SWR Kultur Wort zum Tag

20SEP2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Vom Frühstückstisch aus sehe ich, wie Kinder zur Schule oder zum Kindergarten laufen. Allein oder mit ihren Eltern. Für manche sind es jetzt die ersten Tage und Wochen in Schule und Kindergarten. Ich sehe ihre Augen, ihre Blicke, ihr Staunen. Wie sie am Gartenzaun stehen bleiben:
Keine Uhr im Kopf. Fasziniert von Blüten und Schmetterlingen, von heruntergefallenen Birnen, von Katzen, die frei umherstreunen. Und wie sie am Nachmittag dann Feuerwanzen an der Friedhofsmauer sammeln. Und Schnecken - nicht als Schädlinge: sie hegen und pflegen sie – zu Hause in Kisten. Sie füttern sie mit frischen Blättern.
Eine wundervolle Welt ist da vor meinen Augen. Ohne Kommerz und Karriere. Ohne die Fragen: Was kann ich mir dafür kaufen? Was muss ich tun, damit ich weiter vorankomme?
Reine Freude am Leben, an dem, was hier und jetzt lebt und gedeiht.
Auch an dem, was hier und heute zu lernen ist. Erste Buchstaben, erste Zahlen.

Ich verstehe den Dichter Dante (1285-1321) gut, wenn er die Augen von Kindern zu den Dingen zählt, die uns unsere himmlische Herkunft spüren lassen. Direkt aus dem Paradies!

Dazu gehört auch, wie Kinder ihre ersten Lehrerinnen und Lehrer anschauen können. Noch nichts von wegen „Stress“ und „Schule ist blöd“. Die Welt des Lernens und Entdeckens ist noch nicht kaputt geredet.

Wie staunend und verehrend habe ich einst als Kind auf meine Klassenlehrerin geschaut. Und ich stelle mir vor: Genau so einen Erstklässler hat Jesus in die Mitte gestellt, als sich seine Jünger untereinander ihre Gedanken über´s Ranking gemacht haben. Laut Bibel haben sie Jesus gefragt. „Wer ist der Größte im Himmelreich?“ Und Jesus hat schlicht ein Kind zu sich gerufen - und es in ihre Mitte gestellt.

Und ihre Frage so beantwortet: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, dann werdet ihr niemals ins Himmelreich kommen.“(Matthäus 18,2+3) Wenn ihr euch – wörtlich übersetzt – nicht umdreht – innerlich !! – vielleicht sogar um 180 Grad – dann könnt ihr eine himmlische Welt, wie Gott sie für euch im Sinn hat, nicht erleben.

Das ist ein Wort an die Erwachsenenwelt – heute zum Weltkindertag:
Staunt wie die Kinder, seid neugierig! - ohne auf Gewinn und Konkurrenz aus zu sein, ohne Gier und ohne Gewalt. Erhaltet den Kindern ihre Kindheit, haltet sie vor Grauen und Schrecken fern, tretet für ihre Rechte ein! Und: Das Kind in sich selber neu entdecken! Werden so wie sie. Dann können sie und wir etwas spüren vom himmlischen Leben. Hier und heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40693
weiterlesen...