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SWR2 Wort zum Tag

13JAN2021
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Ich bekomme oft Post mit dem Aufkleber »klimaneutral«. Ich fahre Zug und lese, ich sei in diesem Zug „klimaneutral“ unterwegs. Ich benutze 2021 einen, wie es im Einband heißt „klimaneutralen Kalender“ – gefertigt aus „Papier aus verantwortungsvollen Quellen“.

Ich stutze bei so viel »Klimaneutralität«.Bei allen Anstrengungen für den Klimaschutz, die wichtig sind, kommt es mir doch so vor, als würde sich mit dem Etikett »klimaneutral« derzeit noch anderes verbinden. Nicht nur, dass ich motiviert werden soll, etwas mehr zu zahlen, wenn dieses oder jenes Produkt als »klimaneutral« gilt.

Wer durch seine Lebensweise den CO2 Ausstoß befördert – heißt es – wird mitschuldig am Klimawandel. Es geht also auch um Schuld – und in religiöser Sprache um Sünde.  Wer eine Klimasünde begeht, wird zum Klimasünder.

Ich fürchte, die proklamierte Klimaneutralität versteckt und verheimlicht hier manches. Denn sind meine Postsendungen wirklich ganz CO2 frei entstanden? Und ist der Transportweg bis zu meinem Briefkasten CO2 frei? Unvorstellbar. Das Gleiche gilt für Schienen, Triebwagen und Waggons der Bahn. Und werden in Städten, die sich als »klimaneutral« bezeichnen wollen, in Zukunft nur noch Menschen wohnen, die nicht mehr reisen und auch keine Lebensmittel aus anderen Ländern verzehren? Von Häusern, die dort gebaut werden und Autos, die dort verkehren – ganz zu schweigen. Ich finde, solcher Etikettenschwindel schadet dem Klimaschutz.
Dagegen gibt es eine Medizin: Ehrlichkeit.

Für Martin Luther war solche Ehrlichkeit des Menschen gegen sich selbst grundlegend. Er hat es so auf den Punkt gebracht: Menschen sind „zugleich Gerechte und Sünder“. Mit anderen Worten: Wir sind unvollkommene, fehlerhafte und auf Gnade angewiesene Wesen – und gerade als solche von Gott angenommen, nämlich gerecht vor Gott.

Wer darum weiß, finde ich, muss sich nicht aufblähen oder übertreiben – auch nicht mit seinen Leistungen im Klimaschutz.

Wer sich und Andere so erlebt – nämlich als zugleich Gerechte und Sünder – der ist ein Stück weit vor Heuchelei und Scheinheiligkeit geschützt.
Heißt konkret: Ich muss mir nicht vormachen, ich würde »klimaneutral« existieren.

Das geht nämlich gar nicht. Aber das geht: Sich Ziele setzen und etwas zum Klimaschutz beitragen, also CO2 Verbrauch reduzieren, gerne auch durch recycelte Briefumschläge.

Einen Beitrag leisten – um nicht mehr und nicht weniger geht es – ohne Übertreibung und Heuchelei. Wo das geschieht, überzeugt und animiert mich das.

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SWR1 Begegnungen

02JUN2024
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Kathrin Fingerle Foto: privat

Omas for Future, Teachers for Future, Science for Future – längst engagieren sich nicht nur Schülerinnen und Schüler für einen Wandel in der Klimapolitik. Mittlerweile gibt es auch Gruppen für alle, die nicht mehr zur Schule gehen. Eine davon ist Christians for Future. Kathrin Fingerle ist bei Christians for Future engagiert. Sie ist Pfarrerin in Sigmaringen und hat dort angefangen, sich neben ihrem Beruf für den Klimaschutz einzusetzen. Wie das kam?

 Also bei mir war es so, dass seit der Geburt unserer Kinder mich das Thema irgendwie immer mehr beschäftigt hat. Und dann habe ich tatsächlich irgendwas, wie „Fridays for Future und Christentum“ oder so in der Suchmaschine eingegeben und bin dann auf die Christians for Future gestoßen. Habe mit denen Kontakt aufgenommen und dann auch relativ schnell eine Ortsgruppe hier gegründet.

Aber braucht es wirklich so viele Untergruppen? Wäre nicht mehr erreicht, wenn sich alle Klimaaktivisten zu einer Gruppe zusammenschließen würden? Kathrin Fingerle glaubt: es ist sinnvoll, dass es eine christliche Version der „Fridays“ gibt, wie sie Fridays for Future gern abkürzt, denn:

…bei uns sind viele Personen in Gemeinden verankert und können dann in die Gemeinden auch hineinwirken. Und die „Fridays“ haben ja auch nicht den Fokus darauf, gerade in die Kirchenleitung auch hineinzuwirken oder gar in die Strukturen. Von daher find ich das schon eine gute Ergänzung.

