SWR3 Gedanken

01OKT2024
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Meine Mutter lebt nun seit mehreren Jahren in einer anderen Welt. In ihrer Demenzwelt. Einer Welt, die ich nicht erreichen kann. Oft schaut sie leer. Sie spricht eigentlich gar nicht mehr. Nur noch selten gelingt eine Verständigung. Musik hilft aber manchmal, diese unglaubliche Distanz wenigstens ansatzweise zu überwinden.

Und diese Fähigkeit der Musik wird heute, am Weltmusiktag gefeiert. Die UNESCO, also die Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, haben diesen Tag ausgerufen, weil sie finden: Musik ist etwas, das uns miteinander verbindet, über alle Grenzen hinweg.

Zugegeben, die UNESCO hat da vor allem daran gedacht, dass die verschiedenen Völker mit ihren unterschiedlichen Sprachen und Kulturen sich mithilfe der Musik über die Grenzen hinweg verständigen können. Auch darüber bin ich froh und dankbar. Denn das habe ich schon oft erlebt. Miteinander reden ist schwierig. Miteinander singen und tanzen geht aber gut.

Ja, mit Musik kann man sich verstehen, auch wenn man nicht dieselbe Sprache spricht und wenn man in einer ganz anderen Kultur aufgewachsen ist.  

Meine Mutter auf der Demenzstation wirkt für mich mitunter weiter weg als ein Kalimba-Spieler in Kenia. Und doch: als wir einmal “Hoch auf dem gelben Wagen” gesungen haben, war da ein Gefühl, eine Zusammengehörigkeit. Und das ohne, dass sie gesungen hat. Ich ahne: Sie hat etwas Vertrautes erkannt. Das ist schon viel und ich bin dankbar, dass Musik diese Fähigkeit hat. Ein guter Grund, den Weltmusiktag zu würdigen. Und wieder und wieder zu versuchen mit fremden Welten Kontakt aufzunehmen.

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