Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27JUN2024
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Die menschliche Stimme ist so etwas Wunderbares. Ich finde es unglaublich, was sie alles transportieren kann. Wesentlich mehr als nur Worte. Wenn zum Beispiel jemand mit mir spricht, höre ich auch, ob er traurig oder fröhlich ist.

Darüber hinaus ist unsere Stimme völlig individuell. Wenn meine Mama am Telefon „Hallo“ sagt, erkenne ich sie sofort. Ohne, dass sie ihren Namen sagen muss.

In ganz vielen Begegnungen ist mir das aber gar nicht bewusst, was die Stimme alles mittransportiert. Wenn ich jemandem vor mir habe, spielt eine große Rolle, was er anhat, wie er sich bewegt und sein Gesicht aussieht. Anders ist das hier. Im Radio. Da gibt es nur die Stimme. Kein Gesicht, dass ich dazu im Kopf habe, wie, wenn ich mit jemandem telefoniere, den ich kenne. Keine Mimik. Keine Gestik. Nur die Stimme und was sie erzählt.

Wie wichtig eben nicht nur der Inhalt ist, sondern auch, wie man etwas erzählt, ist mir erst bewusst, seit ich fürs Radio arbeite. Und das war anfangs für mich gar nicht so einfach. Ich dachte zuerst: Sprechen…klar, das kann ich ja. Das ist keine Kunst. Außerdem bin ich es als Pfarrer gewöhnt am Mikrofon zu stehen und zu Leuten zu sprechen. Weit gefehlt. Das Sprechen hier im Radio fiel mir anfangs gar nicht so leicht. Nachdem ich jahrelang Pfarrer war, hatte ich mir einen gewissen Ton angewöhnt, der fürs Radio nicht so richtig gepasst hat. Mir ist passiert, was manchen in meinem Beruf über die Zeit hinweg passiert. Weil ich alles wichtig fand, habe ich auch alles betont. Habe zu langsam gesprochen. Ein wenig verzögert. Und dann klingt alles so betroffen und schwer. Nicht unbedingt so, wie man einen Radiobeitrag hören möchte. Ich auch nicht.

Ich glaube, inzwischen krieg ich das ganz gut hin. Aber das war ne ziemliche Arbeit.

Weil Sprechen nicht so einfach ist. Seine eigene Stimme und den eigenen natürlichen Ton zu finden und mit diesem bewusst etwas zu erzählen.

Seitdem achte ich auch mehr auf die Stimmen, die mir den Tag über begegnen. Nicht nur im Radio. Denn es ist so, wie wir im Deutschen sagen: Der Ton macht die Musik.

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