SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

18AUG2024
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Von meinen Enkelkindern lerne ich nochmals neu, wie einfach und schön „Leben“ und „Glauben“ geht.

Es war am ersten Sonntag im August: Meine Frau und ich haben mit den beiden Kleinsten einen Ausflug in den Höhenpark Killesberg in Stuttgart gemacht. Und auf der Heimfahrt fragt die Vierjährige ihren kleineren Bruder, der im Kindersitz neben ihr sitzt: „Sag mal Eli, findest du die Blumen auf dem Killesberg schön?“ Der Zweijährige will erst nicht antworten. Also bohrt sie nach: „Findest du die Blumen schön.“ Darauf vom kleinen Bruder ein knappes Ja. Sie weiter: „Und sag mal Eli, findest du das Bähnle dort schön?“ Nochmals ein knappes Ja. Dann die dritte Frage: „Sag mal Eli, findest du das Leben schön?“

Diese Frage hat mich ehrlich überrascht. Ob der kleine Eli geantwortet hat, habe ich gar nicht mitbekommen, denn ich habe mich im Stillen unwillkürlich selbst gefragt: „Findest du das Leben eigentlich schön?“ Und kann man darauf so einfach mit Ja oder Nein antworten? Wie schnell bin ich beim „Ja,aber…“. Das Leben und mein Alltag sind eben nicht immer nur leicht. Ich spüre, dass ich allmählich älter werde - auch nicht gerade schön. Und wer weiß, was die Zukunft für mein Leben und das meiner Enkel bringen wird… So manches lastet fast dauerhaft auf der Seele und den Gedanken.

Meine Enkelin dagegen hat einfach den Ausflug schön gefunden. Sie hat ihn genossen. Und nicht an den Tag gestern im Kindergarten gedacht. Und schon gar nicht daran, wie es später – in ein paar Jahren - in der Schule für sie sein wird. Oder ob, was sie einmal arbeiten wird. Was wir heute erlebt haben, war gut und schön. Die Fahrt mit dem Killesberg-Bähnle, die vielen Blumen, das alte Karussell, sie und ihr Bruder auf den Holzpferden, das Eis und jetzt gemütlich noch ein bisschen etwas im Auto snacken.

Das Leben ist schön. So drückt sich natürliche Dankbarkeit aus. Einfach mal einen Moment zufrieden sein. Der kleine Bruder sollte natürlich auch miteinstimmen. Und dann passt und stimmte das Leben für diesen Abend.

Die Frage meiner Enkelin klingt bei mir immer noch nach: „Findest Du das Leben schön?“ Ja, ich finde das Leben schön und lasse heute das „Aber“ ganz beiseite. Es kann warten bis Morgen. Und den schönen Tag heute, den nehme ich mit. Den halte ich fest.  Dafür bin ich Gott dankbar.

So einfach geht „Leben“ für mich heute. Und so einfach kann ich heute auch beten: Danke, Herr, für diesen schönen Tag. Danke für mein Leben. Danke für die Menschen, die dazu beigetragen haben. Viele sind das. Und jetzt auch meine Enkel. Am meisten aber du, lieber Gott, der du mir das Leben geschenkt hast.

Unsere Enkel haben mir und meiner Frau auf dem Killesberg aber auch gezeigt, wie gut es uns tut, wenn wir unbeschwert und voller Vertrauen zusammen in den Tag gehen.  

Es war am selben Tag auf dem Killesberg. Endlich hatten wir es ohne Kinderwagen mit den beiden Enkeln geschafft auf die Anhöhe zu kommen und standen dann am Fuße des eindrucksvollen Aussichtsturms. Da wollten wir unbedingt hoch.

Bis zur vierten und obersten Aussichtsplattform gibt es aber nur eine Metalltreppe, um hochzukommen. Keinen Lift. Außerdem muss man unbedingt schwindelfrei sein, denn der grobmaschige Stahldrahtzaun behindert an keiner Stelle die wunderbare Aussicht.

Da standen wir nun mit den beiden Kindern. Die Vierjährige wollte gleich allein hochrennen, was natürlich nicht ging, und den kleinen Bruder musste ich auf den Arm nehmen, ihn Stufe für Stufe hochtragen. Früher wären die 16 zusätzlichen Kilo sicher kein Problem gewesen, aber jetzt musste ich doch auf jeder Ebene erst einmal den Burschen kurz absetzen und tief Luft holen.

Ich kann eben nicht mehr so, wie früher. Aber meine Enkelin konnte ja auch nicht einfach, weil sie wollte und einfach losrennen. Aber ist das schlimm, wenn man aufeinander mehr achten und manchmal auch warten muss?

Miteinander hatten wir richtig viel Spaß und wir waren alle super stolz, als wir endlich oben angekommen sind, mit vereinten Kräften. Und haben wir die herrliche Aus- und Weitsicht einfach genossen.

Fast genauso glücklich waren wir, als wir die vielen Treppenstufen auch wieder gut hinuntergekommen sind. Unsere Enkel und wir. Die Enkel, die einfach vertraut haben, dass wir es schaffen, wenn wir sie an der Hand führen oder sie auf dem Arm tragen, mit dem uns möglichen Tempo vorwärtsgehen.

Ein kleines Erlebnis, fast sinnbildlich für das Leben und auch für den Glauben. Wie oft haben mich andere geführt und getragen, meine Eltern, gute Freunde, meine Frau. Wie oft hat wohl Gott meine Schritte in die richtige Richtung gelenkt, mich bewahrt, mich zurückgehalten oder im richtigen Moment vorwärtsgebracht, letztlich immer zu meinem Besten.

Dafür bin ich dankbar, unendlich dankbar. Das Leben ist schön. Nicht nur im Rückblick, sondern auch im zuversichtlichen Vertrauen auf Jesus Christus, der – in Person – die ausgestreckte Hand Gottes ist.

Seine Hand zu ergreifen, das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Sonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40535
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