Klaus Heidel ist eines sicher: Wir verbrauchen auf jeden Fall zu viel fossile Energie: Die CO2 Emissionen müssen runter. Weil der Klimawandel das Leben bedroht. Ein Erlebnis bei einer Konferenz in Thailand hat ihm das sehr nah gebracht.

Dort stand ein Vertreter einer pazifischen Kirche auf, der sagte: Wir müssen nicht nur mit der Gemeinde umziehen, wir müssen auch mit unseren Friedhöfen umziehen. Weil, wenn die Ahnen im Meer versaufen, verlieren wir unsere Identität.

Der Wandel kommt, da ist Klaus Heidel sicher, aber es kommt darauf an, ob und wie wir ihn gestalten. Wie der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung (WBGU)1 ist er sogar sicher: Der Wandel wird „groß": Wie wir mit der Umwelt umgehen, wie wir wirtschaften, wie wir ihn gerecht gestalten. Klaus Heidel ist Mitarbeiter der „Werkstatt Ökonomie"2, eines kirchlichen think tanks in Heidelberg. Sein Büro kommt mir vor wie geschaffen für Klaus Heidel: Andauernd Reisedurchsagen, direkt unter seinem Bürofenster fahren die Züge ein in den Heidelberger Hauptbahnhof. Da muss man einfach beweglich bleiben, nach vorne denken, in die Zukunft. Auch für den 60jährigen gibt es keinen Stillstand. Nicht, dass er wie ein Getriebener wirkt, von Angst. Engagiert, nüchtern und klarsichtig beschreibt er den Klimawandel.

Das Dramatische an der Situation ist, dass ein Zeitfenster offen ist für die nächsten 5 bis 10 Jahre, in denen die globalen Emissionen sinken müssen. Wenn dies nicht gelingt, besteht die Gefahr, dass die Folgen nicht mehr beherrschbar sein werden.

Ich weiß das auch: Stillstand können wir uns nicht mehr leisten. Und ich ahne auch, dass der Wandel, der auf uns zukommt, sehr tief gehen wird.

So dass eine konsequente Reduktion von Emissionen auch dazu führen wird, dass wir uns von der Vorstellung eines ständigen Wirtschaftswachstums verabschieden müssen.

Der gelernte Historiker sieht - wie viele andere Fachleute - uns am Beginn einer neuen Epoche. Wie damals vor 200 Jahren, als die Industrialisierung das Leben verwandelt hat.

So wie die Einführung der fossilen Brennstoffe Auswirkungen auf die Politik, auf die Gesellschaft, auf die Wirtschaft hatte, so wird die Verabschiedung fossiler Brennstoffe unser Sozialgefüge, unser wirtschaftliches Gefüge, unser politisches Gefüge - und das auch global - ziemlich verändern.

Wir stehen am Beginn einer großen „Transformation", d. h. sollten nicht denken, es geht nur um kleine Anpassungen.

Was mich ärgert ist, wir wissen, dass diese Transformationsprozesse, wenn sie sozial gerecht durchgeführt werden sollen, sehr gründlich vorbereitet werden müssen. Wir müssen jetzt anfangen zu forschen. Und es gibt nichts. Das ist ähnlich fatal wie im Bereich der sozialen Sicherung: In einer Situation, in der wir ein Nullwachstum haben oder gar ein Schrumpfen, brechen diese Systeme zusammen. Es fehlt der politische Wille. Wir könnten jetzt anfangen. Je länger wir warten, desto teurer wird es.

Und Sie und ich als Einzelne? Sind wir weiter als die Politik? Klaus Heidel sieht uns eher im Dilemma: Wir schaffen nicht den Sprung vom Wissen zum Handeln.

‚Warum ich, warum jetzt, warum hier?' Man bestreitet gar nicht die Dramatik, aber für sich persönlich findet man Ausflüchte, oder wir bilanzieren: etwa ‚Ich kaufe im Bioladen, ich fahre viel Fahrrad, ich spare Energie, also darf ich im Urlaub nach Thailand fliegen.'

