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SWR1 Begegnungen

Peter Annweiler trifft die Künstlerin Merja Herzog-Hellstén Merja Herzog-Hellstén

Einen Kilometer Kabelröhren aus dem Baumarkt hat sie genommen und in vierzehn großen Knoten in der Mannheimer Citykirche Konkordien aufgehängt: Die finnisch-deutsche Künstlerin Merja Herzog-Hellstén aus Hanau

Verwickelte Schönheiten
Mögen Sie Verknotungen? - Ich eigentlich gar nicht, weil ich viel zu ungeduldig bin, wenn ich Knoten entwirren muss. Da gebe ich dann schnell auf - und möchte es machen wie Alexander der Große. Der Sage nach hat er den „Gordischen Knoten“  auch nicht entwirrt, sondern mit dem Schwert durchgeschlagen.

Merja Herzog-Hellstén versteht ihre Knoten nicht als Aufgabe, sondern als „verwickelte Schönheiten“. So hängen sie in der Mannheimer Citykirche - und geben auch ohne Sprache zu denken. Zuerst wollte ich nach Anfang und Ende der Linien suchen. Und ich wollte fündig werden. - Das aber ist gar nicht so im Interesse von Merja Herzog-Hellstén:

Das Finden ist natürlich toll. Aber im Grund zelebriere ich hier tatsächlich das Suchen an sich: Wie reich eine Suche werden kann, auch wenn es sich verdichtet, verknotet, wenn man vielleicht teilweise das Gefühl hat: Mein Gott, ich komme da jetzt nicht weiter -

- und genau dann ist es möglich, Neues zu sehen. Eben nicht den Knoten als ein Problem. Eben nicht entwirren müssen und darin notwendig scheitern. Sondern einfach eine andere Perspektive suchen und finden. Dazu will Merja Herzog-Hellstén mit ihren „Verwicklungen“ anregen. Knoten und Probleme im Leben bedeuten eben nicht Chaos, sondern sie verdichten das Leben. Sie helfen bei der Suche nach neuen Perspektiven. Nach dem, wie wir das Leben und die Welt neu und tiefer begreifen können.

Die kluge Frau mit den blauen Augen ist alles andere als der wilde Künstlertyp. Sie arbeitet mit Genauigkeit und Präzision. Das hat sie schon als Kind in Finnland mitbekommen.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass meine Eltern gebaut haben während meiner Kindheit, also ich durfte da sehr viel mitwirken

Schon immer war Merja Herzog-Hellstén vom Dreidimensionalen fasziniert und hat dadurch ihre Begabung  für raumgreifende Werke entdeckt.

Durch die Installationen finde ich das großartig, dass der Betrachter die Chance bekommt, so was wie in die Kunst hineinzutreten und tatsächlich Teil zu werden davon.

Genau das ist es, was mir an ihrer Kunst so gefällt. Man kann nicht „Betrachter“ bleiben, man wird Teil davon. Die Arbeiten wirken, auch wenn ich sie nicht gänzlich verstehe.

Da finde ich dann das Eintauchen in Kunst und Religion sehr verwandt: Beiden geht es nicht darum, alles zu aufzulösen oder zu analysieren. Sondern mit Herz und Sinn neue Einsichten zu bekommen: Wenn unterschiedliche Meinungen sich nicht in einem Knoten „verwirren“, sondern sich ergänzen und bereichern.

Es ist ja ganz klar: Erstmals ist nichts starr. Nicht unbeweglich, sondern es wird dann durch diese Bewegung neu in Frage gestellt und man bekommt die Möglichkeit, die Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen -

Bewegtes Leben
Leben ist Suchen, sagt sie. Das Finden scheint ihr gar nicht so wichtig. Denn, wenn man „gefunden“ oder „verstanden“ hat, dann kann man ja auch erstarren. Ein wenig davon hat Merja Herzog-Hellstén wohl in Finnland erlebt. Dort waren alle um sie herum fraglos evangelisch-lutherisch.

Es ist für mich ein bisschen komisch gewesen, dass man von Geburt an etwas ist - bevor man selber noch Gedanken fassen konnte: Bin ich das? Will ich das sein?

Wie unterschiedlich Menschen geprägt sein können! Für mich hat die Tradition, in die ich hineinerzogen wurde, nichts Erstarrtes gehabt. Sie war mir ein Halt, hat mir Wurzeln gegeben, um die Stürme des Lebens besser bestehen zu können.
Merja Herzog-Hellstén hat Tradition wohl manchmal eher als „Festung“ erlebt - und deshalb ist ihr eine Skepsis gegenüber den Konfessionen geblieben. - Wo komm’ ich her und wo geh ich hin? Was gibt mir Sinn und Halt im Leben? -  Bei solche Gedanken fragt sie sich,

ob die vielleicht manchmal so was wie vereinnahmt werden von der Religion - und bekommen dann diese Stempel: Das ist jetzt eine katholische Gedanke, das ist jetzt eine evangelische Gedanke, eine buddhistische Gedanke und so weiter.

Und genau diese Sehnsucht nach einem Glauben, der die Grenzen von Konfessionen und Kulturen überwindet, passt gut zu Pfingsten, finde ich. In der biblischen Pfingstgeschichte haben die Menschen „be-geistert“ über die Grenzen von Kulturen und Religionen hinweg zueinander gefunden. Sie haben neue schöpferische Kräfte gespürt. -
Künstler sind da oft dem Pfingstgeist nahe, weil sie von diesen schöpferischen Kräften angetrieben sind. Sie sind voller Kreativität und schaffen, was bisher noch keine Auge so gesehen und kein Ohr so gehört hat - auch wenn es sich um ur-alte Menschheitsfragen und Sehnsüchte handelt.
Merja Herzog-Hellstén ist in ihrer künstlerischen Suche für mich ein pfingstlicher Mensch. Auf ihrem Weg hat sie die Religion als Lebenskraft wiederentdeckt. Evangelisch ist sie jedenfalls geblieben, vielleicht auch, weil sie immer wieder gute Erfahrungen in Kirchen gemacht hat, wie jetzt in der Mannheimer Citykirche Konkordien. In der Weite von Gotteshäusern mischen sich Suchen und Finden. Und so ist ihr Raumgefühl in der Kirche auch nicht „leer“:

Es ist sehr viel von konkreten Gedanken gefüllt. Es ist von geistlichen Gedanken gefüllt . Es wird da viel „gewirbelt“ gerade mit den Gedanken.

Das gefällt mir: Der Kirchenraum als ein Raum, der gefüllt ist. Mit Segen und Singen. Mit Klage und Lob. Mit Bibel und mit Kunst.
Und wenn das alles durcheinander „gewirbelt“ wird, wenn es gut und lebendig miteinander verknotet und vernetzt ist, dann ist - längst nicht nur heute - Pfingsten.

