SWR Kultur Lied zum Sonntag

15SEP2024
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Ein bisschen Wehmut schwingt schon mit: Nun sind die Sommerferien vorbei. Und überall im Land hat wieder der normale Arbeitsalltag angefangen. Auch wer keine Kinder oder Enkel im schulpflichtigen Alter hat, konnte in den letzten Wochen von der entspannteren Stimmung profitieren: auf Straßen, in Geschäften, bei der Arbeit. Jetzt müssen sich alle wieder ins Zeug legen. Da heißt es, sich einen Ruck geben. Vielleicht auch mit einem Lied:  

In Gottes Namen fang ich an, was mir zu tun gebühret;
mit Gott wird alles wohlgetan und glücklich ausgeführet.
Was man in Gottes Namen tut, ist allenthalben recht und gut
und kann uns auch gedeihen.

Eigentlich erstaunlich: Nur vier Lieder finde ich im Evangelischen Gesangbuch in der Rubrik „Arbeit“. Und im katholischen Gotteslob suche ich das Stichwort vergeblich. Dabei verbringt der Mensch doch nicht erst im 21. Jahrhundert einen Großteil seiner Zeit mit Arbeiten: Mit Erwerbsarbeit, Care-Arbeit, Hausarbeit, Erziehungsarbeit. Und es gibt sogar eine eigene protestantische Arbeitsethik. Vor allem in den auf Calvin zurückgehenden Kirchen der Reformation wird da Erfolg im Beruf auch als Zeichen göttlicher Gnade und Zuwendung verstanden. Etwas davon klingt auch in diesem Lied an:

Gott ist’s, der das Vermögen schafft, was Gutes zu vollbringen;
Er gibt uns Segen, Mut und Kraft und lässt das Werk gelingen;
Ist er mit uns und sein Gedeihn, so muss der Zug gesegnet sein,
dass wir die Fülle haben. 

Lebens-Fülle wird heute aber vermehrt in den Zeiten gesucht, die nicht der Arbeit gewidmet sind. In der Generation meiner Kinder ist es recht selbstverständlich, sich auch nach einem langen Studium nicht mit vollem Elan ins Arbeitsleben zu stürzen. Viele jungen Menschen wollen keinen 100% Job annehmen, um möglichst schnell Karriere zu machen, sondern lieber ihre Zeit mit anderen sinnvollen Dingen füllen: Sie möchten Zeit mit anderen verbringen, Zeit für eigene Interessen haben, Zeit zum Entspannen und ja, auch Zeit für ehrenamtliches gesellschaftliches Engagement. Denn die eigene Arbeit soll auch denen zugutekommen, die mit wirtschaftlichem Erfolg nicht gesegnet sind – auch davon singt unser Lied:

Wer erst nach Gottes Reiche tracht‘ und bleibt auf seinen Wegen,
der wird von ihm gar reich gemacht durch seinen milden Segen.
Da wird der Fromme froh und satt, dass er von seiner Arbeit hat
auch Armen Brot zu geben. 

Wenn also ab sofort wieder überall im Land fleißig in die Hände gespuckt wird, dann wünsche ich Ihnen, dass sich dadurch nicht nur das Bruttosozialprodukt steigert, sondern dass Sie Freude haben an ihrer Arbeit und Segen erfahren:

Drum komm, Herr Jesu, stärke mich, hilf mir in meinen Werken,
lass du mit deiner Gnade dich bei meiner Arbeit merken;
gib dein Gedeihen selbst dazu, dass ich in allem, was ich tu,
ererbe deinen Segen.

Fangen Sie es morgen in Gottes Namen gut an!

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Musikangaben:
Text: Salomo Liscow (vor 1672), 1674
Melodie: Johann Crüger (1653)
Aufnahme: Detlev Korsen am 27.09.2018 in der St. Johannis-Kirche in Verden an der Aller(Youtube)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40659
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