Christians for Future wollen in ihren Gemeinden vor Ort etwas für den Klimaschutz tun und das Thema in den Kirchenleitungen stark machen. Das unterscheidet sie von anderen Gruppen. Aber Kathrin Fingerle ist auch überzeugt davon, dass sie als Christen und Christinnen etwas ganz Eigenes in die Klimabewegung mit einbringen können

Ich glaube, dass Christ:innen auch eine besondere Art von Hoffnung mitbringen können. Wir glauben, dass Gott die Erde geschaffen hat und uns liebt. Und ich glaube auch, dass Gott will, dass wir es schaffen, sozusagen, also Gott will nicht, dass die Erde leidet und dass die Menschen leiden

Ich höre oft als Vorwurf gegenüber Klimaschützern, dass sie gerade nicht Hoffnung verbreiten, sondern eher Angst schüren. Kathrin Fingerle ist klar, dass beides eng zusammenhängt. 

Also ich denke schon, dass Angst auf jeden Fall eine Rolle spielt. Also ich würde auch sagen, dass ich jetzt nicht ohne Angst bin. Ich glaub, das ist auch schwierig ohne Angst zu sein, wenn man sich wirklich ehrlich dem stellt, was das bedeuten könnte. Aber ich glaube nicht, dass das jetzt der Antrieb ist, sondern ich glaube, der Antrieb ist eigentlich eher Hoffnung, weil wenn man nur von Angst besetzt wäre, dann müsste man sich ja nicht mehr engagieren.

Und das man sich engagieren muss, davon ist Kathrin Fingerle überzeugt. Denn trotz allem Gottvertrauen: Die Klimakatastrophe wird nicht einfach durch ein Wunder von oben gelöst werden. Was aber tun? Persönlicher Verzicht, oder warten auf die großen Veränderungen durch die Politik? 

Wir sind auch privilegiert, weil wir uns ein Lastenfahrrad kaufen können, weil wir Bio oder Fairtrade Lebensmittel kaufen können. Und dass das so ist, ist eigentlich einfach nicht gut. (...) Eigentlich sollte es ja so sein, dass die Wahl, die die klimafreundlichste ist, auch die günstigste ist und die einfachste. Und das ist eben einfach nicht so.

Das ist ein großes Problem. Solange Klimaschutz ein Privileg ist, für das es Zeit und Geld braucht, fühlen sich viele davon abgeschreckt und überfordert. Mit dieser Ablehnung klarzukommen ist nicht immer leicht für die, die sich engagieren. Die Pfarrerin Kathrin Fingerle denkt, auch das ist etwas, womit Christinnen und Christen die Klimabewegung unterstützen können: Seelsorge.

Gerade zu unserer letzten Klimaandacht, da kamen nicht besonders viele Leute. Aber wir hatten hinterher das Gefühl, dass für die Leute war es wirklich gut und wichtig. Weil es eben auch Menschen waren, die sehr engagiert sind und die ja aber auch das Gefühl haben, sie sind so ein bisschen auf verlorenem Posten. Und seelsorgerlich war das, glaube ich, ganz wichtig. Diese Andacht.

Und weil sie gemerkt hat, das ist etwas, was Kraft gibt und wo Christinnen und Christen ihren ganz eigenen Teil zur Klimabewegung beitragen können, hat Kathrin Fingerle ein Buchprojekt mit ins Leben gerufen: Trösten, Hoffen, Handeln, heißt das Buch, dass sie gemeinsam mit einem katholischen Kollegen herausgibt.

 Was für mich eben wichtig war, war Menschen zu finden, die gemeinsam mit mir da unterwegs sein möchten, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Also hier vor Ort und bei Christians vor Future. Und dass man vielleicht auch mal was findet, was zu einem passt. Also ich hatte jetzt das Gefühl, eben dieses Buch da rauszugeben, das passt eben auch zu mir beim Beruf.

Sich als Christin einzusetzen für die Schöpfung: für die Pfarrerin Kathrin Fingerle ist das eine wichtige Aufgabe. Und dabei verbindet sie Klarsicht mit unerschütterlicher Hoffnung:

Also ich habe nicht die Illusion, dass wir in einer Welt leben werden, die so aussieht wie die heute. Aber ich hoffe, dass es eine Welt ist, in der wir eben auch gelernt haben, dass es anders geht und in der wir anders leben. In der wir wissen, dass Wachstum und Reichtum eben nicht das ist, worauf es ankommt. Und dass wir gelernt haben, das umzusetzen, was der eigentlich auch schon längst wissen

Meine Hoffnung wäre tatsächlich, dass Gott durch Menschen wirkt und Menschen dazu befähigt und auch beauftragt. Das wäre meine Hoffnung.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

30NOV2023
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Heute startet sie in Dubai: die 28. Weltklimakonferenz. Zum ersten Mal sollte diesmal sogar ein Papst dabei sein. Aber leider musste Papst Franziskus kurzfristig absagen, aus gesundheitlichen Gründen. Ich denke, er wird trotzdem Wege finden, sich zu Wort zu melden! Denn das Thema ist ihm enorm wichtig. Immer wieder hat er in den letzten Jahren eindringlich zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen.

