SWR2 Wort zum Sonntag

23MAI2010
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‚Anhänger des neuen Weges', so wurden die ersten Christen genannt. Der Ausdruck bezog sich auf den Weg Jesu Christi, in dessen Spuren die Christen erste Schritte gingen. Der erste Petrusbrief schreibt: „Christus hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt." (1 Petr 2,21) Christsein unter dieser Perspektive heißt also, den Spuren Jesu folgen.

Vor rund 2000 Jahren hat dieser neue Weg begonnen. An Pfingsten, 50 Tage nach der Auferstehung Jesu, gerieten die Apostel durch den Geist Gottes in einen regelrechten Freudentaumel. Manche hielten sie deshalb für betrunken. Aber die nach dem Tod Jesu verängstigten Jünger erlebten in Wirklichkeit, wie neue Zuversicht entstand. Sie erfuhren, dass sie einander verstehen und so miteinander Angst überwinden konnten.

Solche Erfahrungen machten den Anfang der Kirchengeschichte aus: Diese Menschen spürten eine Kraft, die Mauern aus Furcht und Angst niedergerissen hat. Aus Ängstlichen wurden Begeisterte, wurden Christen, die sich auf den Weg machten mit ihrer Botschaft. Mit der Kraft des Pfingstgeistes sind sie hinausgegangen in die Welt, um überall Menschen anzustecken und für den neuen Weg zu begeistern.

Die Erfahrung des Heiligen Geistes ist die Grundlage für die Entstehung der Kirche: Was Kirche ist, muss sich darum an diesem Geist messen lassen. In den Pfingsttagen wird darum immer wieder gebetet: ‚Komm, Heiliger Geist, erfülle unsere Herzen, entzünde in uns das Feuer deiner Liebe! Erneuere das Antlitz der Erde!"

Der Weg von damals führt bis in unsere Zeit: Auch heute sind Christen gefragt, sich begeistern zu lassen. Sie sind gefragt, Schwellen von Gewohnheit, Eingefahrenem und Erstarrtem zu überwinden und so das Christentum als Weggemeinschaft zu gestalten.

Aufbrechen, ängstliche Absicherungen zurück lassen und der Kraft des Geistes mehr zutrauen als vielen Mutlosigkeiten. Ein bedeutender Theologe sagte zurecht: „Nur von Verwandelten können Verwandlungen ausgehen." (Sören Kierkegaard)

Eine solche Verwandlung kann da beginnen, wo ich ein Vorurteil hinter mir lasse, neu hinschaue und im anderen den Mitmenschen wahrnehme.

Eine Erfahrung solch pfingstlichen Geistes geschieht da, wo ich aus festen Denk- und auch Sprachmustern ausbreche und so Verständigung möglich wird.

Gottes Geist wirkt sich aus in der heilsamen Veränderung unseres Lebens: Er zeigt sich im heilsamen Handeln für andere Menschen. Er erweist sich im Aufstehen für das Leben, immer dort, wo es besonders bedroht und gefährdet ist.

Viele andere Beispiele lassen sich finden. Allen gemeinsam ist: Den Geist spüren; und: der Aufbruch zum ‚neuen Weg' beginnt immer bei einem selbst. Der Priester und Dichter Paul Weismantel hat das zitierte Pfingstgebet als modernes Gedicht fortgeschrieben. Ich möchte es Ihnen zum heutigen Pfingstsonntag weitergeben. Es heißt dort:

Komm, Heiliger Geist, sonst kommen wir um in unseren vielen Zwängen.

Komm, Heiliger Geist, sonst kommen wir nicht weiter in unserem Denken und Reden.

Komm, Heiliger Geist, damit unser Leben neue Kreise zieht.

Komm, Heiliger Geist, damit wir deine Kirche sind und werden.

Komm, Heiliger Geist, damit wir deinen Trost und deinen Beistand erfahren.

Komm, Heiliger Geist, damit wir in der Weggemeinschaft mit dir und miteinander bleiben.

Ich wünsche Ihnen solche Erfahrungen des Geistes, die uns auf den Weg bringen!  Auf den neuen Weg Jesu Christi!        

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8262
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