SWR2 Wort zum Sonntag

Vor Ostern heißt es für viele: Sieben Wochen ohne! Die vorösterliche Fastenzeit als bewusste Wegbegleitung des Leidensweges  Jesu - mit Entsagung und Enthaltsamkeit.
Und nun? Nach Ostern? Nach dem christlichen Fasten brechen - für viele mit Lammbraten und Wein, mit Eiern und süßen Speisen gefeiert: Was ist jetzt dran in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten? Sieben Wochen mit? Aber womit?
Was heißt es, im Licht der Auferstehung Jesu von den Toten zu leben? Nach sieben Wochen Fasten - nun sieben Wochen Völlerei und Ausschweifungen? Oder ist die Osterzeit nur die schlichte Wiederherstellung von Normalität? Alles geht wie vorher weiter, nur die Entsagung hat ein Ende.
Wie „Österlich leben"? Und geht das überhaupt? Ist die Auferstehung Jesu von den Toten nicht eine einmalige Geschichte von Dort und Damals? Und kommt gerade nicht an im Hier und Jetzt, in meinem Alltag?

Im Osterlied von Friedrich von Spee wird ein anderer Ton angeschlagen.
Da heißt es: „Die ganze Welt Herr Jesu Christ - weil du erstanden fröhlich ist..."  Und auch der  Name des heutigen 2.Sonntags nach dem Osterfest steht für diese Oster-Expansion: „Misericordias Domini" - nach Psalm 35 - „der Güte des Herrn ist die Erde voll." Doch wie kann sich Ostern ausbreiten?
In meiner Einstellung zum Leben - zur Zukunft. Ostern vertreibt Zynismus.
So sagt es Paulus: „Wenn die Toten nicht auferstehen, dann »lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!«  (1. Kor 15,34)
Ohne Auferstehungsglaube ist mein Leben hoffnungslos verstrickt in alte Lebensmuster. Ohne Ostern müsste ich mich den Krisen und Bedrohungen in der Welt fatalistisch ergeben.
Alle Schriften in der Bibel, die von Jesus handeln, haben seine Auferstehung gewissermaßen im Rücken. Sie treiben uns an zu einem „Leben aus der Auferstehung", zu österlichem Leben.
Doch mich überrascht, wie  österliches Leben in der Bibel charakterisiert wird. Wenn es z. B. heißt:
Werdet doch einmal recht nüchtern ... ! (1.Korinther 15,34)
Enthaltet euch der fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten. Benutzt die neue „Freiheit nicht als Deckmantel der Bosheit" (1.Petr. 1,13;2,11+16) So legt nun ab ... Betrug... Heuchelei, ... Neid und ... üble Nachrede. (1.Petr. 2,1
)
Lange Zeit habe ich diese Mahnungen als Kopiervorlage für kleinbürgerliche Moralvorstellungen abgetan. Aber in der Bibel sind das alles Ermahnungen zu einem österlichen  Leben.

Besser habe ich das dieses Jahr begreifen können.
In der Osternacht haben Jugendliche in der Gemeinde Gegenbilder zum Kreuzweg Jesu gemalt. „Was muss geschehen, dass  sich der Leidensweg umkehrt?" Das war ihre Aufgabe. Ein Jugendlicher hat ein Hochzeitspaar gemalt - schwarzer Anzug - weißes Brautkleid. Und über den beiden ein Banner mit der Aufschrift: „Ewige Treue". Ich konnte zunächst ganz und gar nicht verstehen, wie das ein Gegenbild zur Passion Jesu sein soll. Bis mir erklärt wurde: „Ewige Treue! Das ist doch das Gegenteil von der Untreue, die Jesus erfahren hat: Verlassen und allein gelassen werden, verleugnet und verraten werden." Dann war auch bei mir der Groschen gefallen: Treue und Liebe - Gegenmächte eines Beziehungs-Todes. Auch so - in gelebter Treue - kann Ostern expandieren - kann der Geist und die Kraft der Auferstehung lebenswirklich werden. Auch eine Partnerschaft ist ein Feld, um mit dem eigenen Leben zu bezeugen: Christus ist auferstanden...!

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