Jetzt, habe ich gedacht, jetzt appelliert er wohl moralisch. Nicht die Spur. Als Christ glaubt er: Menschen können sich wandeln, können aufbrechen, neues probieren. Das sind fundamentale Erfahrungen des Christentums. Aber gelingt nicht unter moralischem Druck, sondern mit Zuversicht, angstfrei und mit Hoffnung. Klaus Heidel setzt darauf, dass in den Kirchen Kräfte des Wandels wachsen.

Wenn wir diese Brücke schlagen zwischen Ostern und Pfingsten, dann könnten wir als Kirche wirklich Vorreiter des Wandels werden, weil die Menschen spüren würden, da haben einige nicht nur etwas begriffen, sie leben Alternativen vor. Wir werden als Kirche lernen müssen, dass die Kirche eine Gabe Gottes ist für die Verwandlung der Welt. Angesichts bestimmter Herausforderungen kann ich als Christ gar nicht anders, als dass ich mich für die Schöpfung einsetze.

Vorreiter Kirche ?!
Wie geht es Ihnen, wenn Sie vor einer ganz neuen Aufgabe stehen? Mir wird da mulmig. Kann ich mich trauen zu gehen? So ähnlich geht es mir vor dem „Großen Wandel."
Klaus Heidel ermutigt, zuversichtlich aufzubrechen, auf die Suche, nicht abwarten. Gerade Christen, auf allen Ebenen.

Es wäre dringend erforderlich, dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände die Garantie sozialer Gerechtigkeit als ihre Kernaufgabe begreifen. Das zweite ist, dass wir neue Systeme sozialer Sicherung brauchen und hier brauchen wir Vordenker, die andere Modelle entwickeln.

Modelle, die solidarisch tragen, auch wenn es kein Wirtschaftswachstum mehr gibt. Und er sieht Landeskirchen und Diözesen herausgefordert.

Die Landeskirche könnte den Rahmen schaffen, dass auch Entscheidungsstrukturen verändert werden. Ich gehe davon aus, dass diese Transformation wesentlich dezentralere Entscheidungsstrukturen verlangt, als wir sie haben.

Gemeinden vor Ort brauchen diese Freiheit, damit sie sich selbst auch verändern und helfen, wo Einzelne ohnmächtig sind.

Ich kann von der allein erziehenden Mutter nicht auch noch verlangen, wenn sie abends nach Hause kommt, dass sie sich auch noch Gedanken macht, wie sie ökofair einkauft. Wenn ich möchte, dass sich ihr Einkaufsverhalten ändert, muss ich als Gemeinde Strukturen bereitstellen, die das ermöglichen.

Das finde ich mutig und ermutigend. Er fühlt sich nicht als Experte, der anderen vorschreibt, was zu tun ist. Er traut ihnen zu, dass sie Orte des Wandels werden.

Wenn eine Gemeinde einmal damit anfängt, sich einmal die Herausforderungen der Zeit anzuschauen, dann fragt, was heißt das für den Einzelnen, für uns als Kirchengemeinde, wird sie automatisch zu der Frage kommen, was heißt das für meine öffentliche Verantwortung. Sie wird nach der Rolle der Kommune fragen, nach der Rolle des Landkreises.

Fragen, Antworten suchen. Alternativen probieren. Es ist ein Prozess, ein Weg, der anfangen muss. Klaus Heidel selbst sieht sich dabei als Berater, Schnittstelle. Ich finde, das hat auch was Prophetisches.

Das ist auch der Charme, weil ich nicht mehr sagen kann, ‚wenn Du nicht meinem Weg folgst, schlag ich Dir die Rübe ein, denn Du verhinderst das Heil der Menschheit.'
Das wird eine sehr bunte Landschaft werden. Vielleicht werden Gemeinden plötzlich anfangen, lokale Banken zu gründen, vielleicht werden Kirchen sich beteiligen an der Bildung neuer Genossenschaften. Wir werden ganz neu fragen müssen: 'Wie organisieren wir Produzieren und Konsumieren, vor Ort.'

