SWR2 Wort zum Sonntag

Weihnachten 2010 war genau das, was man sich unter „weißer Weihnacht" vorstellt. Die weiße Pracht ist schön. Sie schränkt uns aber auch ein. Wir haben erfahren, wie abhängig wir von der Natur sind: Flüge fielen aus, Züge kamen zu spät, Menschen sind buchstäblich auf der Strecke geblieben. Anschließend die Überschwemmungen. Auch wir modernen Menschen sind mit der Natur verbunden. Das zu erleben, führt uns tiefer: Wir haben die Natur nicht in der Hand, wir sind selbst ein Teil von ihr. Wir sind ein Teil der Schöpfung.
Heute geht in Berlin die Grüne Woche zu Ende. Auf der weltgrößten Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau präsentieren Aussteller ihre Neu­heiten. Wenn ich daran denke, wie Landwirte arbeiteten, als ich Kind war, kann man nur staunen, was sich alles entwickelt hat! Vieles hat sich professionalisiert; manches erleichtert die Arbeit. Es ist gut, die Natur zu nutzen. Das ist Gottes Auftrag an uns Menschen: die Schöpfung zu nutzen, aber nicht, sie auszunutzen. In diesem Jahr hat das Erzbistum Freiburg federführend die Präsenz der Kirche auf der Grünen Woche übernommen. Das Thema lautete „Fair-wandel dein Klima". Fair mit f,a,i,r. Wir erleben nicht nur in Australien und Bangladesch, wie Hochwasser katastrophale Schäden anrichten. Auch bei uns häufen sich ja die sogenannten Jahrhunderthochwasser; Schnee fällt in großen Massen; die sommerliche Hitze bringt oft Superlative. Unsere Erde verändert sich nachhaltig. Das lässt uns nach unserer Mitverantwortung für das Klima fragen. Auch wenn Naturwissenschaftler verschiedene Erklärungen haben, ist eins sicher: Der Klimawandel in der Natur ist nur durch einen Wandel im mensch­lichen Klima zu bewältigen: Klimawandel verlangt nach Klima­wandel. Wer als Lebensmotto hat „Schneller, höher, besser, mehr", der nutzt nicht etwa seine Lebenszeit optimal, sondern nutzt sich und seine Umwelt aus. Es braucht einen fairen Umgang mit unserer Umwelt und unserer Mitwelt. Solch ein Klimawandel ist eine große Herausforderung. Eine Heraus­forderung, die wir nicht alleine bewältigen müssen. Wir Christen glauben daran, dass Gott diese Erde geschaffen und uns anvertraut hat. Und mehr noch: Gott steht zu seiner Schöpfung. Bis heute. Er hört nicht auf, für uns zu sorgen; auch wenn es kritisch wird. Deshalb fassen wir Mut und machen uns daran, unseren Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten. Wir besinnen uns auf die Kräfte, die in uns stecken, die uns im Glauben geschenkt sind. „Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen", so sagte es Martin Luther.Hier zeigt sich eine unzerstörbare Hoffnung und eine tiefe innere Kraft, die der Glaube schenkt. Im Evangelium am heutigen Sonntag hören wir die Seligpreisungen aus der Bergpredigt von Jesus. Das sind kraftvolle Worte, die Mut machen - das Unmögliche zu wagen, und zugleich zu wissen, dass wir nicht alles alleine machen müssen: Gott ist bei uns! „Selig sind die, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden" (Mt 5,6), heißt es in der Bergpredigt. Die Seligpreisung der Hungernden und Dürstenden finden wir im Neuen Testament übrigens zweimal. Der Evangelist Lukas überliefert sie mit den Worten: Selig die Hungernden, denn sie werden gesättigt werden. Da geht es um den buchstäblichen, den körperlichen Hunger. Und Matthäus, aus dessen Evangelium heute vorgelesen wird, schreibt: Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit. Das zeigt, wie sehr beides zusammengehört: die Gerechtigkeit und das pure Überleben der Menschen. Das ist ein Ansporn, auch die kleinen Schritte zu gehen; den eigenen, Beitrag dazu zu leisten, dass wir die Schöpfung nutzen, und nicht ausnutzen. Gemein­sam tragen wir die Kraft in uns, das Klima zu verwandeln - in der Welt und zwischen uns Menschen. Dazu wünsche ich Ihnen Gottes Segen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9840
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