Infos zum aktuellen Projekt: www.citykirchekonkordien-de.
Infos zur Künstlerin: www.herzog-hellsten.de

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SWR2 Zum Feiertag

Maria Meesters im Gespräch mit Dr. Barbara Henze, Kath. 

Meesters:

Allerheiligen. In 5 Bundesländern ist heute Feiertag, darunter Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Ein katholischer Feiertag, an dem alle heiligen Frauen und Männer seit Christi Geburt gefeiert werden. Über dieses Fest und die damit verbundenen Bräuche spreche ich mit Dr. Barbara Henze. Sie lehrt als katholische Theologin an der Universität Freiburg Kirchengeschichte und ist Expertin für Geschichte der Frömmigkeit.

Frau Henze, was genau wird da gefeiert?

Henze:

Wir feiern an Allerheiligen die Menschen, die vor uns den Weg mit Christus oder im Glauben gegangen sind und von denen wir hoffen oder erwarten, dass sie jetzt das Ziel erreicht haben, auf das hin jeder Mensch strebt, der sich als Christ bezeichnet, dass er nämlich in der Gemeinschaft mit Gott lebt.

Meesters:

Wie ist denn dieses Fest entstanden? Wie kam es dazu?

Henze:

Die alte Kirche hatte ein lebhaftes Gefühl dafür, daß sie auf den Wurzeln von Menschen aufbaut, die ihr Leben für den Glauben gelassen haben, und all derer wollte man gedenken, auch unabhängig davon, ob man genau weiß, wie sie hießen und an welchem Tag sie gestorben sind.

Meesters:

Das heißt: Am Anfang standen die Märtyrer, die man besonders verehrt hat, aber dann entstand die Einschätzung, dass es auch Heilige gibt, Menschen, die ihr Leben im Sinne Gottes gelebt haben, deren Namen man nicht kennt, und die wollte man auf jeden Fall nicht vergessen.

Henze:

Ja

Meesters:

Das Fest hat ja aber, soviel ich weiß, doch auch vorchristliche Wurzeln, zumindest dieses Datum.

Henze:

Bei dem Datum, wann man dieses Fest feiert, gibt es unterschiedliche Terminierungen im Laufe der Zeit. In der ursprünglichen Kirche gehört es zum Osterfestkreis, und in den späteren Zeiten ist es zu unserem 1. November-Termin gekommen. Aber das war wahrscheinlich der Einfluss, dass es heidnische Wurzeln hatte und man einen Termin belegt hat mit dem Fest Allerheiligen. Aber das war erst, sagen wir mal, im 8. oder 9. Jahrhundert, aber nicht in der Anfangszeit.

Meesters:

Also ursprünglich wurde Allerheiligen in der Osterzeit gefeiert, und ich glaube die orthodoxe Kirche feiert es auch heute noch um Pfingsten herum.

Henze:

Am Sonntag nach Pfingsten. Und wahrscheinlich hat man bei der Missionierung der Kelten den Wintertermin genommen, um dann das Fest Allerheiligen zu feiern.

Meesters:

Und damit ist ein bisschen aus dem Blick geraten, dass es so eine Art Osterfest der Heiligen ist. Papst Franziskus hat ja vor kurzem von der Heiligkeit der ganz normalen Leute gesprochen. Er hat gesagt: „Ich sehe die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes. Eine Frau, die ihre Kinder großzieht. Ein Mann, der arbeitet um Brot nach Hause zu bringen, die Kranken…“.

Henze:

Da kann ich Papst Franziskus sehr verstehen, dass er weg will von dem Begriff der Heiligkeit. Denn wo man zuerst einen Prozess der Prüfung durchlaufen muss und wo man auch feststellen kann, dass diese Kriterien für Heiligkeit sich im Verlauf der Jahrhunderte einfach verändert haben und er setzt jetzt wieder bei dem ursprünglichen jesuanischen oder christlichen Tugenden an.

Meesters:

Sie haben einen Aufsatz geschrieben mit der Überschrift „Heilige fallen nicht vom Himmel“.

Henze:

Heilige fallen nicht vom Himmel, weil sowohl bei dem Vorgang, wenn Menschen jemand als heilig bezeichnen, man feststellt, dass es ein Bedürfnis einer bestimmten Zeit ist, bestimmte Fähigkeiten und Tugenden hervorzustellen, als auch bei dem Vorgang, wenn jemand dieses Heiligsprechungs-Verfahren durchlaufen muss, es auch da nicht jeder u. jede schafft, heilig zu werden. Zum Beispiel, wenn man sich eine Landkarte anschauen würde: Woher kommen eigentlich die offiziell von der römisch-katholischen Kirche heilig gesprochene Personen, dass da nicht jedes Land auf der Welt die gleiche Chance hat, Heilige hervorzubringen. Dass sich das zwar jetzt in der neueren Zeit nach Papst Johannes Paul II. verändert hat, aber bis dahin z.B. die europäischen Heiligen weit überwogen haben.

Meesters:

Und warum es z.B. vor allen Dingen Ordensleute und Priester sind und sehr viel weniger Menschen, die eine Familie gehabt haben?

Henze:

Genau. Da sprechen Sie einen relativ kritischen oder auch interessanten Punkt an, dass man nämlich dachte, dass dieses vorbildhafte Leben bestimmte Normen erfüllen musste. So war bis zum 19. Jahrhundert die Vorstellung.

Meesters:

Da ist es ja schon gut, dass wir jetzt auch wieder ein paar andere Töne hören.

Henze:

Wir haben aber noch keine konkreten Vorschläge gehört, welche Eheleute denn nun jetzt demnächst heilig gesprochen w erden sollen. Wir haben auch noch nicht davon gehört, dass man Personen heilig sprechen könnte oder wollte, wie z.B. Oscar Romero, den Erzbischof von El Salvador, die sich mit einer bestimmten Politik, die betrieben wurde, also USA-Waffenlieferung angelegt haben. Es hat zwar Vorschläge gegeben, ihn heilig zu sprechen, aber, so wurde als Begründung herangeführt, wenn man jemand heilig spricht, der sich mit Leuten, die mit Waffen handeln, angelegt hat, dann hat man gleichzeitig ja den Waffenhandel angegriffen. Also steckt hinter einer Heiligsprechung ja auch eine inhaltliche Botschaft. Wenn ich Priester und Ordensleute heilig spreche und nicht Eheleute steht dahinter die Botschaft: als Priester u. Ordensfrau bin ich sozusagen dem Himmel näher als als Verheiratete.