2015 schon hat er als erster Papst ein Schreiben nur zum Thema Umwelt und Schöpfung veröffentlicht. Vor ein paar Wochen hat er dann nachgelegt, „Laudate Deum“ heißt sein aktuelles Schreiben. Es geht um das Lob auf die wunderbare Erde, die Gott uns geschenkt hat – und um die Verantwortung, die wir als Menschen für diese Erde haben.

Der Papst spricht Klartext, wenn er sagt: „Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor … Tatsache ist, dass Millionen von Menschen aufgrund der verschiedenen Folgen des Klimawandels ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Anstieg des Meeresspiegels, Dürreperioden und viele andere Phänomene, die den Planeten heimsuchen, haben etliche Menschen in Bedrängnis gebracht.“ (LD 5 / 10)

Natürlich kommt es vor allem auf die Politik an. Aber Papst Franziskus spricht auch jeden und jede einzelne von uns an. „Ich lade einen jeden ein, diesen Weg der Versöhnung mit der Welt, die uns beherbergt, zu begleiten und ihn mit einem eigenen Beitrag zu bereichern“ (LD 69), schreibt er. Ja, das will auch ich tun. Ich will in diesen Tagen, in denen in Dubai über das Weltklima beraten wird, auch wieder selbst überlegen: Was kann mein Beitrag sein, um unsere Erde zu bewahren? Kleine Dinge sind das: die Heizung etwas runterdrehen. Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen. Mal wieder in den Unverpackt-Laden einkaufen gehen. Ich träume davon und ich glaube fest daran: Wenn viele Länder und wenn viele Menschen mitmachen, dann ist diese Erde, Gottes Schöpfung doch noch zu retten.

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SWR1 Begegnungen

21NOV2021
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Jakob Blasel Copyright: Sven Brauers

Jakob Blasel kämpft für Klimagerechtigkeit und Menschenwürde

Begegnungen mit Christopher Hoffmann...

Und mit Jakob Blasel, der in seiner Heimat Kiel die erste Demonstration von Fridays for Future  mitorganisiert hat und zu den Gründern der Klimabewegung in Deutschland zählt. Das war 2018 und als Schüler steckte Jakob gerade voll im Vorabitur:

Ich hab mein Vorabi am Tag vor der ersten Demo geschrieben und kam so aus dem Mathe-Vorabi raus und hatte sechs Anrufe von irgendwelchen Fernsehteams verpasst und es war schon ein bisschen eine absurde Situation.

Es folgten viele Auftritte vor der Kamera in Talkshows. Auf Demos stand Jakob neben Greta Thunberg und seine Freizeit nutzte er komplett, um hunderttausende junge Menschen in Deutschland im Klimaschutz zu vernetzen. Jakob engagierte sich aber schon vor Fridays for Future. Sein Aha-Erlebnis war ein Dokumentarfilm, der zeigte wie Menschenrechte und Umweltstandards in der Textilindustrie verletzt werden:

Das hat mich irgendwie wahnsinnig beschäftigt, auch so dieser Zwiespalt zwischen: ich bin jung und hab wenig Geld und möchte aber eigentlich nachhaltiger und bewusster leben und ich möchte eigentlich nicht, dass Leute ausgebeutet werden, dafür dass ich mir ein billiges T-Shirt kaufen kann.

Jakob stellt von da an seinen Konsum um: mit fairer Kleidung oder Second-Hand-Artikeln versucht er konsequent bei sich anzufangen. Ihm wird in dieser Zeit aber auch klar: Wirklich ändern kann sich nur etwas, wenn der Kampf für Menschenrechte und Umweltstandards politisch angegangen wird, zum Beispiel mit einem Lieferkettengesetz und der Einhaltung der Klimaziele. Jakob wird zum Aktivist. Dabei hat ihn- so glaubt er rückblickend – auch sein katholischer Glauben und sein Engagement in der Kirchengemeinde geprägt:

Ich hab viel Zeit in der Kirche verbracht und mich hat das natürlich geprägt dieses Selbstverständnis von Nächstenliebe, von globaler Solidarität. Deswegen kommt da glaub ich viel zusammen, was ich persönlich wichtig finde und wofür ich brenne. Natürlich sind auch schon Menschen hier in Deutschland betroffen, das merken viele Bäuerinnen und Bauern, gerade mit trockenen Feldern, das merken die Menschen, die von der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz betroffen waren, aber auf der anderen Seite, hat das auch viel mit globaler Solidarität zu tun, weil am schlimmsten betroffen aktuell sind Menschen in Ländern des globalen Südens - und das muss uns immer wieder vor Augen geführt werden, wenn wir von globaler Gerechtigkeit reden: das geht nicht ohne konsequenten Klimaschutz.                                               

Und dabei ist er auch inspiriert von dem Heiligen für die Schöpfung überhaupt, von Franz von Assisi. Der hoffte wie Jakob auf Reformen – in Kirche und Welt:

Ich komme tatsächlich ursprünglich auch aus der Gemeinde Franz von Assisi, so heißt unsere Pfarrgemeinde und ich war auch schon in Assisi: Diese Überlegung, dass eben alle Menschen das Recht haben gut zu leben, dass wir auch immer wieder hinterfragen müssen - das ist ja auch eine Idee von Franz von Assisi, die Kirche neu aufzubauen -  dass wir immer wieder hinterfragen müssen, ob Strukturen wie sie jetzt gerade funktionieren überhaupt unserem Glück und Menschen dienen, ob sie unseren Überzeugungen dienen. Und vielleicht auch so dieses leicht Rebellische, das verbindet mich damit ein wenig.

