SWR1 3vor8

07JUL2024
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Stellen Sie sich vor, diese Geschichte wäre ein Hollywoodfilm oder ein Tatort. Dann würden viele wahrscheinlich sagen: Die Story ist zu konstruiert, zu politisch korrekt. Eine mächtige Frau im Hintergrund, ein schwarzer Protagonist, auch noch Teil einer sexuellen Minderheit– alle Quoten erfüllt. Doch diese Geschichte steht so in der Bibel und über sie wird heute in vielen evangelischen Gemeinden gepredigt.

In der Apostelgeschichte wird erzählt, wie ein Hofbeamter der Königin von Äthiopien Jerusalem besucht hat – als Tourist sozusagen. In der Bibel hat er keinen Namen – später hat man ihn Djan Darada genannt. Djan Darada ist kastriert, gehört also einer sexuellen Minderheit an und wird in der antiken Welt kritisch beäugt. Jetzt jedenfalls ist er auf dem Rückweg und hat eine Schriftrolle der jüdischen Bibel dabei, die er versucht zu verstehen. Ihm begegnet Philippus, ein Anhänger der Jesus-Bewegung. Philippus merkt, dass Djan die Schrift nicht versteht und begleitet ihn ein Stück auf seiner Reise. Er erklärt ihm dabei die Bedeutung der Texte und erzählt von Jesus, seinem Tod und seiner Auferstehung.

Als sie an einem See vorbeikommen, fragt Djan Darada "Spricht etwas dagegen, dass ich getauft werde?" Und Philippus tauft ihn kurzerhand, und ihre Wege trennen sich wieder.

Wäre Philippus vorher gefragt worden, ob etwas gegen die Taufe spricht, hätte er wohl gesagt: Ja, es spricht etwas dagegen – ein Nicht-Jude, kastriert, aus einem fremden Land. Unvorstellbar in der Jesus-Bewegung. Aber an diesem Tag lernt Philippus Djan kennen. Und merkt, dass der die gleiche Sehnsucht nach Gottesnähe hat, wie er auch. Und Philippus lernt aus der Begegnung: Es gibt keinen Grund, diesem Menschen den Wunsch zu verwehren, zu Jesus' Familie zu gehören. Die gute Botschaft Jesu ist, dass in seiner Welt für alle Platz ist, die dazugehören wollen. Die Taufe soll kein Instrument der Ausgrenzung sein. In unserer Kirche taufen wir deshalb kleine Kinder, um zu zeigen: Es gibt nichts, was man leisten muss, um zur Familie Gottes gehören: Sein Ja gilt allen.

Seit der Begegnung von Philippus und Djan haben Menschen immer wieder Mauern gezogen, um andere auszuschließen. Gute Gründe hatten sie dafür nicht. Mutige Menschen in der Vergangenheit wie Rosa Parks und Martin Luther King haben sich dagegen gewehrt. Und auch heute protestieren noch Menschen, wie die Theologinnen Sarah Vecera oder Veronika Rieger dagegen, dass schwarze oder queere Menschen ausgegrenzt werden. Denn: Auch heute ist es einfach Gründe zu erfinden, jemanden auszuschließen. Wie gut, dass es immer wieder Menschen gibt, die nicht aufhören mutig zu fragen: "Spricht etwas dagegen, dass ich dazugehöre?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40257
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