Wenn ich mich gegen Waffenanwendung u. Waffenhandel ausgesprochen habe, und ich werde nicht heilig gesprochen, dann ist es die Botschaft: die Kirche steht dem Waffenhandel nicht so kritisch gegenüber wie dieser Mensch, der dafür gestorben ist.

Und dann steckt schon auch die Anfrage dahinter: was für ein Leitbild wird über die offizielle Heiligsprechung weiter getragen in die nächsten Generationen? Was wird einer Zeit als vorbildhaft hingestellt? Da kann man feststellen, dass sich diese Leitbilder im Laufe der Jahrhunderte eindeutig geändert haben. Und dass also ein Heiliger Franziskus ein anderer Typ Heiliger ist, als wenn ich z.B. - selbst wenn ich unter den Ordensleuten bleibe - den heiligen Ignatius oder die heilige Theresa von Avila nehme. Theresa von Avila war eine gebildete Frau, die eine Reformbewegung initiiert hat, auch mit einer kritischen Funktion gegenüber der offiziellen Kirche. Ihre mystischen Ideen haben nicht in allem das wiedergegeben, was die damals sich ja schon konfessionalisierende römisch-katholische Kirche weiter trug. Von daher steckt dahinter ein anderer Typ Mensch und ein anderer Typ Heiligkeit, als beim hl. Franziskus, wo es einem leicht fiel zu sagen: Ach ja und jetzt vertreiben wir mal die Franziskus-Bilder, wie er den Vögeln predigt oder mit dem wilden Wolf spricht, und berücksichtigt dann auch nicht, dass Franziskus vielleicht noch andere Facetten hat.

Meesters:

Zu einem anderen Punkt noch: Heute Nachmittag werden ja wieder viele Menschen zum Friedhof gehen und die Gräber ihrer Verstorbenen besuchen, sie schmücken, Lichter anzünden, für die Verstorbenen beten. Da wirft Allerseelen, der morgige Tag, schon seine Schatten voraus. Ist das angemessen? Wie stehen die beiden Tage zueinander.

Henze:

Eigentlich müsste Allerheiligen dem österlichen Gedenken vorbehalten bleiben, derer die vor uns gegangen sind und von denen wir eben  hoffen, dass sie schon bei Christus sind. Und Allerseelen als Fest derjenigen, die noch dahin auf dem Weg sind. Warum man nicht die Kraft hat zu sagen – und wir gedenken ihrer freudig im Sinne von Ostern, weiß ich nicht genau. Eher verbindet man mit Allerseelen-Kult Bedrängnis. Man muss ihrer gedenken, weil sonst niemand an sie denkt, und nicht freudig im Sinne von: wir haben einen barmherzigen Gott im Himmel, und er freut sich über jeden, der dort anklopft.

Meesters:

Als Theologin wissen Sie jetzt viel über Allerheiligen und Allerseelen. Was bedeutet ihnen persönlich dieser Tag Allerheiligen?

Henze:

Ich glaube, nach vielem Nachdenken würde ich sagen: Allerheiligen kann ich tatsächlich auch in meinem persönlichen Leben so verankern, dass es ein Gedächtnistag ist, wo vielleicht das, was wir mit dem gemeinsamen Auferstehungstag verbinden, dass nämlich alle, die sich geplagt haben in ihrem Leben, zu ihrem Recht kommen und auch als solche erscheinen werden. Dass das ein Gedenktag ist für all die, vielleicht auch im Sinne von Papst Franziskus, die sich hier geplagt haben, dass die dann als Heilige in ihren weißen Gewändern erscheinen werden und wir sie jetzt schon verehren können.

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SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Es kann nur einen geben. Keine Frage. Darin sind sie sich einig - die drei großen Weltreligionen: Christentum, Islam und Judentum.
Gott ist einer. Und neben ihm gibt es keinen anderen. Man kann Gott nicht aufteilen in verschiedene Götter, die am Ende vielleicht sogar noch miteinander in Konkurrenz stehen.
Das wäre eine sehr menschliche Vorstellung von Gott. Der Glaube an eine „himmlische" Welt mit vielen Göttern gehört der Vergangenheit an.
Nein, Gott wäre nicht Gott, wenn es neben ihm noch einen anderen gäbe. Das passt nicht zu Gott. Es kann nur einen geben, der Gott ist.
Und doch bekennen wir Christen Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wir sind getauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Und jeden Sonntagmorgen beginnen die Gottesdienste im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Also doch drei Götter, wie es manche den Christen vorwerfen? Nein, nur ein Gott ... und doch drei. Wie soll man das verstehen?
Darüber haben sich durch die Jahrhunderte Gelehrte den Kopf zerbrochen. Wirklich erklären konnten sie das auch nicht. Aber sie haben ein Wort dafür gefunden: Drei-einig-keit Das Geheimnis Gottes in einem Wort.
Und das feiern die christlichen Kirchen heute an diesem Sonntag: das Fest der Dreieinigkeit. Gott ist einer und doch hat er sich uns gezeigt als Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Drei-einig-keit. Eigentlich ein Un-Wort. Aber mir fällt auch kein besseres dafür ein.
Drei-einig-keit. Nein, wirklich verstehen kann ich das auch nicht. Drei ist nicht eins und eins ist nicht drei.
Aber muss ich ein Geheimnis mit meinem Verstand begreifen?
Ich kann ihm auf die Spur kommen, ja. Ich kann sogar Spuren entdecken, die es mir leichter machen, das Geheimnis der Dreieinigkeit zu verstehen.
Solche Spuren begegnen mir an vielen Stellen. Ein paar Beispiele sind mir eingefallen:
Ich erfahre das eine Wasser in drei verschiedenen Zuständen: als kalten, festen, gefrorenen Eisklotz, als frisches, sprudelndes Wasser oder als heißen Dampf.
Fest, flüssig oder gasförmig. Es ist dasselbe Wasser und doch sind es drei verschiedene Erscheinungsformen.
Oder: Der eine Raum, in dem ich lebe, besteht aus drei Dimensionen: Länge, Breite und Höhe. Die eine Zeit aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Drei und doch eins.
Der eine Mensch ist Körper, Seele und Geist. Zur Liebe gehört: einer, der liebt, einer, der geliebt wird, und die Liebe selbst. Und Vater, Mutter und Kind machen eine Familie. Drei und doch eins.
In der Musik gibt es den Drei-Klang: Der erste, dritte und fünfte Ton bilden den Akkord, der dann als der eine Dreiklang erklingt.
Beweise sind das keine. Aber Spuren sind es, die mir das Geheimnis des dreieinigen Gottes anschaulich machen.

