SWR3 Gedanken

09JUL2024
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Sarah Corbetts Leben als Aktivistin für soziale Gerechtigkeit war ziemlich anstrengend. Um sich zu entspannen, hat sie vor ein paar Jahren angefangen zu sticken. Dabei hat sie erlebt, dass sie beim Sticken und mit den fertigen Arbeiten ganz leicht mit Menschen ins Gespräch kommt.

Seither stickt sie Themen, die ihr als Aktivistin und Christin ohnehin wichtig sind. Sie stickt Bilder und Texte. Auf Kleidung, Banner, Tücher – was auch immer. Und das am liebsten in der Gruppe. Im Craftivism-Kollektiv, das sie gegründet hat.

Craftivism lässt sich auf Deutsch vielleicht am ehesten mit Handarbeitsaktivismus übersetzen. Hört sich niedlich an. Aber harmlos ist es nicht! Sarah Corbett hat es mit ihren Mitstreiter:innen geschafft, für Lohnerhöhungen bei Marks & Spencer zu sorgen.

Herzstück ihrer Kampagne waren Taschentücher von Marks & Spencer. Darauf hat sie mit ihrem Kollektiv für jedes Vorstandsmitglied eine persönliche Botschaft aufgestickt. So wurde ein Dialog mit dem Vorstand möglich. Und ein Dialog für einen sozialeren Kurs des Unternehmens erreicht.

Handarbeit kann mehr als ein Zuhause verschönern. Crafitivism setzt darauf, dass beim gemeinsamen textilen Arbeiten schon Gespräche entstehen. Und dazu gehört, sich den anderen gegenüber empathisch zu verhalten, freundlich zu sein. Von Anfang an werden hier Verständnis-Prozesse angestoßen, anstatt Gräben zu vertiefen. Und das geht beim gemeinsamen Sticken oder Häkeln einfacher, als wenn man den anderen wütend anbrüllt.

Ich glaube, Jesus wäre heute auch immer mal wieder bei Craftivism-Treffen zu finden. Und die Frage wäre höchstens: häkelt, strickt oder stickt er am liebsten. 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40226
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