SWR3 Gedanken

08OKT2024
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„Geht’s dir gut? Du siehst müde aus“. Ein Kollege fragt mich das, als wir uns verabschieden. Das ist nicht nur so dahingesagt. Er meint es ernst. Das merke ich. „Ja, ja“, winke ich ab. „Bisschen viel Arbeit gerade. Aber das wird wieder.“ Später wird mir klar: Auf keinen Fall wollte ich so wirken, als ob mir alles zu viel sei. Ich doch nicht. Ich hab‘s im Griff. Und trotzdem bin ich froh, dass er aufmerksam war und gefragt hat.

Mehr als einmal habe ich inzwischen andere Kolleginnen und Kollegen erlebt, die krank an ihrer Seele geworden sind. Oft für viele Monate. Und gerade für mein Geschlecht gilt leider immer noch: Männer haben stark und leistungsfähig zu sein. Unverwundbare Helden. Überstunden und ständig erreichbar sein gelten da als vorbildlicher Einsatz und der Burnout mit 40 als Leistungsnachweis. Der Sportunfall beim Mountainbiken und auch der erste Herzinfarkt? Völlig akzeptiert! Krank an der Seele zu werden aber, das gilt für viele immer noch als anrüchig. Als Zeichen von Schwäche, von mangelnder Belastbarkeit. Dabei kann es im Laufe eines Lebens jede und jeden von uns treffen. An der Seele krank zu werden ist furchtbar. Wer das erleben muss ist aber weder ein Schwächling noch ein Weichei.

Ein paar Dinge kann ich selbst tun, um gesund zu bleiben: Auf genug Erholung und Ausgleich achten. Toxische Beziehungen meiden, sowohl am Arbeitsplatz wie privat. Dinge tun, die mir Freude machen. Und Menschen in meiner Nähe haben, die auf mich achtgeben. Die auch mal ehrlich fragen: „Sag mal, geht’s dir wirklich gut?“

 

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