Heute feiern die christlichen Kirchen das Fest der Dreieinigkeit. Sie machen sich dabei bewusst: Gott ist einer. Und er hat sich uns gezeigt als Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Zugegeben. Für die meisten spielt dieses Fest heute keine große Rolle. Weihnachten, Ostern, ... vielleicht noch Pfingsten. Ja! Damit können viele noch was anfangen. Aber das Dreieinigkeitsfest?
Wenn es dieses Fast nicht gäbe, würde da etwas fehlen? ... Ich meine: Ja, es würde etwas fehlen. Nicht nur etwas, sondern alles. Wie ich darauf komme?
Nun. An den anderen großen christlichen Festen feiern wir, was Gott getan hat.
An Weihnachten, dass er Mensch geworden ist, zu uns gekommen ist auf die Erde. In einem Stall in Bethlehem, erzählt die Bibel.
An Karfreitag und Ostern, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, dass er den Tod überwunden hat.
An Pfingsten, dass Gott Menschen mit seinem Geist bewegt und die Kirche entstanden ist.
Heute am Dreieinigkeitsfest aber feiern wir nicht die großen Taten Gottes, wir feiern Gott selbst.
Da geht es weniger um die Frage: Was hat Gott für mich getan? Vielmehr darum, wer dieser Gott ist, an den ich glaube.
Von Gott reden viele. Gott ist ein großes Wort. Es kann alles Mögliche heißen. Doch wer ist dieser Gott?
Mir hilft da das Bekenntnis zu dem einen Gott, der mir als Vater, Sohn und Heiliger Geist begegnet.
Ich glaube an Gott den Vater. Ich glaube, ich bin geschaffen, gewollt und gehalten von einer Wirklichkeit, die mehr ist als meine eigene Welt.
Deshalb muss ich den Sinn meines Lebens nicht selbst machen. Gott hat mich geschaffen, damit ich leben kann. Das ist für mich Sinn genug.
Und ich glaube an Gott den Sohn. Gott ist nicht weit weg im Himmel geblieben, sondern ist auf die Erde gekommen. Weil ich Gott nicht egal bin. Weil er sich für mich als Mensch interessiert.
In Jesus ist Gott selbst Mensch geworden. Ganz einer von uns. Mensch bis zum Äußersten, bis zum Tod.
Deshalb glaube ich, Jesus war mehr als ein vollmächtiger Prophet und mehr als ein großes Vorbild an Liebe und Gerechtigkeit. Jesus war Gott selbst.
Und heute ist und wirkt Gott in uns und für uns durch seinen Heiligen Geist.
Gottes Geist weckt in mir das Vertrauen zu Gott. Macht mir Mut, wo ich ängstlich und verzagt bin. Schenkt mir Liebe ins Herz, auch zu Menschen, die mir das Leben schwer machen. Gibt mir Geduld und Kraft für diesen Tag. All das schenkt der Heilige Geist. So erfahre ich Gott auch in meinem Alltag.
Ich glaube an den dreieinigen Gott - an Gott den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist.
Daran lasse ich mich erinnern - jeden Sonntag am Ende des Gottesdienstes: „Es segne und behüte dich, Gott der Allmächtige und Barmherzige, Vater, Sohn und Heiliger Geist."
Und darauf sag ich: „Amen - so sei es!"

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SWR2 Zum Feiertag

Uwe Beck im Gespräch mit Karl Kardinal Lehmann

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Beck:

Herr Kardinal Lehmann, wir feiern Christi Himmelfahrt. Was genau feiern denn die Christen an Christi Himmelfahrt? 

Lehmann:

Zunächst muss man einmal klar sagen,  dass Auferstehung und Himmelfahrt im Kern dasselbe sind. Es sind verschiedene auseinandergelegte Phasen des einen Geschehnisses. Gemeint ist das, was die Bibel mit einem anderen, eigenen Wort bezeichnet, nämlich die Erhöhung. Erhöhung, dass der ungerecht Behandelte, der nicht im Tod geblieben ist, gerettet worden ist, bei Gott ist, und nicht nur das, sondern er sitzet zur rechten des Vaters, wie es in einer alten Sprache heißt schon vom Alten Testament her, und das heißt: Er ist auf der Seite Gottes und ist mit ihm auf derselben Höhe. Und deswegen die Rede von Christi Himmelfahrt. 

Beck:

Was feiern die Christen nicht? Welches Missverständnis könnte denn dieser Feiertag Christi Himmelfahrt provozieren? 

Lehmann:

Das schöne Wort von der Himmelfahrt reizt natürlich dazu, das auszumalen und auszugestalten. Die Religionen sind ja zum Teil sehr gesprächig, das es richtige Himmelsreisen gibt zu Gott mit verschiedenen Phasen und Stufen. Das alles ist natürlich nicht gemeint, denn im Kern ist es ein tiefes theologisches Wort. Man darf sich jetzt nicht einfach vorstellen - auch wenn das dann so geschildert wird - dass es dann einfach eine mit den Augen verfolgte Fahrt in den Himmel gewesen ist. Es geht nicht darum, dass damit ein bestimmtes Weltbild damit zugleich gerechtfertigt wird.

 Beck:

Es gibt sicher biblische Grundlagen für diesen Feiertag. Worauf kann sich die Kirche beziehen bei diesem Fest „Christi Himmelfahrt"?

 Lehmann:

Die biblischen Grundlagen sind zunächst mal nicht so eindeutig, denn solange man Himmelfahrt und Auferstehung eng zusammen sieht, dann ist auch die Zählung der Ereignisse danach unter Umständen anders. Also: Normalerweise wird gesagt: Die Zeit der Erscheinungen ist vorbei am 50. Tag, wo wir Pfingsten feiern. Dem steht gegenüber, dass es gleich am Anfang der Apostelgeschichte mit aller Klarheit heißt: „Ihnen (den Jüngern) hat Jesus nach seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass er lebt; vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen und hat vom Reich Gottes gesprochen." (Apg 1, 3) Also wir haben die 50 Tage von der Auferstehung bis Pfingsten, dann feiert man sozusagen kein eigenes Christi Himmelfahrtsfest. Oder aber dass man noch eine Zwischenphase einlegt und dann 40 Tage zählt. Die Zahl 40 hat natürlich eine gewisse Heiligkeit, das gibt natürlich einen gewissen Unterschied, aber das darf nicht darüber hinweg täuschen, dass im Kern, in der Substanz dasselbe gemeint ist: Jesus ist gerettet und geht endgültig zum Vater. Und die Bibel kann das auch in anderen Worten sagen, zum Beispiel wenn sie sagt: Er ist aufgestiegen, er ist zum Vater gegangen - es müssen nicht immer die Vakabeln „aufsteigen", „auffahren" sein, sondern eben diese letzte Rettung beim Vater und die Herrschaft mit ihm. Von daher gibt es eine gewisse Spannung der Angaben in der Bibel selber.