Mir wird klar: Dieser Wandel, der nötig ist, auf den man hoffen muss, wird nicht oberflächlich, er berührt mein Verhalten, mein Denken. Unsere Lebenskultur. Klaus Heidel prophezeit, dass sogar meine Art zu glauben sich verändern wird. Dass wir Menschen uns sehen als Teil der Schöpfung. Die Gott ehrt. Aber mehr ich spüre auch: Das Leben könnte spannend werden und erfüllter, wenn ich mich dem Wandel nicht verschließe, sondern mitgehe, mit suche, neue Werte z. B.

Dann ist eben nicht mehr chic, ein großes Auto zu haben, sondern einen Lebensstil zu pflegen, der mir gut tut und der Schöpfung gut tut.
So werden wir lernen, dass wir mit der Schöpfung gemeinsam von Gott reden. Die Schöpfung ist nicht um des Menschen willen da. Das wird uns sofort klar, wenn wir begreifen, wie klein wir sind in dieser unglaublichen Größe der Schöpfung. Das, glaube ich, ist das Spannende an diesen ganzen Prozessen, dass sie zutiefst religiös sind.

1) „Welt im Wandel" - Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung finden Sie hier

2) mehr zur Werkstatt Ökonomie finden Sie hier

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SWR3 Worte

Was tut wohl die Rose zur Winterszeit?
Sie träumt einen hellroten Traum.
Wenn der Schnee sie deckt um die Adventszeit,
träumt sie vom Holunderbaum,
Wenn Silberfrost in den Zweigen klirrt,
träumt sie vom Bienengesumm,
vom blauen Falter, und wie er flirrt...
Ein Traum und der Winter ist um!
Und was tut die Rose zur Osterzeit?
Sie räkelt sich bis zum April.
Am Morgen, da weckt sie die Sonne im Blau,
Und am Abend besucht sie der Frühlingstau
Und ein Engel behütet sie still.
- Der weiß ganz genau was Gott will!
Und dann über Nacht, wie ein Wölkchen, ein Hauch,
erblüht sie zu Pfingsten am Rosenstrauch.
Mascha Kaleko

(Die paar leuchtenden Jahre. Deutscher Taschenbuch Verlag 2010, 9.Aufl., S. 108)

