Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

26JUL2024
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Die „Titelfigur“ unseres biblischen Wochenabschnittes, das wir morgen in den Synagogen lesen, heißt Pinchas.  Pinchas war ein Priester. Seine „Amtsführung“ gibt bis heute Anlass zu Diskussionen.

Die Tora berichtet über eine Episode im Laufe der Wüstenwanderung der Israeliten, in der Pinchas eigenmächtig handelte, in dem er zwei Männer ermordete, dadurch jedoch einen großen Teil des Volkes vom Rückfall in eine Gesellschaft der Rücksichtslosigkeit bewahrte.  Die Männer hatten das Lager der Israeliten verlassen, um die „Liebesdienste“ von Moabiterinnen „in Anspruch zu nehmen“. 

Durch seinen harten Eingriff ging der Priester Pinchas in die Geschichte der Israeliten, als ein Musterfall von Fanatismus ein.  Die Darstellung der Heiligen Schrift weckt den Anschein, als ob sie die Vergeltungsmaßnahme des Priesters gegen die Übeltäter bejahen würde.  Die nachbiblische Literatur der Schriftgelehrten, der Talmud, formuliert eindeutiger und weist den Fanatismus in seine Schranken. Wenn man die Tat Pinchas’ und die Umstände analysiert, könnte man behaupten, dass Pinchas ein Eiferer, aber kein Fanatiker war.  Seine Handlung untergräbt jegliche Stabilität und Ordnung.  Fanatiker können manipulierbare Massen begeistern.  Der Fanatismus ist ein Gegner der Objektivität.  Er ist blind und verblendet diejenigen, die mit ihm in Berührung kommen.  Er führt zu Intoleranz, Gewaltbereitschaft und einer Ablehnung anderer Meinungen und Lebensweisen. Daher widerspricht Fanatismus den Grundideen des Judeseins.

Im Judentum ist jeder Mensch dazu aufgerufen und dafür verantwortlich, seinen Beitrag zur Verbesserung und „Reparatur der Welt“, auf Hebräisch „Tikkun Olam“ zu leisten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40083
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