SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Simon Petrus: der erste unter den Jüngern Jesu. Der Fels, auf dem Jesus die Kirche gegründet hat, wie es im Matthäusevangelium heißt (Mt 16,18). Dieser Petrus ist an anderen Stellen in der Bibel durchaus nicht dieser steinharte Typ, der Fels in der Brandung, den nichts erschüttern kann. Im Gegenteil er wird oft als jemand geschildert, der zwar schnell „hurra“ ruft, aber dann, wenn es ernst wird, umfällt. Bekanntlich verleugnet er Jesus nach dessen Verhaftung dreimal. Petrus ist ein Mann mit einem guten Herzen, einem großen Mund und weichen Knien. Auch in dem biblischen Text (Mt 14,22-33), der heute in den katholischen Gottesdiensten vorgelesen wird, ist das so: Die Jünger sind mit dem Boot auf dem See Genezareth unterwegs. Jesus ist nicht bei ihnen. Plötzlich kommt ein Sturm auf, das Boot wird hin und her geworfen und die Jünger bekommen Angst. „Und dann“, heißt es in der Bibel, „kam Jesus zu ihnen, er ging auf dem See.“ Darauf bekommen die Jünger noch mehr Angst, denn sie halten Jesus für ein Gespenst. Der versucht sie zu beruhigen: „Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht!“ Und wer vertraut zuerst, fasst sich ein Herz? Natürlich Petrus: „Herr wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Nun, sein spontanes Vertrauen, sein gutes Herz lässt ihn direkt einen großen Spruch riskieren, auf dem Wasser will er zu Jesus gehen. Klar, dass er sich mal wieder übernimmt. Er steigt aus dem Boot, erst geht alles gut, das Wasser trägt ihn, doch dann bekommt er Angst, beginnt zu zweifeln und er bricht ein. „Herr rette mich!“, kann er noch schnell rufen, dann geht er schon unter. Natürlich zieht Jesus ihn aus dem Wasser und nennt ihn dann einen Kleingläubigen. Nun, zwei Kapitel später ist dieser Kleingläubige, dieser Angeber bei Jesus auf einmal der Fels, auf dem Jesus seine Kirche bauen will. Dabei hat sich Petrus in den zwei Kapiteln nicht vom Wankelmütigen zu einem Glaubensfesten gewandelt. Im Gegenteil, als Jesus von seinen bevorstehenden Leiden spricht, kann Petrus das nicht ertragen und sein großes Mundwerk tritt wieder in Aktion: „Das darf nicht geschehen!“ ruft er aus. Aber die Abfuhr, die er nun von Jesus erhält, hätte kaum drastischer ausfallen können: „Weg mit dir Satan, geh mir aus den Augen ... Du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was Menschen wollen.“ (Mt 16,23). Armer Petrus, innerhalb weniger Kapitel ist er einmal ein Kleingläubiger, ja sogar ein Satan und dann aber auch der Fels, auf dem Jesus die Kirche bauen will. Petrus hat sicherlich darunter gelitten und auch für uns ist es nicht ganz einfach diese widersprüchlichen Aussagen zusammen zu bringen.
Petrus ist eigentlich nur ein Beiname, in Wirklichkeit heißt der Erste der Jünger Simon. Aber Petrus wird er genannt, weil Petrus Fels bedeutet. Aber es ist ein sehr unsicherer, wackeliger Fels, denn in vielen biblischen Geschichten ist er nicht gerade glaubensstark, sondern fällt schnell um. Jesus weiß das und nennt ihn deshalb auch mal einen Kleingläubigen und an einer Stelle bezeichnet er ihn sogar als Satan, der sich weg machen soll. Also ein hundertprozentiger Wackelkandidat dieser Petrus, und auf den baut Jesus. Warum? Wohl weil Jesus weiß, dass zweifeln und unsicher sein zum Glauben dazu gehört. Natürlich ist Jesus nicht begeistert, wenn Petrus zweifelt, ja ihn sogar verrät, aber es ist für ihn kein Grund Petrus auszusortieren. Nach dem Motto: „Glaubensprüfung nicht bestanden, auf wieder sehen!“ Nein, er gibt diesen Petrus nie auf, auch wenn er versagt. Jesus hält ihm die Treue.
In Jesus – so glauben wir Christen – offenbart sich Gott, zeigt er wie er ist, welches Verhältnis er zu uns Menschen haben möchte. Die Petrusgeschichte macht deutlich: Gott gibt uns Menschen nicht auf, auch wenn wir mehr zweifeln als glauben, wenn wir Gott leugnen und seine Gebote nicht befolgen. Gott ist treu, das ist die große Botschaft nicht nur dieser Geschichte, sondern der gesamten Bibel sowohl des Alten als auch des Neuen Testamentes. Eine wunderbare Botschaft, denn auch wenn wir uns abwenden, nichts mit ihm zu tun haben wollen, Gott hält die Tür zu ihm immer offen. Bei Petrus hat das Vertrauen Jesu dazu geführt, dass er irgendwann glaubensstark wurde, ein richtiger Fels in der Brandung. Aber er hat seine Zeit dafür gebraucht. Irgendwann – wir feiern das an Pfingsten – hat er den Mut bekommen, um vor allen Leuten von diesem Jesus zu erzählen. Und das war durchaus mit Risiko behaftet. Bald saß er dann auch im Gefängnis wegen seines Glaubens und später in Rom wurde er deshalb auch hingerichtet. Aus dem Wackelkandidaten mit dem guten Herzen, dem großen Mund und den weichen Knien wurde ein großer Zeuge für den Glauben.
Das Beispiel des Petrus ist Zuspruch und Anspruch zugleich. Zuspruch: Bei Gott sind wir Menschen niemals abgeschrieben. Anspruch: Jeder und jede kann sich ändern, kann von einem Wackelkandidaten zu einem Menschen werden, der sich nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten für seinen Glauben einsetzt. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4272
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