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SWR2 Wort zum Tag

Ostern ist noch lange nicht vorbei, auch wenn Schoko-Osterhasen jetzt um die Hälfte billiger verkauft werden. - Für mich als Christin reicht die Osterzeit bis Pfingsten. Auf die ersten Berichte von der Auferstehung Jesu folgen weitere Erzählungen, die mir Orientierung geben.
Eine davon steht im Johannesevangelium und berichtet von einem ungewöhnlichen Fischfang und einer ungewöhnlichen Mahlzeit (Joh. 21,1-18): Die Jünger sind wieder in die Situation zurückgekehrt, in der sie nicht mehr sein wollten: in ihren Alltag, als Fischer am See Genezareth. Dort erscheint Jesus ihnen, als sie nach erfolglosem Fischfang zurück ans Ufer kommen. Jesus schickt sie noch einmal hinaus. Sie machen eine wunderbare Erfahrung: Sie kommen mit einem Netz voller Fische zurück. Es sind 153.
Ein merkwürdiges Detail. Was könnte die Zahl bedeuten? Manche Ausleger sagen: 153 Fischarten waren in der Antike bekannt. Deshalb könnte das Johannesevangelium mit dieser Zahl darauf hinweisen, dass in den ersten Gemeinden wirklich alle Generationen, Nationen und sozialen Schichten vertreten waren.
Oder man nimmt ein jüdisches Kinderlied zur Hilfe: In einer Art Lernlied werden die Zahlen von 1 bis 13 Glaubensmerkmalen zugeordnet, so zum Beispiel: „Eins - was sagt die Deutung an? Eins - wohl ich verkünden kann! Eins ist Gott, beherrscht das All, Himmelsdom und Erdenball." Eine christliche Deutung könnte in der 3 die Dreifaltigkeit Gottes sehen und in der 5 die vier Evangelien und die Apostelgeschichte als Glaubensurkunde der Christenheit.
Eine Spielerei? Vielleicht. Auf jeden Fall: 153mal ist mit diesem Fischfang bezeugt: Gott lässt Menschen satt werden an Leib, Seele und Geist. Das erleben die Jünger Jesu sehr konkret: Als sie ankommen, brennt das Feuer. Das Brot liegt schon bereit. Die Jünger bringen die Fische. Jesus teilt mit ihnen das Mahl.
Daran finde ich zweierlei wunderbar: Zum einen: Jesus ist der Gastgeber. Er lädt sie ein. Das andere Wunderbare ist: Auch das, was sie selbst dazu mitbringen, was sie mit ihrer Hände Arbeit gefangen haben, wird gebraucht. Sie sind nicht nur Gäste, sie dürfen auch Gastgeber sein.
Die Geschichte Jesu geht weiter, sagt mir diese Erzählung. Ostern ist noch lange nicht vorbei. Jesus ist gegenwärtig wirksam, wenn Menschen in irgendeiner Weise für andere zu Gastgeberinnen und Gastgebern werden. Mit Worten, mit freundlichen Blicken, mit konkreten Hilfen. Mit allem eben, was satt macht.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ostern ist vorbei, fast alle Schokoeier sind aufgegessen. Jetzt kann ich den Blick nach vorne richten - auf das nächste kirchliche Fest, das vor der Tür steht. Heute in einem Monat ist es soweit!
Mein Lieblingsfeiertag: Christi Himmelfahrt!
Schade eigentlich, dass dieses Fest so ein Schattendasein führt gegenüber den anderen christlichen Feiertagen. Wir wünschen uns frohe Ostern, frohe Weihnachten, aber keine frohe Himmelfahrt. Wir verteilen keine Himmelfahrts-Geschenke, höchstens zum Vatertag, aber nicht als „Herzlichen Glückwunsch zur Himmelfahrt Christi!"
Dabei ist dieses Fest mit Pfingsten zusammen das drittwichtigste Fest im kirchlichen Kalender -und das mit Grund: denn es feiert ein ganz wichtiges Ereignis im Leben jedes Christen!
Christi Himmelfahrt ist so etwas wie der 18. Geburtstag im Leben eines Menschen - an diesem Tag feiern wir Christen, dass wir in Gottes Augen erwachsen sind; erwachsen und selbständig.
So erzählt das ja die Bibel: Bis zur Himmelfahrt Jesu sind die Jünger hinter ihm hergezogen. Sie haben ihm zugehört, wenn er gepredigt hat. Sie haben zugeschaut, wenn er sich mit Andersdenkenden gestritten hat. Die Jünger haben zugesehen, wenn Jesus die Traurigen getröstet, wenn er den Hungrigen etwas zu essen gegeben hat.
Aber dann an Himmelfahrt hat Gott Jesus zu sich geholt. Ab diesem Zeitpunkt sind seine Jüngerinnen und Jünger allein. Ab diesem Zeitpunkt sind sie selbst in der Verantwortung. Seine Anhängerinnen damals und seine Anhänger heute.
Es ist nun an uns, Jesu Sache hier auf Erden selbständig weiterzuführen, selbständig den Weg zu gehen, den er uns vorgelebt hat:
Seit Himmelfahrt vor fast 2.000 Jahren predigt Jesus nicht mehr selbst - jetzt sind wir dran. Seit Himmelfahrt streitet Jesus nicht mehr selbst - jetzt sind wir dran. Seit Himmelfahrt ist Jesus nicht mehr hier, um die Traurigen zu trösten und die Hungrigen satt zu machen- jetzt sind wir dran!
Christi Himmelfahrt - das Fest der selbständigen und verantwortungsvollen Christinnen und Christen. In genau einem Monat, am 9. Mai, feiern wir Christen es: Das Fest, an dem wir uns daran erinnern sollen, dass wir in Gottes Augen erwachsen und mündig sind!
Gott traut uns zu, dass wir in Jesu Fußstapfen treten. Gott traut uns zu, dass wir hier auf Erden seine Hände, seine Füße und seine Stimme sein können. Gott traut uns unendlich viel zu!
Ich finde: das ist ein guter Grund, um sich auf dieses Fest zu freuen!