Ich spreche mit Jakob Blasel, der zu den Gründern von Fridays for Future in Deutschland zählt und sich als junger Katholik in seiner Kieler Gemeinde engagierte. Heute steht er der Institution Kirche auch kritisch gegenüber. Aber er bleibt der Botschaft verbunden und hat Erwartungen an Kirche-auch im Bezug auf den Klimaschutz:

Es gibt das ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit und die setzen sich eben dafür ein einmal die gesellschaftliche Debatte rund um die Klimakrise eben auch in den Kirchen zu führen und es auch zu schaffen diese Bewahrung der Schöpfung immer wieder in den Vordergrund zu stellen. Und ich finde das ist auch eine Rolle, die Kirchen einnehmen können. Kirchen waren ja mal der Ort, wo über solche Zukunftsfragen und moralischen Fragen auch diskutiert wurde und das finde ich ist auch eine Verantwortung, die Kirchen mehr übernehmen können auch im Hinblick auf die Klimakrise.

Das Klima zu schützen bedeutet für Jakob immer auch Menschen zu schützen - die vielen in Afrika oder Ozeanien, die schon heute unter Dürren oder Überschwemmung leiden – und seine Generation in Deutschland, die mit den Folgen wird leben müssen. Klimaschutz ist für ihn kein Selbstzweck, sondern eine Frage von Sinn:

Ich glaube, dass wir alle eine Verantwortung tragen, dass wir alle danach streben können einen Sinn in unserem Leben zu finden und das finde ich schon was, was glaub ich viele Menschen bewegt - die Suche nach einem Sinn und einer Bedeutung im Leben. Und das ist glaub ich letztendlich auch das, was Gesellschaft prägt.

Um unsere Gesellschaft politisch mitzuprägen hin zu einer klimagerechten Welt, kandidierte der 21-jährige vor zwei Monaten auch für die Grünen im Bundestag.  Auch wenn sein Listenplatz am Ende nicht gereicht hat, so nimmt er doch wichtige Erfahrungen aus diesem Wahlkampf mit:

Ich war ja auch viel in meinem Wahlkreis unterwegs. Und das ist einfach schon sehr spannend welchen Menschen ich da überall begegnen durfte, mit welchen Unternehmen und Initiativen ich da gesprochen hab und wirklich zu verstehen, was in so einer Region gerade alles vor sich geht. Also das hat mich auf jeden Fall sehr geprägt und mein Respekt vor Menschen, die wirklich Verantwortung in diesem Land tragen, ist seitdem stark gewachsen und gleichzeitig entbindet das ja niemanden davon auch schwere Entscheidungen zu treffen.

Entscheidungen, die den jungen Politiker und Aktivisten, der nun erst mal Jura studiert, weiterhin umtreiben, weil die Zeit drängt:

Es ist einfach so, dass wir Tag für Tag uns immer mehr daran annähern Kippelemente zu überschreiten, also unüberwindbare Punkte, wo sich die Klimakrise verschärft. Wir können noch was tun und das ist wichtig, weil sonst erstarren wir in Angst und Handlungsunwillen, aber das was wir tun, das muss entschieden sein, das dürfen keine halben Sachen sein: in jeder Institution, in jeder Firma, in jedem Staat.

Jakob, der in seiner Freizeit als Leistungssportler gerne Langstrecke läuft, wünsche ich viel Ausdauer bei seinem Kampf für mehr Klimagerechtigkeit. Und mich hat er mit seiner gewinnenden Art neu motiviert, in diesem Marathon gegen die Klimakrise mit loszulaufen. Denn gewinnen können wir ihn nur gemeinsam.

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SWR1 Begegnungen

05FEB2023
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Eckart von Hirschhausen Foto: Julian Engels

… und mit Eckart von Hirschhausen. Man kennt ihn. Als Arzt und Komiker, als Fernsehmoderator. Ich treffe ihn in Ulm. Nach einem seiner letzten Bühnenauftritte als Kabarettist. Seine Zeit und sein Engagement will er künftig den Themen seiner Stiftung[1] widmen: gesunde Menschen auf einer gesunden Erde. Eckart von Hirschhausen will aufrütteln und aufmerksam machen. Auf die dramatischen Folgen des Klimawandels. Weil er das Gefühl hat: Wir haben es immer noch nicht kapiert. Seine letzte Bühnenshow trägt nicht ohne Grund den Titel „Endlich!“.

