SWR4 Abendgedanken RP

 

Teil 1. Das Bistum Mainz auf dem Kirchentag in München

SWR 4, der Kirchenblickpunkt, heute zum Start des II. Ökumenischen Kirchentags in München. Für hunderttausend Gäste geht's heute los, für viele Menschen in ganz Deutschland ist der Kirchentags aber schon lange Gegenstand von Planung und Vorbereitung. Auch in den Landeskirchen und Bistümern in Rheinland-Pfalz wurde das Christentreffen intensiv vorbereitet. Susanne Metzger-Rehn macht Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Mainz und verrät, was die Besucherinnen und Besucher am Bistumsstand erwartet.

Wir haben eine riesige Leinwand, die ist 11 breit und 5 Meter hoch. Und man sieht dort wirklich detailgetreu den Martin mit dem Bettler oben auf dem Domturm stehen. Und wenn man sich davor stellt, sieht es aus, als wäre man direkt auf dem Domdach.

Der Mainzer Dom mitten in München, das hat was. Und ist ein starkes Zeichen. Es heißt: In München ist auch die Ortskirche dabei. Weil es wichtig ist, beim Kirchentag auch etwas von der Kirche und dem Glauben vor Ort zu erzählen. Die Mainzer überlegen deshalb immer genau, wie sie etwas Besonders aus ihrem Bistum auf den Kirchentag bringen können. Und das kommt an, erinnert Susanne Metzger-Rehn:

 Also wir haben viele Katholikentage lang gedruckt. Wir hatten eine Gutenberg-Druckmaschine da. Und es kamen viele Leute, die schon wussten, bei uns ist immer was los. Und die kamen schon her und hatten schon Ideen, das fand ich immer sehr beeindruckend.

Doch bei aller Freude: Gerade die jüngsten Skandale in der Katholischen Kirche sind Thema für den Kirchentag. Metzger-Rehn erlebt diese Zeit auch als schwierig, aber sie setzt vor allem auf persönliche Begegnungen, um den Glauben lebendig zu halten.

 Wir haben ein gutes Miteinander, und ich glaube, wenn man mit Menschen zusammen ist, und wirklich ganz innen drin in ihnen was ist, dann sieht man mehr Licht und sieht auch mehr Schatten. Und wenn sich das die Waage hält, und man immer wieder Licht sieht, und das sehen wir und das werden wir auch beim Kirchentag sehen, dann kann man das ganz gut leben.

Kein Wunder also, dass für die Öffentlichkeitsarbeiterin der Kirchentag mehr ist als nur Organisation und Event - sondern auch und vor allem Gewinn für den Glauben.

 Eigentlich ist so ein Kirchentag eine Verjüngungskur für den Glauben. Ich war vor vielen Jahren bei dem Münchner Katholikentag und erinnere mich noch sehr gut, dass da die U-Bahnen voller Musik waren, überall fröhliche Menschen. Man spürte, das sind ganz viele Leute, die glauben, die leben daraus. Und das geht auch mit nach Hause.

Der Kirchentag soll nicht nur einmaliges Ereignis sein, sondern soll auch für den Glauben im Alltag wichtig werden. Aus früheren Erfahrungen weiß Susanne Metzger-Rehn, wie das so ist bei solchen Großtreffen:

 Man spricht über den Glauben, tauscht sich aus, lebt miteinander, spürt das Verbindende, dass das wirklich etwas ist, was trägt, was auch trägt in die Gemeinden hinein, dass das wirkt wie ein Sauerteig. Wenn man nach Hause kommt, dass man gekräftigt ist.

Der II. Ökumenische Kirchentag soll dem Glauben einen Schub geben. Das erhofft sich Susanne Metzger-Rehn von der Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Mainz. Und was sich ihr Bischof erhofft, darüber sprechen wir nach der Musik mit Karl Kardinal Lehmann, dem Bischof von Mainz, hier im Blickpunkt Kirche in SWR4.

 

Teil 2. Kardinal Lehmann und der Kirchentag

Ab heute sind unzählige Rheinland-Pfälzer für fünf Tage in München anzutreffen. Sie tummeln sich auf dem II. Ökumenischen Kirchentag, der heute Abend eröffnet wird. Unter den Gästen findet sich Kardinal Lehmann, der Bischof von Mainz. Im Blickpunkt Kirche bei SWR4 sprechen wir mit ihm über dieses große Christentreffen. Was macht für ihn die Faszination dieser Tage aus?

 Also einmal gibt es ja ein riesen Programm mit 800 Seiten. Da findet jeder etwas für sich im weitesten Umkreis. Alle Probleme eigentlich, die in der Gesellschaft sind, nicht nur in den Kirchen, werden angesprochen. Und vielleicht ist es auch eine ganz besondere Lust, mit vielen Menschen zusammen zu sein, Jungen, Alten, die doch eine ähnliche Einstellung also haben oder wenigstens dieselben Interessen haben.