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Lebensgeschichten können die große Geschichte prägen. Das gilt ganz sicher für Papst Johannes XXIII. Mit 78 und schon sehr krank hat Johannes das Zweite Vatikanische Konzil einberufen, fast auf den Tag heute vor 50 Jahren. Es war wie die Summe seines langen Lebens. Sein Weg hatte ihn u.a. nach Bulgarien und Griechenland, in die Türkei und nach Frankreich geführt. Von 1925 - 1952 war er in diesen Ländern Diplomatischer Vertreter des Vatikans und knüpfte viele Kontakte zu evangelischen und orthodoxen Christen, zu Juden und Muslimen, ebenso zu Menschen, die keiner Religion angehörten. Damals hat er im Gottesdienst sogar auch in türkischer Sprache gebetet.
Die Wirkung dieser Jahre zeigte sich im Konzil. Zum 1.Mal waren Vertreter aus allen 5 Erdteilen dabei, außerdem evangelische Beobachter. Zum 1. Mal hat auch ein Konzil darauf verzichtet, Lehren für falsch zu erklären und ihre Vertreter zu verurteilen. Stattdessen wollte man den eigenen Glauben positiv darlegen und die Wahrheit auch im Denken anderer sehen.„Wir wenden uns ... allen zu, die Gott anerkennen und in ihren Traditionen wertvolle Elemente der Religion und Humanität bewahren, und wir wünschen, dass ein offener Dialog uns alle dazu bringt, die Anregungen des (Heiligen) Geistes treulich aufzunehmen und mit Eifer zu erfüllen." (Gaudium et spes, 92) heißt es in einem Konzilstext. Die Bischöfe beschließen sogar eine „Erklärung über die Religionsfreiheit" und sagen darin, dass die Menschen nur freiwillig glauben können und dass niemand zum Glauben gezwungen werden darf. (vgl.Dignitatis humanae, 10) Ähnlich begegnet das Konzil den Gläubigen anderer Religionen. Es sagt: „Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist." (Nostra aetate, 2) Am engsten verbunden sehen sich die Bischöfe naturgemäß mit den Gläubigen der anderen christlichen Konfessionen. Und sie sagen: Die Verbundenheit wiegt schwerer als das Trennende.Hier finden sich frühe Gedanken von Papst Johannes wieder. Pfingsten 1944 hatte er in Istanbul vor einer bunt gemischten Gemeinde gepredigt, daß im Lichte des Evangeliums die trennenden Gedanken nichts gelten. Wörtlich hat er gesagt: „Jesus ist gekommen, um alle diese Schranken niederzureißen." (zit. Peter Hebblethwaite, Johannes XXIII., Zürich 1986, 255)    Heute, 50 Jahre nach dem Konzil, bleibt hier noch sehr vieles zu tun.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13984
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