 Beck:

Seit wann feiern denn die christlichen Kirchen beziehungswiese die Kirche diesen Feiertag?

 Lehmann:

Ja, das ist eine spannende Frage, die sich aus dieser Situation ergibt der 40 und 50 Tage. Bis zum III. / IV. Jahrhundert hat man kein eigenes Himmelfahrtsfest gefeiert. Aber wir wissen zum Beispiel durch Pilgerberichte in Jerusalem, die berühmte Aetheria, dass also doch schon spätestens im IV. Jahrhundert vor allem im Westen ein eigenes Fest eingeführt wird - Christi Himmelfahrt. Manche Kirchen im Osten haben das nie gefiert bis heute, aber die westliche Kirche hat das extra hervorgehoben, natürlich sehr stark gefördert durch die Angabe in der Apostelgeschichte, dass er 40 Tage hindurch er ihnen erschienen ist. Das war natürlich eine starke Legitimation. Von daher also ist es dann in die ganze Tradition hineingekommen.

 Beck:

Welcher Unterschied besteht für einen Laien zwischen der Auferstehung Jesu und seiner Himmelfahrt zum Vater?

 Lehmann:

Ich würde eben  den Unterschied nicht zu sehr hervorheben, denn man muss also sagen, was sagt das eigentlich für uns heute, und da würde ich einfach mal sagen, Jesus ist trotz dieses schändlichen Todes nicht einfach verloren, er ist von Gott und vom Vater gerettet, er ist endgültig bei ihm, er ist erhaben über den Himmel, er ist erhaben über Zeit und Raum, und - deswegen heißt das auch Himmelfahrt - er nicht mehr den irdischen Daseinsformen unterworfen, die wir in Raum und Zeit natürlich sehen, und er ist so in eine neue Herrschaft beim Vater gekommen, und diese Herrschaft ist auch nicht mehr zu verstehen mit unseren irdischen Vorstellungen, es ist, so möchte ich sagen, die Herrschaft der suchenden Liebe, einer neuen Form von Herrschaft, und das bedeutet dann auch Dienst, und insofern ist es eine neue Form von Herrschaft. Man darf auch ein weiteres Missverständnis nicht pflegen, dass nämlich die Himmelfahrt als ein Weggehen Gottes von dieser Erde, und ein Verachten irdischer Wirklichkeit gemeint sein könnte. Dafür hat die Fassung bei Lukas eine ganz wunderbare Pointe, wo er sagt: „Ihr seid Zeugend dafür" (Lk 24, 48), nämlich die Jünger, die zurückbleiben, und sagt: „Bleibt in der Stadt, bis ihr eine Kraft aus der Höhe erfahrt." (Lk 24, 49) Und dann heißt es sehr schön: „Dann erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben." (Lk 24, 51) Er geht, und zugleich segnet er. Und deshalb ist an unseren gotischen Kathedralen wunderschön, wenn man die Bilder von der Himmelfahrt sieht, Jesus ist der Welt und der Erde zugewandt, und das deckt sich auch gegenüber einem falschen Verständnis, in das man sich manchmal eingeschlossen hat, als ob dies alles gewissermaßen nur Ausdruck einer Sehnsucht in das Jenseits wäre. Den Männern wird ja auch in der Apostelgeschichte gesagt, sie sollen nicht zum Himmel empor sehen und dem davon gehenden Jesus nachgaffen. Da heißt es in der Apostelgeschichte: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen." (Apg 1, 11)

 Beck:

Dann hat ja der Feiertag Christi Himmelfahrt auch etwas überraschend Tröstliches für Menschen von heute?

 Lehmann:

Ja, ich glaube, wenn man da so versteht, dass es die Herrschaft der suchenden Liebe ist, dann besteht auch sogar eine besondere Zuwendung zur Welt, in dem ihr eben die Kraft von oben und ein Leben, das nicht zerstört wird, zugesagt werden.

 Beck:

Nun steht Christi Himmelfahrt in der Tradition kirchlicher, christlicher Feiertage, die heute von Menschen genutzt werden für Hobbies, die darin geradezu aufgehen. Wie kann es der Kirche gelingen, die kirchlichen Feiertage, auch Christi Himmelfahrt, wieder neu inhaltlich zu beleben?

 Lehmann:

Es ist kein leichter Weg heute, weil uns der Zugang zu so etwas wie Himmel oder Ewiges Leben ziemlich verschüttet ist, man muss das erst wieder frei schaufeln und zeigen, was das eigentlich bedeutet, dass wir dadurch auch mehr echte Zuwendung zur Welt haben, wenn wir uns nicht in sie einfach verkrallen und sie als etwas Absolutes erfassen, sondern wissen, dass Leben Gottes, das aus sich genommen werden kann, kommt auch in unsere Welt, kommt auch in das bitterste Elend letzten Endes. Aber es kommt natürlich vorläufig, unvollkommen, in kleinen Dosen, und deshalb ist es glaube ich ein sehr realistisches Fest, von dem ich überzeugt bin, dass wir es neu entdecken müssen.

 