Ich hatte vorher viele Programme gemacht, über den menschlichen Körper, zur menschlichen Seele, zu Glück, zu Liebe, zu Wundern. Und dann dachte ich: So, jetzt mal an das dickste Brett, nämlich unsere eigene Endlichkeit, unsere Sterblichkeit. Und eng damit verbunden ist für mich auch, dass mit dem Nicht-akzeptieren-Wollen, dass wir endlich sind, wir ja auch die Erde ruinieren. Wir glauben, es gibt unendlich viele Ressourcen. Und es gibt eben genau das Gegenteil. Weil wir eine spirituelle Leere haben, die mit Hyper-Konsum versuchen zu füllen, und damit die Situation eben immer bedrohlicher wird.

Dass wir bereits in einer extrem bedrohlichen Situation sind – und zwar hier in Deutschland - ist für Eckart von Hirschhausen längst klar.

Mit dem Ahrtal, mit einem Dürre-Sommer, mit brennenden, Wäldern, die alle lokalen Feuerwehren überfordern, mit Missernten, mit einem Rhein, einer Lebensader, die plötzlich austrocknet. Also die Zeichen sind alle da und trotzdem denken wir immer noch: Ja, das war jetzt ein Jahrhundertereignis und hoffen, wenn es einmal im Jahrhundert schon mal so war, dann reicht es ja, dann kommt es auch nicht wieder.

Ist das tatsächlich der Grund, warum viele bis heute den Klimawandel nicht richtig ernst nehmen?

Ich glaube, dass wir bislang die falschen Geschichten erzählt haben. Wir haben immer gesagt, Klimakrise ist ein Problem von Eisbären oder von mir aus auch von Inselstaaten, die überschwemmt werden. Wir haben immer so getan, als wenn wir das irgendwie aus Liebe zu der Natur oder zu Menschen im globalen Süden machen müssten. Die sind viel, viel härter getroffen als wir jetzt, aber jeder Mensch auf dieser Erde, auch in den reichen Ländern, wird leiden.

Mit einem simplen Beispiel macht Eckart von Hirschhausen klar, warum unser System Erde in Schieflage geraten ist:

Solange in unserem Wirtschaftssystem ein Baum mehr wert ist, wenn wir ihn in Bretter zerschneiden, als wenn er mit Wurzeln und Blättern wachsen kann, so lange werden Bäume gefällt. Das heißt, wir haben auf eine kuriose Art den Wert der Schöpfung vergessen wertzuschätzen. Und damit sind wir alle in einem Hamsterrad gefangen, wo eben nicht mehr der Jutebeutel den Unterschied machen kann, sondern nur eine wirksame Klimapolitik.

Eckart von Hirschhausen ist Arzt und Fernsehmoderator. Und engagierter Kämpfer gegen den Klimawandel und für eine gesunde Erde. Denn von deren Zustand hängt auch unsere Gesundheit ab.

Es gibt biologische Grenzen, aus denen wir als Menschen uns nicht befreien können. Und die liegen in unserer Körperlichkeit. Also wir bestehen aus Eiweißstoffen, die bei 42 Grad ihre Struktur ändern. Und dann denkt man, das ist aber sehr theoretisch, dann sage ich: Nein. Jeder hat doch schon mal ein Ei gekocht.

Was er dann erzählt, erschreckt mich. Denn: Ein Ei wird hart, wenn man es in warmes Wasser legt, da reichen gute 40 Grad schon aus.

Das heißt, dieses Ei hat irreversibel, unumkehrbar für immer seine Struktur verändert. Warum erzähle ich das? Woraus besteht ein Ei? Aus Wasser, aus Fett und aus Eiweiß. Woraus besteht unser Hirn? Aus Wasser, aus Fett und aus Eiweiß. Aus exakt den gleichen Baustoffen. Mit genau den gleichen biologischen und physikalischen Grundgesetzen. Die sind nicht verhandelbar.

Das ist der wissenschaftliche Blick. Doch es gibt noch einen zweiten. Der hat mit seiner Geschichte zu tun. Hirschhausen kommt aus einer Pastorenfamilie. Seine Vorfahren waren über mehrere Generationen hinweg Pfarrer im Baltikum.

Wir müssen diese Schöpfung bewahren, und zwar nicht aus Übereifer oder aus Moral, sondern weil wir Menschen davon abhängen. Und ich glaube, dass diese Idee, dass die Erde eigentlich ein Lebewesen ist, dass wir leben, weil es anderes Leben gibt - die Erde mit den verschiedenen Lebensformen auch als beseelt wahrzunehmen, das ist etwas, was ganz wichtig ist, weil wir können nur schützen, was wir schätzen.

Es kommt also nicht von ungefähr, wenn Eckart von Hirschhausen eine ganz konkrete Vorstellung davon hat, welche Rolle die Kirchen bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen müssten.

Ich träume davon, dass jede Kirche in jedem Dorf Solarpanels auf dem Dach hat. Ich träume davon, dass jede kirchliche Einrichtung eine pflanzenbasierte Küche hat, also dass wir endlich aufhören, Billigfleisch in jedem Kita-Hort, in jedem Krankenhaus anzubieten. Das ist echt unchristlich, dieser Pamp.

