SWR Kultur Lied zum Sonntag

01SEP2024
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Eine beschwingte, tänzerische Melodie hat unser Lied heute. Kein Wunder, sie stammt ja auch ursprünglich von einem Liebeslied:

Strophe 1 Kreuzchor

Die beschwingte Melodie passt aber auch wunderbar zu dem geistlichen Text, den Johann Gramann dem Lied im 16. Jahrhundert gegeben hat: Nun lob, mein Seel den Herren. Eine Nachdichtung des 103. Psalms.

Beschwingt – das heißt ja eigentlich: wie auf Schwingen. Und gleich zu Beginn des Psalms und des Liedes ist genau davon die Rede: Du wirst wieder jung wie ein Adler. Weil Gottes Trost dir Flügel verleiht. Ein schönes Bild – aber vielleicht auch ein bisschen übertrieben?

Nein, mit Gott hebt man nicht automatisch ab, schwingt sich nicht leichtfüßig über alles Erdenschwere hinweg. Aber das legt der Psalm auch nicht nahe. Da ist nämlich auch von den Niederungen des Lebens die Rede: von Schuld und Gebrechlichkeit. Und von Gott, der dann da ist: Errett‘ dein armes Leben, nimmt dich in seinen Schoß, dichtet Johann Gramann. Mit Nachdruck werden diese Verse in der Motette von Heinrich Schütz wiederholt:

Schütz, Motette

Das väterlicher und mütterliche Bild von Gott, auf dessen Schoß ich mich verkriechen kann mit allem, was ich mitbringe – das berührt mich. Auch weil die weiche, liebevolle Seite Gottes im Psalm 103 eine besondere Begründung erfährt: Gott erbarmt sich über uns wie ein Vater über seine Kinder, weil er weiß: Wir sind schwache, vergängliche Geschöpfe.

Strophe 3 solo Mertens

Ja, unser Leben ist vergänglich. Und doch – oder gerade deshalb – sind wir von Gott geliebt und geachtet. Daran hält der Psalm fest.

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat, heißt es gleich zu Beginn. Diesen Satz nehme mit in den Tag – und die beschwingte Melodie unseres Liedes dazu. In der Hoffnung, dass sie mir und auch Ihnen heute tatsächlich Flügel verleiht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40617
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