SWR Kultur Lied zum Sonntag

30JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Musik 1: Martin Stadtfeld (Klavier) improvisiert über „Geh aus, mein Herz“

Noch hören wir es nicht, das Lied, um das es heute geht. Gleich ändert sich das, und vielleicht kommt ihnen die Melodie bekannt vor?

Musik 2: Fortsetzung von Musik 1 mit Martin Stadtfeld

Haben Sie es erkannt? Das Lied zum Sonntag heißt heute „Geh aus, mein Herz, und suche Freud!“ Der Barockdichter Paul Gerhardt hat es verfasst und ihm die Überschrift „Sommerlied“ gegeben. Dieses Lied lädt uns zu einem Spaziergang ein – hinaus, in die Schöpfung. Es wird bestimmt nicht langweilig, wenn wir gleichsam das „Buch der Natur“ aufblättern. Wer mitgeht, hört und singt vom Gackern der Hühner und dem Summen der Bienen. Ja, man schmeckt fast den Honig und den süßen Fruchtsaft wenn davon gesungen wird. Aber erst mal müssen wir uns auf den Weg machen! Die erste Strophe gibt uns den musikalischen Rückenwind:

Musik 3: Strophe 1 mit Christiane Oelze (Gesang) und Eric Schneider (Klavier)

Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben (schönen) Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

Paul Gerhardts „Sommerlied“ erinnert uns daran, wie bunt und wie lebendig die Schöpfung ist. Die Narzissen und die Tulpen, so heißt es in einer Strophe, würden in einem Schönheitswettbewerb sogar den biblischen König Salomo übertreffen, obwohl der ja so reich war, dass er sich in kostbare Seide kleiden konnte.

Musik 4: Strophe 2 mit „Die LingoBarden”

Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide.

Narzissen und Tulpen waren damals, als dieses Lied nach dem Dreißigjährigen Krieg entstand, ein ganz aktuelles Thema, vor allem in den Niederlanden. Ein Pfund solcher Zwiebeln konnte etwa so viel kosten wie ein kleines Häuschen. Es grassierte der „Tulpenwahn“ mit Tulpenzwiebeln als Spekulationsobjekten. Die Spekulanten staunten nicht mehr über die Schönheit der Natur, sondern über ihren Profit. Doch auf den „Boom“ der Tulpen folgte – wie wohl immer – der „Crash“. Nun waren die Tulpenzwiebeln nichts mehr wert, jedenfalls finanziell.

Musik 5: Fortsetzung von Musik 4

Paul Gerhardt spekuliert nicht, weder mit Geld, noch mit seinen Gedanken. Er liebt die Erde, und er hofft auf den Himmel. Das gefällt mir! Was ich in der Natur erlebe, das bringt mich zum Staunen und führt so auf Spuren zum Himmlischen. Der Gedanke an das Himmlische wiederum verliert sich nicht in spekulativen Höhenflügen, sondern bleibt auf dem Boden der Schöpfung. Ich glaube, darüber denke ich heute noch ein wenig nach: über das Irdische und das Himmlische, und über Paul Gerhardt, der die Erde liebt und auf den Himmel hofft. Am besten mache ich einen sommerlichen Spaziergang unter blauem Himmel, mit dem Lied von Paul Gerhardt im Ohr, oder vielleicht sogar auf den Lippen.

Musik 6: Strophe 8 mit Jay Alexander


Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinnen.
Ich singe mit, wenn alles singt
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.

 

Musikquellen (SWR-Archiv):

  • Musik 1 und 2: Deutsche Volkslieder mit Martin Stadtfeld (Klavier) – M0696932(AMS)
  • Musik 3: Exklusive Volkslieder (Vol. 3) mit Christiane Oelze (Gesang) und Eric Schneider (Klavier) – M0278450(AMS)
  • Musik 4 und 5: Deutsche. Lieder. Welten mit Die LingoBarden - M0609151(AMS)
  • Musik 6: Jay Alexander - M9174151(ADM)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=40167
weiterlesen...