SWR Kultur Zum jüdischen Feiertag

10JUN2024
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Als musikalische Einleitung zu unserem Toragebungsfest Schawuot hören Sie nun eine Komposition von Shlomo Carlebach. Er trägt einen Vers aus dem Buch des Propheten Jesaja vor: „Ki Mizijon teze Tora.“  (Jes.2:3). Auf Deutsch:  „Denn von Zion geht die Lehre aus und das Wort G-ttes aus Jerusalem“.

Es scheint, dass der Prophet Jesaja, der im 8.Jhdt. v.d.Z., also  etliche Jahrhunderte nach der sinaitischen Offenbarung lebte, die Schwerpunkte und die Tradierung der biblischen Lehre, wie auch des G-ttewortes von Sinai in Richtung Zion, nach Jerusalem verlegte.

(Musik.  CD.  LC. Hed-Arzi Records 15300; „The very best of Shlomo Carlebach “; Interpret: Shlomo Carlebach; Komponist: Shlomo Carlebach; 19-62720; Zeit:  3:05; Take 013; AMS: M0082327 –Gesamtzeit 3:05/gesendet ca.1:20-

Schawuot, auch bekannt als das Wochenfest, ist ein wichtiger Feiertag im jüdischen Kalender. Er erinnert an die Übergabe der Tora an Moses auf dem Berg Sinai. Obwohl Schawuot keine offensichtlichen Symbole aufweist, hat es eine tiefe spirituelle Bedeutung für die jüdische Gemeinschaft. Das hebräische Wort „Schawuot“ bedeutet “Wochen” und weist auf ein Gebot der Tora hin, das uns die Zählung der Tage und der Wochen, vom zweiten Tag des Pessachfestes an, verordnet.  Nach Ablauf von sieben Wochen, also am fünfzigsten Tag folgte dann das Schawuot-Fest.  Den Grund für das Gebot der Zählung sah man in der Tatsache, dass die Landwirte des Altertums kaum einen festen Kalender besitzen konnten.  Aufgrund der angeordneten Zählung der Tage und Wochen konnten sie weder das Fest, noch ihre Pflichten zur Abgabe von Erstlingsfrüchten für den Tempel in Jerusalem vergessen.

Schawuot ist, wie die meisten Feste unseres Volkes, ein Feiertag mit mehreren Inhalten.  In der Tora hat unser Wochenfest mehrere Namen: Chag HaSchawuot, auf Deutsch: “Wochenfest”; Chag HaKatzir: “Fest der Ernte”; Chag HaBikkurim, „Fest der Erstlingsfrüchte” und Atzeret, was so viel bedeutet, wie: “feierliche Versammlung”

Das „Wochenfest“ war von der biblischen Zeit her auch ein „Erntedankfest“.  Das Volk dankte G-tt für die Gerstenernte.  Dieses, für „das tägliche Brot“ wichtige Getreide, wird im Heiligen Land zu dieser Jahreszeit eingefahren.  Die Erstlingsfrüchte des Landes wurden zu Zeiten des Tempels durch die Pilger nach Jerusalem getragen. Am Schawuot feiern wir auch den neuerlichen Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai. Beim erstmaligen Empfang hatte Moses die Steintafeln mit den Zehn Geboten laut biblischer Überlieferung zerschmettert, weil das Volk Israel ein Goldenes Kalb anbetete. Daraufhin ging Moses wieder auf die Spitze des Berges Sinai, um die Gebote ein weiteres Mal zu erbitten. Die Zehn Gebote stehen im Mittelpunkt der Toralesung beim Synagogeng-ttesdienst. Sie werden unter Begleitung einer besonderen Melodie vorgelesen, während die ganze Gemeinde stehend diesen Abschnitt der Tora verfolgt. Traditionell werden an Schawuot milchhaltige Speisen gegessen, wie Käsekuchen, oder Pfannkuchen gefüllt mit süßem Quark.

