SWR3 Gedanken

21SEP2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Seit Jahren begleite ich eine Frau aus der Gemeinde. Wir gehen in den Wald an den Fluss.

Nebeneinander zu laufen, macht es oft leichter zu reden. Wir müssen uns nicht immer in die Augen sehen. Ich sehe nicht jede ihrer Tränen, sie nicht meine, nicht mein Entsetzen, meine Wut über das, was sie erlebt hat und bis heute durchmacht.

Dieses Mal nimmt unser Spaziergang einen besonderen Auftakt. Durch ein paar Bäume hindurch sehen wir eine Schaukel. Eine Frau sitzt darauf. Sie schwingt vom Ufer zwischen den Bäumen auf den Rhein hinaus. Mit jedem Schwung wagt sie sich ein bisschen weiter in die Leere über dem Wasser. Jedes Mal, dass sie sich hinausschwingt, ein Risiko. Der Fluss ist hier groß und gefährlich. Wenn du fällst, können Strömungen und Strudel dich in die Tiefe ziehen. Langsam, sanft ist dieses Schwingen. Und voll Vertrauen. Wie eine Meditation, ein Mantra: Die Schaukel wird halten, die Seile werden nicht reißen.

Ich werde nicht fallen. Wir bleiben stehen und sehen zu. Wir stehen lange, sehen uns an und lächeln. Etwas überträgt sich auf uns. Diese Übung von Vertrauen und Mut und Leichtigkeit. Auch unsere Gespräche sind so eine Übung von Vertrauen und Mut.

Heute ist unser Spaziergang leichter. Uns begleitet das Vertrauen: Ich kann mich hinauswagen dahin, wo es mich in die Tiefe zieht. Ich werde nicht fallen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40658
weiterlesen...