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SWR2 Wort zum Sonntag

Zweimal in einem Monat hat die hl. Hildegard von Bingen Schlagzeilen gemacht. Am 10. Mai 2012 hat der Vatikan eine Erklärung veröffentlicht, dass die hl. Hildegard von Bingen in den Gesamtkalender der Heiligen aufgenommen und damit in der ganzen Weltkirche verehrt werden kann. Es gab bald nach ihrem Tod im Jahr 1179 verschiedene Formen ihrer Verehrung, zuerst mehr im lokalen und regionalen Umkreis, schließlich in allen deutschen Diözesen. Aber ein förmliches Verfahren zur Heiligsprechung, wie es sich im Mittelalter immer stärker herausbildete, und erst recht einen rechtlich strukturierten Prozess mit Abschluss in Rom, dies vor allem ab dem 16. Jahrhundert, gab es für Hildegard aus sehr verschiedenen Gründen nicht. Die Erklärung vom 10. Mai 2012, ihre Verehrung gelte in der ganzen Weltkirche, hat nun endgültig Klarheit geschaffen. Der Papst selbst hat ihre Heiligkeit erklärt, ohne dass ein eigener Prozess dafür aufgerollt werden musste.
Der ganze Hintergrund dieser Erklärung weltweiter Verehrung vom 10. Mai 2012 ist aber nun erst an Pfingsten, also am 27. Mai 2012, deutlich geworden, als Papst Benedikt XVI. die hl. Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin erhoben hat. Denn die Erhebung eines Heiligen in den Rang eines Kirchenlehrers hat nach der gegenwärtigen Regelung in der Kirche eine förmliche Heiligsprechung zur Voraussetzung, die ja nur durch den Papst selbst und heute in der Regel durch einen förmlichen Prozess erfolgen kann. So ist durch die an Pfingsten erfolgte Mitteilung des Papstes selbst erst vollends klar geworden, warum am 10. Mai die Verehrungswürdigkeit der hl. Hildegard für die Weltkirche eigens festgestellt worden war. Eine eigene Auszeichnung besonders von Theologen gibt es in der Kirche des Westens und des Ostens schon in früher Zeit. Große Heilige, die auch eine hohe theologische Autorität darstellen, waren besonders die Heiligen Augustinus, Ambrosius, Gregor der Große und Hieronymus im Westen, Basilius der Große, Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomus und Athanasius im Osten. Aber der Begriff des Kirchenlehrers ging allmählich über die Grenzen des Altertums und damit der „Kirchenväter" hinaus, vor allem durch das Ansehen der großen Theologen des Mittelalters: Anselm von Canterbury, besonders Thomas von Aquin, Bonaventura u. a. So zählte man bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil gut dreißig Kirchenlehrer.
Im Jahr 1970 kam es jedoch zu einem großen Einschnitt, als nämlich Ende des Jahres zuerst die hl. Katharina von Siena und dann die „große" Teresa (von Avila) durch Papst Paul VI. als erste Frauen zu Kirchenlehrerinnen erhoben worden sind. Das Eis war gebrochen. Im Jahr 1998 fügte Papst Johannes Paul II. die sogenannte „kleine" Theresia vom Kinde Jesu (von Lisieux) als dritte Frauengestalt unter den Kirchenlehrern hinzu. Die hl. Hildegard von Bingen ist nun die vierte Frau unter den Kirchenlehrern, eine wahre Kirchenlehrerin, die als einzige aus dem mitteleuropäischen, ja germanischen Sprach- und Kulturraum stammt.
Im Übrigen wird Benedikt XVI. am 7. Oktober 2012, wenn er die Erhebung feierlich in Rom vornimmt, auch einen spanischen Theologen als Kirchenlehrer verkünden, nämlich den „Apostel Andalusiens", Juan d'Ávila, Johannes von Avila, der ganz anders als Hildegard zu Beginn der Neuzeit (1499-1569) lebte. Der Papst sieht in beiden Heiligen besondere Lichtgestalten für eine „Neuevangelisierung" durch das Zeugnis eines lebendigen Glaubens. Der 7. Oktober ist gewählt, weil an diesem Tag die Weltbischofssynode zum Thema dieser Neuevangelisierung in Rom beginnt und wenige Tage später, am 11. Oktober, das vom Papst ausgerufene „Jahr des Glaubens" seinen Anfang nimmt.
Nach dieser seit Monaten durch viele Gerüchte zu vermutenden, jetzt aber geklärten Entscheidung wird es in nächster Zeit besonders darauf ankommen zu zeigen, warum vor allem die hl. Hildegard, die bald auch Prophetin aus Deutschland oder vom Rhein genannt wurde, auch für uns heute eine „Kirchenlehrerin" ist.

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SWR3 Gedanken

Es ist ein bisschen wie in einer anderen Welt: das Pfingsttreffen der Pfadfinder. Seit ein paar Jahren gehört Georg dazu und immer zu Pfingsten treffen sie sich mit anderen Gruppen, schlagen auf einer großen Wiese ihre Zelte auf, unternehmen Schnitzeljagden durch den Wald und singen abends am Lagerfeuer ein Lied nach dem anderen aus der „Mundorgel". Zwischendurch gibt es gegrillte Würstchen und Stockbrot. Für Georg und die anderen ist das Zeltlager jedes Jahr ein besonderes Erlebnis. Selbst dann, wenn es tagelang nur regnet. Das ist ihnen egal. Hauptsache, sie sind zusammen und haben ihren Spaß. Auch ohne Laptop und Handy, denn im Lager gibt es keinen Empfang.
Beim Pfingsttreffen leben sie ganz selbstverständlich ihre Freundschaft. Einer hilft dem anderen, ohne danach zu fragen, ob das irgendwelche Vorteile für einen bringt. Im gemeinsamen Spielen können sie ihre Kräfte messen und ihre Grenzen kennen lernen. Und hier macht selbst Verlieren Spaß. Jeder versteht, dass es bestimmte Regeln geben muss, damit das Zusammenleben klappt. Und jeder versteht: Nur gemeinsam kommen wir weiter und können etwas bewegen. Und genau das ist es, was wir an Pfingsten feiern. Diesen Zusammenhalt, diesen Geist. Und der ist auch etwas für das richtige Leben, wenn die Pfingsttage längst vorbei sind. So einen Zusammenhalt, so einen Team-Geist hat Jesus gewollt: dass Menschen füreinander da sind. Ohne Wenn und Aber. Und wie es jeden einzelnen beflügelt, wenn alle zusammen etwas bewegen und verändern können. Nicht nur im Zeltlager, auch zuhause. In der Familie, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft. Probieren Sie es doch einfach mal aus!

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SWR1 Begegnungen

begegnungen > frankjoachim.jpg

Teil 1. Kommunikation und Kirche


Ich hole Joachim Frank vom Bahnhof auf. Dort steigt er gerade aus dem Zug. Unter dem einen Arm stapelweise Zeitungen. In der freien Hand einen Roller. So komme er schneller über lange Bahnsteige und durch Innenstädte. Er hat wenig Zeit und so kommen wir schnell ins Gespräch. Und ich kriege mit: Joachim Frank übt den Spagat. Täglich. Dabei ist kein Turner, sondern Journalist. Und trotzdem stimmt das mit dem Spagat. Denn Frank arbeitet in Köln, ist aber zuständig für Zeitungen in Berlin und Frankfurt. Und ist studierter Theologe. Was ebenfalls mit einem Spagat verbunden ist: 

Ich bin praktizierender Katholik, ich gehe zur Kirche. Das wissen die Kollegen wiederum. Das hat natürlich innerhalb der Redaktion Folgen, weil man auch teilweise als derjenige verhaftet oder in Anspruch genommen wird, der da von der Kirche ist. Ich bin nicht von Kirche, aber ich fühle mich dem Laden zugehörig.  

Er erzählt, dass er Theologie studiert, in der Kirche gearbeitet hat. Dann aber wollte er sich neu orientieren. Und hatte Glück:

Damals war noch die Zeit, wo das so gerade noch funktioniert hat, wenn man gesagt hat: Ich mach mal irgendwas mit Medien. Einerseits weil mich das immer schon gereizt hat, mit Sprache zu arbeiten. Auf der anderen Seite habe ich auch gemerkt, dass beide Tätigkeitsfelder durchaus miteinander zu tun haben. Nämlich es geht immer im Wesentlichen um Kommunikation.