 

Und nun hören Sie einen Abschnitt der Festliturgie „Bej Ana rachiz“.  Das Gebet in der Synagoge vor dem offenen Toraschrank, bevor die Schriftrollen aus dem Toraschrein ausgehoben und vorgelesen werden, lautet auf Deutsch: Ich stütze mich nur auf G-tt, den Herrn der Welt.  Seine Lehre ist Wahrheit, Seine Propheten sind wahrhaftig.  Er erweist immer wieder Gutes und die Wahrheit. Auf Ihn verlasse ich mich.  Seinen Namen rühme ich! -- Es singen Mordechaj und Jidel Werdyger.

(Musik.  CD. „Three Generations sing. “Interpret: Mordechaj Werdyger; Komponist: David Werdyger; 19-098451; (Take: 004 ODER) Take: 9; Zeit: 8:09; AMS: M0128471)

 

Der starken und intensiven Verbindung des Schawuot-Festes mit dem „Erntedank“ verdankt das biblische „Buch Ruth“ seine synagogale Vorlesung an diesem Festtag. // Nachdem sie nach Moab gezogen war und dort ihren Mann und ihre beiden Söhne verloren hatte, beschließt Naomi, dass es an der Zeit war, nach Jehuda heimzukehren. Es muss ihr das Herz gebrochen haben, die Rückreise ohne diejenigen zu beginnen, mit denen sie gekommen war. Aber sie hatte ja noch ihre beiden jungen Schwiegertöchter Orpa und Ruth. In jenen Tagen gehörten sie weiterhin zu ihrem Haushalt, auch wenn ihre Ehemänner nicht mehr da waren.

Irgendwann muss Naomi überlegt haben, wie viel die beiden jungen Frauen aufgeben mussten, als sie das verließen, was wahrscheinlich das einzige Zuhause war, das sie je gekannt hatten. Sie forderte ihre Schwiegertöchter auf, umzukehren und in das Haus ihrer Mütter zurückzugehen. Zunächst wehrten sich beide Frauen, aber schließlich überzeugte Naomis Hartnäckigkeit Orpa, und sie küsste Naomi und machte sich auf den Heimweg. Aber das Buch Ruth erzählt uns, dass die andere Schwiegertochter sich nicht überzeugen ließ. Ihre Verpflichtung gegenüber ihrer Schwiegermutter war zu stark. Und so sprach Ruth zu Naomi: „Der Herr tue mir das an, und noch mehr, wenn dich und mich etwas anderes, als der Tod trennt,

Zwei Witwen hatten es in jenen Tagen nicht leicht, und wahrscheinlich erlebten sie Hunger und Armut, als sie nach Jehuda kamen. Aber sie hatten einen reichen Verwandten, einen Mann namens Boas, und Ruth ging zu seinen Feldern, wo gerade die Ernte eingebracht wurde, um die Getreidereste zu sammeln. Boas wurde dort auf sie aufmerksam, und er hatte bereits von ihrer Hingabe und Fürsorge für ihre Schwiegermutter Naomi gehört. So nahm er sie in seinen Schutz, erlaubte ihr, von den Garben zu sammeln, und gab ihr zu essen. Nach einer gewissen Zeit heirateten Boas und Ruth.

Aufgrund von Ruths Hingabe und Liebe zu Naomi und ihrer Weigerung, von dem Weg abzuweichen, von dem sie wusste, dass er der richtige war, segnete G-tt sie in hohem Maße. Und so war es ihnen vergönnt in Frieden und Ruhe zu leben. Ruth und Boas bekamen Kinder, und deren Enkel wurde  dann der legendäre König David, aus dessen Haus wir eines Tages das Kommen des Messias erleben werden. Der Glaube an diese messianische Hoffnung möge auf die ganze, viel gelittene, friedlose Welt ausgedehnt werden.//Zum Schluss unserer Sendung hören Sie Kantor Jitzchak Helfgot.  Er trägt ein Gebet vor: Ledor Wador. Die Übersetzung lautet:  Von Geschlecht zu Geschlecht wollen wir Deine Größe verkünden und in alle Ewigkeit Deinen Namen heiligen.  Die Lobpreisung soll nicht aus unserem Munde weichen. Immer und ewig. (Musik.  CD. „Avot“; MCD 220; Interpret: Jitzchak Helfgot, Komponist; M. Kuschevitzky; 12-034631; Take:  008; Zeit:  6:15; AMS M008 1983)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40082
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