Menschen, die sich über den Glauben austauschen und sich bestärken, die zusammen singen und beten, und die um die Ökumene, die Einheit der Kirchen ringen - all das macht das Christentreffen in München so faszinierend. Lehmann hofft, dass der Kirchentag weite Kreise zieht.

 Ich denke mir, vom Kirchentag gehen eigentlich zwei Dinge aus. Einmal wird deutlich gemacht, dass eine große Zahl evangelischer und katholischer Christen wirklich eine enge Gemeinschaft des Glaubens in Wort und Tat sein wollen. Und von einem frischen Kirchentag geht dann auch für die Kirchen selber ein neuer Schwung wieder aus. Ich denke auch für Bischöfe und kirchenleitende Persönlichkeiten. Und das halte ich für eine gute und unentbehrliche Sache.

Zumal die Kirche in den letzten Wochen und Monaten zu kämpfen hatte. Der Missbrauchsskandal ist noch lange nicht Geschichte. Aber Kardinal Lehmann sieht auch andere Seiten der Kirche.

 Dinge passieren, wo man auch in sich gehen muss, wo man auch „Mea culpa" sagen muss. Aber dann gibt es viele, viele Bereiche, wo die Kirche auch für die Gesellschaft von größerer Bedeutung ist. Und wo sie Aufgaben übernimmt, die sonst niemand übernimmt. Und das müssen wir auch gelegentlich auch mal deutlich sagen. Wir brauchen uns nicht zu verstecken.

Der Kirchentag begeistert und fasziniert. Weil sich dort so viele Menschen sichtbar auf die Suche nach dem Glauben machen. Und worauf freut sich Kardinal Lehmann ganz persönlich?

Also ich freue mich zunächst einmal an dem Interesse so vieler Menschen. Ich habe immer etwa bei Bibelarbeiten, aber auch bei Vorträgen und Diskussionen auch wenn es Tausende von Leuten waren, eine erstaunlich schöne, große Diskussion gehabt - mit viel Interesse. Und das gilt eigentlich für alles.

Der Mainzer Kardinal Lehmann erwartet vom Ökumenischen Kirchentag neuen Schwung für die Christen in ganz Deutschland. Wie der konkret aussehen könnte, dazu hören Sie gleich einen Beitrag von Thomas Weißer. Nach der Musik hier im Blickpunkt Kirche in SWR4.

 

Teil 3. Öffentlich um den Glauben ringen

SWR 4 - Blickpunkt Kirche. Heute mit Beiträgen zum II. Ökumenischen Kirchentag, der zur Stunde in München eröffnet wird.

Der Ökumenische Kirchentag - eine wunderbare Erfindung. Ich zumindest finde solche Treffen richtig und gut. Viele Menschen, die in ihrer Gemeinde für die Ökumene kämpfen, können sich hier Kraft und Ideen holen. Für den Alltag vor Ort. Und der sieht oftmals überraschend unkompliziert und leider manchmal auch ganz schwierig aus. Unkompliziert ist das: Da ist die Band, die Mitglieder sind katholisch, die in der evangelischen Kirchengemeinde eine Heimat gefunden hat. Da ist die Silvesterandacht, die traditionell ökumenisch gefeiert wird. Da sind die Gemeindefeste zu denen sich die Gemeinden gegenseitig einladen. Schwierig ist unter anderem: der ökumenische Gottesdienst am Sonntagmorgen ist immer noch unmöglich, ein gemeinsames Abendmahl in weiter Ferne, und Mitglieder der anderen Konfession können in der Schwesterkirche nicht überall arbeiten.

Bei allen berechtigten Fragen und zu klärenden Problemen: gerade vor dem Pfingstfest wird deutlich, wie skandalös die Trennung der Kirchen ist. Da lesen wir an Pfingsten, wie Menschen vom Geist Gottes erfasst werden. Sie werden wortwörtlich begeistert. Und können ihren Glauben weitersagen. In allen Sprachen. Und das heißt für mich: Die ersten Christen können ihren Glauben jedem Menschen verständlich machen. Sie können von Gott so erzählen, dass es jeder versteht. Ihre einzige Konfession, ihr Bekenntnis, ist das Bekenntnis zu Gott. Kein Lippenbekenntnis. Sondern ein funkensprühendes, ein begeisterndes Bekenntnis. Ein glaubwürdiges Zeugnis für die meisten Menschen.

Mehr denn je bin ich überzeugt: Heute brauchen wie auch ein glaubwürdiges Bekenntnis. Brauchen Menschen, die den Glauben weitersagen und leben. Das hat nichts mit frommen Worten zu tun. Glaube ist nicht nur felsenfestes Überzeugtsein, sondern hat auch Platz für Zweifel, Furcht, ja, für den Unglauben.

Ich glaube, dass hier Ökumene, die Einheit der Kirchen ganz handfest beginnt: Wenn jeder immer wieder sich bemüht, dem Glauben sein persönliches Gesicht zu geben. Und eine Sprache, die die anderen Menschen verstehen. Der Ökumenische Kirchentag könnte hier helfen: Er kann Mut machen, mit dem Glauben wieder anzufangen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8272
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