 Kommunikation, das heißt: Sprechen können. Etwas zur Sprache bringen können. Und genau das will ja auch die Kirche. Sie will im letzten Gott zur Sprache bringen - und Menschen für die Sprache Gottes öffnen. Und doch macht Frank deutlich, dass Kirche und Medien auch Wesentliches unterscheidet.

 In den Medien, in den privaten Medien geht es ja doch immer auch um wirtschaftlichen Erfolg letztlich, also man ist da ganz anderen Kriterien und Bewertungsmaßstäben dann noch mal ausgesetzt, als im Raum der Kirche, wo ja angeblich „Erfolg" nicht zu den Vokabeln Gottes gehört.

 Trotzdem: An Pfingsten erinnert sich die Kirche an eine Erfolgsgeschichte. Denn Pfingsten gilt als Geburtsfest der Kirche. Die ersten Christen gehen hinaus in die Welt, erzählen von ihrem Glauben - und haben Erfolg. Die Kirche: Das älteste Kommunikationsunternehmen der Welt. Frank sieht das ähnlich - aber er mahnt auch Nachbesserungsbedarf an.

 Unterdessen, glaube ich, hat sich die Kirche gerade in unseren Breiten eben sehr gut damit eingerichtet, dass sie doch die Meisterin der Kommunikation und das älteste Kommunikationsunternehmen der Welt ist, aber kommuniziert oft nicht mehr so ganz auf der Höhe der Zeit oder hat sich eben zurückgezogen so auf ihre bestimmten Sprach- und Deutungsmuster.

 Frank verfolgt sehr genau, wie die Kirche in der modernen Medienwelt handelt. Und er macht sich Gedanken, was Kirchenfrauen und -männer von Journalisten und vom Mediengeschäft lernen können.

 Bei vielen wäre das, würde ich mal sagen, so eine unvoreingenommene Neugier auf alles, was so auf einen zukommt.

 Die Neugier gilt gerade im Bereich der Medien. Frank sieht mit Spannung, wie die Kirche neue Medien nutzt, wie sie mit ihnen umgeht. Kirche im Netz, Kirche auf Facebook. Hier sieht Frank vor allem ein Problem.

 Die ganzen neuen Medien sind in erster Linie mal ein großer Demokratisierungsschub. Kanzelton, Predigt, Verkündigung oder gar lehramtliche Autorität spielt im Netz keine Rolle - da ist erstmal alles gleich.

 Teil 2. Glauben als Journalist

 Joachim Frank ist Journalist und Theologe. Beide, das erzählt er mir, als wir uns unterhalten, verbindet eines: Beide sind Übersetzer. Ihr gemeinsames Interesse:

 Dinge verständlich zu machen, plausibel zu machen, zu erklären, den Leuten nahe zu bringen.

 Eine schwierige Aufgabe, finde ich. Heute sind doch viele Zusammenhänge so komplex, dass die Übersetzung schwer fällt. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft: Auch Journalisten haben Probleme, hier den Überblick zu bewahren. Und Position beziehen zu können. Frank sieht das auch so, bemängelt aber, dass die Kirche oft vor ihrer Übersetzungsarbeit zurückscheut.

 Das ist, glaube ich, auch so ein Problem, dass viele Fragen in der Kirche zu schnell zu Glaubenswahrheiten erklärt werden. Davon gibt es tatsächlich ja nur ganz wenige. Und selbst die sind immer der Deutung bedürftig. Und das Verständnis ändert sich in der jeweiligen Zeit. Und da kommt es darauf an, das zeitgemäß für die heutige Zeit zu interpretieren.

 In unserem Gespräch, das erlebe ich mit Spannung, nimmt Frank immer wieder beide Seiten ein. Einerseits ist er praktizierender Katholik, und macht daraus kein Hehl. Andererseits sieht er die Kirche auch aus den Augen eines Journalisten. Nämlich kritisch.

 Was die Kirche betrifft und deren Vertreter betrifft, glaube ich, dass sie leicht in eine doppelte Falle zu gehen drohen, nämlich als Moralapostel oder Moralprediger herangezogen zu werden. Immer wenn so Ethikdebatten sind, dann ist plötzlich gefragt, was die Kirche dazu sagt. Die andere Falle ist, dass dann alles, was in der Kirche passiert, umso kritischer, umso misstrauischer und wohlmöglich umso hämischer beäugt wird.

 Mir kommt da natürlich der Missbrauchsskandal im letzten Jahr in den Kopf. Auch hierzu bezieht Frank ganz klar Stellung.

 Also, dass der Missbrauchsskandal einen derartigen Sturm gegeben hat, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Kirche, im Gegensatz zu Sportvereinen und anderen Institutionen, immer als diejenige aufgetreten ist, die besondere moralische Ansprüche formuliert, und dann muss sie sich dem natürlich auch in besonderem Maße stellen. 

 Ist es nicht auch deswegen, so wende ich ein, weil es eine große Sehnsucht nach Werten gibt? Nach Menschen und Institutionen, die authentisch sind? Die ehrlich sind und halten, was sie versprechen?

 Ja, es gibt natürlich diese Sehnsucht nach Werten als Ausdruck gelingenden Zusammenlebens. Und wenn man sieht, wie oft eben Zusammenleben scheitert, im zwischenmenschlichen aber auch im Gesellschaftlichen, ist klar, dass das als Defizit auch empfunden wird.

 Und wie hält es Frank selbst, will ich wissen. Sind seine Werte durch seinen Glauben beeinflusst?

 Ich wüsste jetzt nicht in meiner bisherigen beruflichen Arbeit, dass da explizit gläubige Standpunkte die Arbeit im Konkreten beeinflusst oder verändert hätten, sondern eben so eine Normbildung, die auf dem christlichen Fundament erfolgt.