So ein Fußballspiel ist doch wie ein Gottesdienst. Mit den Gesängen und den Antependien - Schals zur Eingangsliturgie. Mit erhobenen Herzen, Mund und Händen.
Und dann der feierliche Einzug der Zelebranten.
Jeder mit einem kleinen Messdiener an der Hand, betreten sie gemeinsam den heiligen Rasen. Ist das nicht alles sehr ähnlich?
Und dann fangen Männer und Frauen an zu singen.
Und es kommt bald zum Bekenntnis, wenn kollektiv dazu aufgerufen wird, aufzustehen, und sich so zu seiner Mannschaft zu bekennen.
Glaubensbekenntnisse werden immer im Stehen gesprochen.
Da ist schon allerhand Gemeinsames.
Mysteriöse Entscheidungen und Botschaften gibt es hier wie dort jede Menge.
Man versteht nicht wirklich alles, was passiert.
Überhaupt ist auch viel Passion dabei. Manchmal zu viel eigentlich.
Aber manchmal passieren auch Zeichen und Wunder und es steht wieder einer auf und erwacht mit seiner ganzen Mannschaft zu einem neuen Leben, obwohl sie eben noch alle tot zu sein schienen.
Doch das gibt es und es ist würdig und recht so.
Ja und dann, wenn es nicht so richtig gelaufen ist in der ersten Hälfte, dann kommen sie wieder heraus, haben eine Predigt gehalten bekommen, und wenn sie gut war, dann war es eine so genannte Gardinenpredigt getarnt als Kabinenpredigt und was soll ich sagen, dann geschieht eine wahrlich geheimnisvolle Verwandlung der toten Hosen und sie laufen auf wie eine völlig neue Kreatur.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Das löst dann eine Welle der Begeisterung aus.
Und die Hände fliegen zum Himmel empor. La Ola ist wie ein bisschen Pfingsten.
Und wenn sie dann am Ende sogar siegreich gewesen sind, dann tauschen sie noch schnell die heiligen Röcke, also die Trikots aus und schon bekommen  sie am Ende die Vasa sacra, die heiligen Gefäße überreicht.
Ja ist das nicht verblüffend, wie das passt.
Das muss doch seinen Grund haben, denken sie nicht auch?
Das muss doch damit zu tun haben, dass beim Fußball ebenfalls ganz viel geglaubt und gebetet wird. Und dass ohne Zeichen und Wunder gar Nichts wirklich der Rede wert sein kann.
Und so wird am Ende hier wie dort Lachen oder Weinen jedenfalls gesegnet sein.
Und wenn sie am Sonntagmorgen Zeit haben, schauen sie doch einmal wieder bei einem Gottesdienst rein, und überprüfen sie, ob die Liturgie noch stimmt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13246
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Jetzt können wir endlich mal wieder ein bisschen verrückt sein. Normalerweise sind wir das ja nicht. Da sind wir ganz normal. Fast immer.
Und das ist ja so anstrengend. Überall sollen wir uns unauffällig benehmen und schön brav sein, grade sitzen, leise sein, artig auch wenns geht.
Nur wenn Fußball kommt, da ist endlich alles erlaubt.
Nicht nur „schwarz rot gold" in Variationen auch Hupen ohne vermeintlichen Grund oder in Kolonnen durch die Straßen fahren und allen anderen den Weg versperren.
Verrückt sein, das bedeutet also, etwas von dem abrücken, was sonst geht, wenn es so seinen gewohnten Gang geht.
Ich habe immer schon darüber gestaunt, wie das geht, wenn die Fans am Samstag bei uns nach Kaiserslautern auf den Betzenberg fahren.
Dann erkennt man sie zielsicher daran, dass sie einen Fanschal aus dem Seitenfenster flattern lassen. Noch nie habe ich jemanden winken oder aufgeregt hindeuten sehen.
Schon gar nicht hat jemals die Polizei so einen Wagen angehalten mit dem ernsten Hinweis, dass da etwas aus dem Fenster hängt und womöglich gleich verloren gehen könnte.
Auch hat auf dem Weg hoch zum Stadion bei womöglich hochsommerlichen Temperaturen noch nie einer die Schalträger besorgt angehalten und gefragt, ob sie sich denn so schwer erkältet hätten.
Einen Fanschal, den trägt man doch nicht, weil man Halsschmerzen hat. Es ist eben einfach nur verrückt, etwas daneben und deshalb genau richtig.
Und wer nicht ab und zu einmal von dem gewohnten Alltäglichen abrückt, der rückt auch mit nichts von sich raus, der rückt auch niemals weiter vor im Entdecken des Lebens.
Das gilt nicht nur in der Welt des Fußballs. Das gilt glaube ich generell. Und auch wer glaubt, was Christen glauben, muss unbedingt ein bisschen verrückt sein dazu.
Sonst geht das nicht. Denken sie nur:
Schon beim ersten Auftreten der Christen in Jerusalem vor 2000 Jahren war das so.
An Pfingsten, dem allerersten public viewing, wo man sich gemeinsam anschauen konnte, wie die Christen glauben, da sind die alle fast verrückt geworden vor Begeisterung.
Und eine La Ola Welle nach der anderen schwappte durch die Stadt.
Und die Kritiker, die sich das von Weitem ansahen, die schüttelten mit ihrem klaren Kopf und sagten zueinander: Also entweder die sind  alle betrunken oder sie sind total verrückt.
Ja, so ist das halt, wenn man anfängt, ein bisschen mehr als nur normal zu sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13241
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