SWR Kultur Wort zum Tag

04SEP2024
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Auf einmal hält es niemand mehr auf den Sitzen. Alle stehen auf und beginnen zu tanzen. Bewegen sich rhythmisch im Takt, klatschen mit den Händen. Zuerst noch auf der Stelle. Aber dann verlassen alle nacheinander die Sitzreihen und tanzen in großen Polonaisen durch den Raum. Die Band spielt mit großem Sound, die Sängerin singt mit aller Kraft, in allen Lagen. Jetzt stimmen alle mit ein. Und die ganze Kirche bebt. Halleluja! Halleluja! Amen.

So habe ich den Gottesdienst einer Kirchengemeinde der Presbyterianischen Kirche in Ghana erlebt. Ganz anders als bei uns in Deutschland. Einen Gottesdienst, wie man ihn wohl nur in Afrika erleben kann. Ich staune ein bisschen über mich selbst: Obwohl ich keines der Lieder kenne, werde ich unwillkürlich mitgerissen und singe alle aus vollem Herzen mit. Und dann kommt plötzlich eine Melodie, die kenne ich sogar seit meiner Kindheit: Weißt du wieviel Sternlein stehen. Spätestens jetzt fühle ich mich wie eingemeindet. Fast drei Stunden dauert der Gottesdienst. Eine große Feier im wahrsten Sinne des Wortes.

Eine Predigt gibt es übrigens auch. Zum Glück reicht mein Englisch, um alles zu verstehen. Der Gemeindepfarrer erzählt vom verlorenen Sohn, der, nachdem er sein Erbe verprasst hat, von seinem Vater voller Freude und mit einem großen Fest wieder aufgenommen wird. Und so ist es auch mit uns und Gott, sagt der Pfarrer. Was auch geschehen ist, was auch immer wir nicht gut hinbekommen haben, er wartet auf uns. Und nimmt uns auf. Voller Freude. Das ist die Botschaft unseres Glaubens. Darum feiern wir Gottesdienst. Als ein großes Fest der Begegnung mit ihm.

Und obwohl ich dieses Gleichnis schon oft gehört habe, verstehe ich zum ersten Mal, wie sich dieses Fest angefühlt haben muss. Ein bisschen so wie dieser Gottesdienst.

Halleluja! Amen! antwortet es aus allen Reihen. Offensichtlich erreichen seine Worte die Herzen der Menschen. Meines auch. Und dann geht das Gottesdienstfest weiter. Mit noch mehr Tanz und Musik. Und vielen Gebeten. Auch für viele namentlich genannte kranke, alte, hilfsbedürftige Menschen. Und am Ende wird auch für uns, die Gäste aus Deutschland gebetet: Dass unsere Erfahrungen hier in Ghana gut sein mögen.

Der Gottesdienst war auch für mich ein großes Fest der Begegnung. Mit großer Fröhlichkeit und inniger Spiritualität. Von Herz zu Herz. Im Namen Gottes. Halleluja! Amen!

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