 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Bagger rammt Brücke. Vollsperrung der A 5. Ein mit einem Bagger beladener Lastwagen beschädigt zwei Brücken zwischen Heidelberg und Eppelheim. " Bei der Meldung habe ich die Ohren gespitzt. Denn über diese Brücken fahre ich fast täglich mit dem Fahrrad. Mittlerweile sind sie abgerissen, und ich muss einen anderen Weg benutzen und Umwege in Kauf nehmen. Erst seit diese Verbindungen nicht mehr da sind, merke ich wie zentral und wie tragend sie im wahrsten Sinne des Wortes waren. Mit menschlichen Brücken ist das oft genauso. Wenn die Verbindung von Mensch zu Mensch unterbrochen ist, fällt es schwer, wieder aufeinander zuzugehen. Dann braucht es zuallererst Mut, Neues aufzubauen, Vertrauen in die ersten eigenen Schritte und in die des Anderen.
Es dauert eine Weile, damit eine neue Verbindung wachsen kann. Und da ist dann der Heilige Geist gefragt. Ich finde er ist so eine Art „Kommunikationsexperte". Oder nennen wir ihn doch „Profi für das Zwischenmenschliche". Auch „Brückenbauer" könnte passen. Das klingt am Anfang vielleicht ungewohnt. Aber Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, und wir Christen feiern, dass der Heilige Geist neue Beziehungen entstehen lässt. Dass Brücken von Mensch zu Mensch wieder möglich werden.
Die Bibel erzählt in ähnlicher Weise von den Wirkungen des Heiligen Geistes. Beim ersten Pfingsten ist es der Geist, der die Christen erfüllt und der in ihnen die Begeisterung entzündet. Plötzlich trauen sie sich, auf andere Menschen und Völker zuzugehen. Die Bibel spricht sogar davon, dass alle einander verstehen konnten. Gleichgültig aus welchem Land der Einzelne kommt und welche Sprache er spricht. Ich finde das ein wunderschönes Bild, das die Bibel da malt - zugegeben: es ist eine Idealvorstellung und ich weiß leider auch, dass die Realität oft weit davon entfernt ist. Aber ich bin mir sicher, dass auch heute noch etwas in Bewegung kommen kann. Dort, wo Menschen anfangen miteinander zu reden, versuchen, einander zu verstehen, da wirkt auch heute der Heilige Geist noch Wunder. Das Pfingstfest will uns daran erinnern, dass wir im Vertrauen auf die Kraft des Geistes unseren Beitrag leisten können, dass wir es wagen sollen, Brücken zu bauen. Der Heilige Geist als Brückenbauer, ja sogar als Brücke selbst. Zwischen Mensch und Mensch, und auch zwischen Mensch und Gott.

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SWR3 Gedanken

Was ist das eigentlich für ein Fest: Pfingsten? Haben Sie das schon mal jemandem versucht zu erklären?
An Pfingsten, also heute und morgen feiert die Kirche Geburtstag, wäre eine mögliche Antwort. Vor 2000 Jahren hat es angefangen, das mit der Kirche.
Der Anfang war wie eine Geburt: wenn heute ein kleines Kind auf die Welt kommt, dann löst das bei den Eltern, Großeltern und Freunden meistens große Begeisterung aus. Stolz berichtet dann der Vater, wie er mit dabei war bei der Geburt und die Nabelschnur durchschneiden durfte. Und ein wenig müde, aber glücklich hält die frisch gebackene Mama das Neugeborene auf dem Arm und wiegt es hin und her.
So begeistert waren auch die ersten Christinnen und Christen. Da war etwas entstanden, eine besondere Gemeinschaft, ein besonderer Geist. Alle waren begeistert von dem, was dieser Jesus ihnen erzählt hat und wie er mit Menschen umgegangen ist, mit denen sonst niemand etwas zu tun haben wollte. Wie er ganz selbstverständlich mit Gott redete, wie mit einem guten Freund. Wie er Menschen gesund gemacht und ihnen neue Hoffnung geschenkt hat. Ja, Jesus hat nicht nur von Liebe geredet, er hat sie gelebt und in die Tat umgesetzt. Und das wirkt weiter. Auch dann, als Jesus auf einmal nicht mehr da ist. Da sind die ersten Christinnen und Christen erst recht zusammen geblieben und haben weiter gemacht und haben das, was sie von Jesus gelernt haben, weiter erzählt und weiter gelebt. So sind die ersten christlichen Gemeinden entstanden. So gibt es die Kirche bis heute.
Naja, zugegeben: von der Begeisterung des Anfangs ist nicht immer was zu spüren. Aber sie ist da. Und vielleicht begegnen Ihnen ja gerade in diesen Tagen Menschen, die von der Sache Jesu immer noch begeistert sind.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Die Fahrt über die Autobahn zieht sich öde hin. Aus dem Radio singt mir Konstantin Wecker Mut zu. Es ist eines meiner Lieblingslieder, und weil ich gerade allein unterwegs bin, singe ich mit: „Es sind nicht immer die Lauten stark, nur weil sie lautstark sind. Es gibt so viele, denen das Leben ganz leise viel besser gelingt." Das Lied geht zu Ende, und ich schalte ab. Irgendwann merke ich, dass mir diese Zeilen als Ohrwurm hängen geblieben sind, ich summe sie immer noch.
Auf der Straße sind mir die natürlich lieber, die die Stärke des Motors nicht mit der Stärke des Fahrers verwechseln. Aber auch im richtigen Leben beeindrucken mich Menschen, die ihre Stärke nicht von irgendwelchen Rollen oder Ämtern oder Statussymbolen leihen, sondern aus eigenen Quellen ziehen. Ich denke zum Beispiel an Emmi, die Köchin. Sie war fast 40 Jahre lang der gute Geist in einer großen Werkskantine, und sie sah jedem an, wenn er Kummer hatte oder Magenschmerzen. Dann machte sie Tee oder brachte eine Tablette. Ich denke an Jörg, der mehrfach behinderte Kinder unterrichtet und nebenbei auch noch so was wie ein Sozialarbeiter ist. Ich denke an die Anwältin, der es mehr um die Versöhnung der Parteien geht als um einen einträglichen Rechtsstreit. Ich denke an den Bankberater, der zuerst an die Bedürfnisse des Kunden denkt und dann an den Verkaufsdruck, unter dem er selbst steht. 
Ich glaube, dass solche leisen Kräfte am Ende mehr bewirken können als der lärmende Anspruch politischer oder wirtschaftlicher oder moralischer Macht. Ich weiß allerdings, dass ich an diese leise Stärke besonders dannherankomme, wenn ich auf meine Eitelkeit verzichte. Das geht nicht von jetzt auf gleich. Aber Schritt für Schritt, gleichsam milimeterweise, kann ich mich der Quelle meiner inneren Stärke nähern. So lange ich mich erinnern kann, sehne ich mich danach, mich nicht mehr fragen zu müssen, ob ich im Vergleich mit anderen auch gut genug bin und gut genug dastehe und mich gut genug darstelle. Auch heute bin ich nicht frei davon und werde es wohl nie werden. Aber es ist nicht mehr so wichtig für mich.
Christen haben gerade Pfingsten gefeiert, das Fest des Geistes, den man den Heiligen nennt. Für mich gilt ganz schlicht: Heiliger Geist ist, was mir leben hilft. Und wenn mir mal für einen Tag oder eine Stunde oder auch nur für einen Augenblick ‚das Leben ganz leise gelingt', dann ist das für mich eine Art Pfingsten. Auch wenn ich es nicht so nenne.

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