SWR3 Gedanken

20JUN2024
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Es ist ganz schön eng, links und rechts von mir liegt ungespültes Geschirr. Auch der Mülleimer steht ganz schön unpraktisch im Weg. Aber wir machen uns da nichts draus. Wir drehen die Musik einfach lauter und machen unsere Küche zum Dancefloor. Wir, damit meine ich meine Kinder, meinen Mann und mich. Und auch wenn die Küche als Tanzort ästhetisch noch ausbaufähig ist – das Tanzen an diesem Ort hat bereits eine lange Tradition bei uns.

Denn genau so habe ich meinen Mann kennen gelernt: Auf der Geburtstagsparty von unserem Freund Peter. Wir standen in der WG Küche, Peter hat uns einander vorgestellt – wir haben nur ganz kurz gesprochen, dann habe ich schon gerufen, dass wir hier dringend gute Musik brauchen. Und mein Mann – damals noch ein Fremder für mich – rief mir zu: Zu guter Musik muss man aber auch tanzen. Und dann haben wir getanzt, ohne uns eigentlich zu kennen, mitten in der Küche.  Während die anderen Gäste über wichtige Themen debattiert haben oder über den Sinn des Lebens philosophierten, haben wir getanzt. Und sind dabei zu einer vielleicht viel wichtigeren und sinnvolleren Erkenntnis gekommen, die unser Leben seither verändert hat: Wir finden uns mehr als gut.

Und so machen wir beide es auch heute noch, mittlerweile mit unseren Kindern, fast jeden Abend: Gute Musik laut aufdrehen und tanzen. Wild ausgelassen, alle so, wie sie es fühlen, ohne Regeln. Mal tanzt einer vor, dann wieder alle – und das, genau wie damals, vor fast 17 Jahren, mein Mann und ich – zwischen ungespültem Geschirr und Essensresten, aber genau so, wie wir es grad fühlen. Dabei können wir den Frust des Tages abladen, das Leben feiern und genießen, laut lachen und dankbar sein für all das, was wir aneinander haben; und an unsere Tradition anknüpfen: Wir finden uns mehr als gut!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40104
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