Und er träumt davon, dass die Kirchen auf den Gedanken der Nächstenliebe noch etwas draufpacken. Dafür hat er ein neues Wort kreiert. Er sagt: Es braucht die Über-Nächstenliebe:

Über-Nächstenliebe bedeutet über Grenzen hinweg auch Menschen mit in die Empathie mitzunehmen, die weiter weg sind. Und Über-Nächstenliebe im Sinne von: Die Generationen, die kommen sollen - wir haben diese Erde halbwegs heil übernommen, wir sollten sie nicht in deutlich schlechterem Zustand weitergeben, als wir sie empfangen haben.

Zum Abschluss unseres Gesprächs frage ich Eckart von Hirschhausen, was ihn mehr antreibt, der Wissenschaftler in ihm oder der Christ. In seiner Antwort höre ich beide – und einen Kabarettisten, der es sehr ernst meint:

Es gibt einen Himmel und eine Erde. Und jede Tonne CO2, die wir da hochpusten, uns unsere eigene Luft dreckig machen und uns selber die Hölle machen - im wahrsten Sinne - erfüllt das, was im Vaterunser steht, nämlich wie im Himmel, so auf Erden. Also da können wir alte Weisheiten neu interpretieren und hoffentlich daraus auch Kraft schöpfen für die Veränderung, die jetzt ansteht.

 

[1]https://stiftung-gegm.de/

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SWR2 Wort zum Tag

31MAI2023
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„Die Geschwindigkeit, mit der das Sterben voranschreitet, hat mich doch sehr überrascht“, sagt Reiner Voß, Fotograf aus Kaiserslautern, als er seine Fotografien über den Klimawandel in der Pfalz zeigt. Und sie sind eindrücklich.

Über die letzten Jahre hinweg hat er dokumentiert, was Dürre, Hitze, Wasserknappheit mit Pflanzen und Landschaft in der Pfalz anrichten können. Und wie der Grundwasserspiegel inzwischen gesunken ist.

Ich sehe Fotografien von schwer geschädigten Bäume, toten Pflanzen, rissiger Erde, Flüsse und Seen, die früher Wasser führten und auf einmal ausgetrocknet sind wie der Jagdhausweiher bei Kaiserslautern im Frühsommer 2021.

Es ist ein Einführungsvortrag für den Beschluss eines Klimaschutzgesetzes auf der Landessynode der Ev. Kirche der Pfalz. Mit Betroffenheit sehe ich diese Bilder. Und mit ebensolcher Betroffenheit höre ich die Sorgen und Ängste vieler in der sich anschließenden Diskussion. Ich höre Unverständnis, dass immer noch nicht allen die Notwendigkeit des Klimaschutzes einleuchtet.

Ich höre die wütende Frage, welchen Sinn es macht, wenn ihn nur wenige und so viele andere nicht tun.

Und ich höre die Ratlosigkeit und Angst im Blick darauf, dass noch nicht klar ist, wie das alles, selbst bei bestem Willen, überhaupt gehen soll. Wenn die Kosten für Heizung und energetische Sanierung von Gebäuden so hoch sind, dass sie von vielen Gemeinden und auch als Privatperson gar nicht aufzubringen sind.

Auch ich teile diese Sorgen. In beiderlei Hinsicht. Aber nichts tun ist für mich keine Option. Es geht für mich da auch um Glaubwürdigkeit. Für mich als einzelnen Christen und auch für meine Kirche. Wenn wir jetzt keine Schritte unternehmen, um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, auch wenn dieser Beitrag im Blick auf das globale Ganze vielleicht nur gering erscheinen mag, würde uns als Christinnen und Christen und als Kirche irgendwann jede Predigt zur Erhaltung der Schöpfung als unglaubwürdig vorgeworfen werden. Und das zu Recht.

Bei allen Fragen und Sorgen in Bezug auf Kosten, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Umsetzung hat am Ende die Synode der Ev. Kirche der Pfalz auch so entschieden: Klimaschutz ist notwendig. Unbedingt. Der Weg dahin wird in jedem Fall nicht einfach. Aber es ist ein Anfang gemacht. Ein erster Schritt getan.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

08SEP2022
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Kinder sind klimaschädlich! So sagen es jedenfalls Forscher. Sie haben vier Empfehlungen für die reichen Industrieländer, die dem Klima helfen: Auto abgeben, nicht fliegen, sich fleischlos ernähren – aber an erster Stelle steht: weniger Kinder haben![1]  Weil der CO2-Ausstoß eines Kindes viel höher ist als alles andere, was wir tun.

Kinder sind klimaschädlich – das sagen auch die Anhänger der sogenannten Birth-Strike-Bewegung. Ein Gebär-Streik soll das Klima retten. Zahlen zeigen, die meinen das tatsächlich ernst: 10.000 junge Erwachsene auf der ganzen Welt sind gefragt worden. 40% von ihnen haben geantwortet: wir wollen keine eigenen Kinder wegen des Klimas[2].

Ich kann das schon nachvollziehen, dass junge Leute so denken. Ich sehe das an meinen eigenen Kindern. Eine Generation, die sich engagiert, diskutiert, auf die Straße geht. Denen sind das Klima und die Erde überhaupt nicht egal. Da ist ein viel stärkeres Bewusstsein für unseren Planeten da, als das in meiner Generation und der meiner Eltern der Fall ist. Nur ein kleines Beispiel: Meine Kinder waren in diesem Sommer mit den Pfadfindern unterwegs. Da wurde ausschließlich vegetarisch gekocht, im Rucksack biologisch abbaubare Zahnpasta. Sie haben die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen thematisiert und kurze Videos dazu gedreht; menschenwürdige Arbeit zählt zu diesen Zielen, Geschlechtergleichheit und das Thema Hunger. Mich beeindruckt das - und gleichzeitig erschreckt mich die Radikalität: keine eigenen Kinder wegen des Klimas. Da wird mir bewusst, welche Bürde wir der nächsten Generation auferlegt haben. Für mich ist die Gebär-Streik-Bewegung deshalb ein unüberhörbares Warnsignal!

Wir müssen gut überlegen, wie viele Menschen unsere Erde verträgt. Und wie wir eine Balance finden, die allen ein gutes Leben ermöglicht.

Dazu müssen Wohlstand und Wissen auf der Erde gleichmäßig verteilt werden. Dazu braucht es eine echte und faire Partnerschaft mit den Entwicklungsländern. Denn da wächst die Bevölkerung! Wenn es dort Bildung und medizinische Versorgung für alle gibt und sich eine tragfähige Wirtschaft entwickelt, dann ändert sich die Perspektive; und es werden automatisch weniger Kinder geboren.

Wir im Norden sind damit keineswegs aus der Verantwortung, im Gegenteil. Denn: Der CO2-Ausstoß eines Kindes hier ist so hoch wie der einer ganzen Schulklasse in den Entwicklungsländern! Der Grund: wie wir leben und was wir verbrauchen, das ist einfach zu viel und schadet dem Klima.

Ich weiß, dazu muss auch ich meine Gewohnheiten radikal hinterfragen. Um der nächsten Generation die Chance und die Hoffnung nicht zu nehmen. Dass auch sie auch noch eigene Kinder will.

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[1] https://sz-magazin.sueddeutsche.de/die-loesung-fuer-alles/birthstrike-blythe-pepino-gebaerstreik-87007

[2] https://www.zeit.de/green/2021-10/klimaangst-familienplanung-kinderwunsch-klimawandel-psychologie-emma-lawrance-interview/komplettansicht

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

24SEP2021
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Heute werden viele von ihnen wieder auf die Straße gehen: von den jungen Leuten von „Fridays for Future“, den „Freitagen für die Zukunft“. Es geht ihnen um die Zukunft unseres Planeten, die sehen sie bedroht durch die Klimakrise. Die Wissenschaft gibt ihnen recht: Unsere Erde erwärmt sich so stark, dass das Leben der Menschen auf ihr immer schwieriger und gefährlicher wird. In diesem Jahr haben wir das schon besonders erleben müssen: Furchtbare Brände gab es in Griechenland und der Türkei, in Afrika werden die Dürrekatastrophen immer schlimmer, und nicht zuletzt waren da die schrecklichen Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und bei uns in Rheinland-Pfalz. Ganze Häuser, die einfach weggerissen werden, Krater in der Erde, überflutete Straßen und zig Tote: So etwas kannten wir bisher nur aus fernen Ländern. Und jetzt passiert das mitten unter uns. Die Klimakrise ist längst in Deutschland angekommen.

In Europa, hab ich vor kurzem gehört, steigen die Temperaturen sogar dreimal so schnell wie im Rest der Welt. Es wird also sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir unter der Klimakrise zu leiden haben. Und nicht nur die jungen Leute müssen sich Sorgen machen. Vor kurzem hat eine Gruppe von älteren Leuten darauf aufmerksam gemacht: Ältere Menschen sind in den nächsten Jahren noch viel stärker von der Erderwärmung betroffen. Denn wer älter ist, kann die Hitze schlechter verkraften. Die Gefahr, dass der Kreislauf zusammenbricht, wenn die Temperaturen auf fast 40 Grad klettern, ist groß.

Ich bin dankbar dafür, dass die jungen Leute gegen die Klimakrise auf die Straße gehen. Dass sie uns Ältere aufrütteln. Für mich ist ihr Engagement nicht nur ein Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, sondern auch für die Nächstenliebe. Vielleicht geh ich heute sogar mit ihnen auf die Straße. Sicher aber werde ich die jungen Leute von „Fridays for future“ und die Klimakrise im Kopf haben, wenn ich am Sonntag mein Wahlkreuzchen mache. Denn auch dabei entscheiden wir über unsere Zukunft.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

15MRZ2021
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Heute vor zwei Jahren hat Fridays for Future zum ersten globalen Klimastreik aufgerufen. Fast zwei Millionen Schülerinnen und Schüler haben damals weltweit für einen Wandel in der Klimapolitik demonstriert.
Was danach kam hat mich beeindruckt. In den darauffolgenden Wochen und Monaten sind immer mehr Jugendliche auf die Straße gegangen. Und sie haben andere mitgezogen: Studierende, Eltern, Wissenschaftler*innen und sogar die Kirchen haben sich angeschlossen. Das ganze Jahr haben die Demonstrierenden uns und der Politik damit Spiegel vorgehalten: So, wie wir im Moment leben, darf es nicht weitergehen!

Aber dann kam im letzten Jahr Corona und auf einmal ist es still geworden um Fridays for future und die Fragen der Klimapolitik. Klar, durch die Corona-Krise zu kommen, ist für die meisten von uns gerade viel drängender. Aber: der Klimawandel macht keine Corona-Pause.

Das ist längst nicht mehr zu leugnen. Ich sehe es gewissermaßen direkt vor meiner Haustür: Immer mehr Waldflächen werden hier gerodet, weil die Bäume nach drei Dürresommern einfach vertrocknet sind.
Mir als Christin tut das in der Seele weh. In der Schöpfungsgeschichte der Bibel heißt es: wir Menschen sollen die Erde bebauen und bewahren. (1 Mose 2,15). Das bedeutet: Wir sind verantwortlich für unseren Planeten.

Deshalb versuche ich alles für die Umwelt zu tun was mir im Kleinen möglich ist: Ich fahre mehr mit dem Rad und verzichte, so gut es geht, auf Einwegprodukte. Und ich sehe in meinem Umfeld: ganz viele andere machen das auch. Das ist gut. Aber ich fürchte damit retten wir nicht das Klima.

Um Gottes Schöpfung wirklich für die Zukunft zu bewahren, braucht es Entscheidungen „im Großen“.  Menschen in den Regierungen weltweit müssen  sich zu umfangreichen, echten Klimaschutzmaßnahmen durchringen.  

Deshalb bleibt es wichtig, dass Fridays for future und alle, die mit ihnen kämpfen, weiter laut sind und auf die Klimakrise aufmerksam machen.

An diesem Freitag ist es wieder so weit. Zwei Jahre nach dem ersten Streik findet wieder ein weltweiter Klimastreik statt. Und ich will dabei sein. Für’s Klima, für den Wald vor meiner Haustür, für Gottes Schöpfung.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

17JUL2024
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Vor etwas mehr als einer Woche sind Klimaaktivisten auf den Turm des Ulmer Münsters geklettert und haben in 70 Metern Höhe ein Transparent entfaltet mit der riesengroßen Aufschrift: „Wäre Jesus Klimaaktivist?“

Das wäre er, würde ich sagen. Alles, was wir aus den biblischen Schriften über Jesus erfahren, weist darauf hin, dass er ein sehr politischer Mensch gewesen ist. Es ist also keine besonders steile These, wenn ich sage: Auch heute würde Jesus sich für mehr Gerechtigkeit einsetzen und für den Schutz der Schöpfung und auch des Klimas. Die spannende Frage dabei ist doch: Wie würde er das machen?

Wäre Jesus heute also wirklich Klimaaktivist? Wäre er nicht, würde ich sagen – jedenfalls nicht in dem Sinne, wie es die Kletterer vom Ulmer Münster sind. Ihre Aktion war provokant und aufrüttelnd - das war Jesus auch. Die Kletteraktion hätte aber auch Schaden verursachen können. Und sie war gefährlich: für die Kletterer selbst, aber auch für die Zuschauer und nicht zuletzt für die Einsatzkräfte, die extra ausrücken mussten. Deshalb hat der Dekan des Münsters auch Anzeige erstattet.

Und ich denke, hier wäre Jesus nicht dabei gewesen. Offenen Streit hat er nur mit denen gesucht, die ihre Macht mutwillig missbraucht haben. Alle anderen hat Jesus versucht, für sich und seine Sache zu gewinnen: Mit klaren Worten und immer unterwegs, um mit anderen auf Augenhöhe ins Gespräch zu kommen.

Und das vermisse ich persönlich bei der Aktion der Klimaaktivisten am Ulmer Münster: Die Augenhöhe. Und den Respekt vor dem Einsatz, den die Kirchen für den Klimaschutz bereits leisten: In den einzelnen Kirchengemeinden, von Ehrenamtlichen und auch in den Beschlüssen der Synoden und Kirchenparlamente . Die sagen heute glasklar: Es ist christliche Pflicht, sich für den Schutz der Schöpfung einzusetzen.

Mag sein, dass die Aktivisten vom Ulmer Münster recht haben, und dass wir Kirchen noch viel mehr tun müssten. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die heutigen Klimaaktivisten Jesus nicht unsympathisch gewesen wären. Aber sein Weg wäre wohl doch ein anderer gewesen: Nämlich zuallererst das Gespräch zu suchen und zu fragen: Was tut ihr bereits? Könnte es noch mehr sein? Und wie können wir an einem Strang ziehen?

Es gibt viele Wege, sich fürs Klima einzusetzen und aktiv zu sein. Und selbst, wenn wir uns bei den Methoden nicht immer einig sind, sollten wir das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren. Ganz nach einem Grundsatz von Jesus: Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40289
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