SWR4 Sonntagsgedanken

09JUN2024
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Viele sind sicher schon ganz gespannt. Diese Woche beginnt die Fußball-Europameisterschaft. Noch dazu im eigenen Land. Am kommenden Freitag trifft die deutsche Nationalmannschaft beim Eröffnungsspiel in München auf die Schottische.

Seit der Weltmeisterschaft in Brasilien vor zehn Jahren hat Deutschland kein wichtiges Turnier mehr gewonnen. Vielleicht gelingt ja wieder so ein Wunder wie bei der WM vor 50 Jahren, als Deutschland zu Hause gewann.

Fußball begeistert viele Menschen. Auch im SWR Sendegebiet. Wie der VFB am letzten Spieltag noch Vizemeister wurde. Wie Hoffenheim die Bayern am selben Tag schrubbte und damit zum Erfolg der Stuttgarter beitrug. Wie die Lauterer bis in Pokalfinale kamen. Wie die Mainzer den Klassenerhalt in der ersten Liga schafften. Wie die Heidenheimer so mir nichts, dir nichts als Aufsteiger gleich auf Platz 8 landeten und es damit in die Playoffs für die Conference-League schafften. Und Freiburg. Die haben sich fest in der ersten Liga etabliert. Schade, dass Christian Streich geht. Den mögen - glaube ich – alle irgendwie. Fußball begeistert. Und was begeistert mich?

Was ist, wenn mich nichts mehr richtig begeistert? Wenn sich mein Leben leer und kraftlos anfühlt? Wenn meine Lebenskraft vertrocknet ist und ich zu nichts mehr richtig Lust habe? Wenn bei mir nichts mehr so richtig voran geht?

Wie komme ich dann wieder zu neuer Begeisterung? Die einschlägige Ratgeberliteratur schlägt Folgendes vor: Schlafen Sie gut! Ernähren Sie sich gut! Verringern Sie Ihren Stress! Treiben Sie Sport! Hab keine Angst! Mach, was dein Bauchgefühl dir sagt!

Aber, kann ich mir selber sagen: „Hab keine Angst“? Oder „Schlaf gut!“ oder „Ernähre dich bewusst!“ Ich schlafe nicht besonders gut. Bin ein Frühaufwacher. Zwischen fünf und sechs ist bei mir meist die Nacht zu Ende. Da kann ich mir noch so sehr am Abend sagen: „So, aber heut will mal bis halb acht schlafen“. Es klappt einfach nicht. Und wenn ich Angst habe, dann habe ich eben Angst. Es sei denn, es ist jemand bei mir. Und bei der bewussten Ernährung bellt bei mir der innere Schweinehund ganz laut.

All diese Tipps und Ratschläge kranken meines Erachtens an einer Sache. Sie sagen dir immer: „Tu dies! Tu das! Hol das aus dir raus! Mach es!“

Dabei ist Begeisterung ein Passivwort. Da geschieht etwas an mir oder mit mir. Das Verb „begeistern“ hat die Vorsilbe „be-“. Wenn im Deutschen ein Tätigkeitswort vorne ein „be-“ hat, dann braucht es weiter hinten ein Akkusativobjekt. Etwas, nach dem man mit „wen oder was“ fragt. Beispiel: Wenn ich ein Konzert von Götz Alsmann gehe, dann begeistert mich das. Ich bin begeistert von etwas. Begeistern kann ich mich nicht von allein. Es kommt nicht aus mir selbst. Begeisterung braucht einen Auslöser, etwas, was mich anregt.

Begeisterung kann ich nicht selber in mir machen. Begeistert werde ich. Da passiert irgendwas, das Begeisterung in mir auslöst. Irgendein Impuls von außen. Begeisterung ist ein Geschenk. Als Christ habe ich die Erfahrung gemacht, dass Begeisterung etwas mit dem Geist zu tun hat. Mit dem Geist Gottes. Oder dem Heiligen Geist.

Mich begeistert, wenn Menschen für etwas „brennen“ und der Funke auf andere überspringt. Der Begründer der methodistischen Bewegung, John Wesley, hat sinngemäß gesagt: „Wenn ich bete, zündet der Geist Gottes ein Feuer in mir an. Und dann kommen die Menschen, um zu sehen, wie ich brenne.“

In der Bibel wurde das am Pfingstfest ganz deutlich (Apostelgeschichte 2). Da gab es plötzlich ein mächtiges Rauschen, wie wenn ein Sturm vom Himmel herabweht. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem die Apostel waren. Dann sahen sie etwas wie Feuer, das sich zerteilte, und auf jeden ließ sich eine Flammenzunge nieder. Alle wurden vom Geist Gottes erfüllt und begannen in anderen Sprachen zu reden, so wie es ihnen der Geist Gottes eingab.

Wir merken: Begeisterung hat auch etwas Unkontrollierbares. Etwas Unverfügbares. Sie ergreift nicht nur den Verstand, sondern auch die Gefühle und die Sinne. Der Geist Gottes, „weht, wo er will“ sagt Jesus (Johannes 3,8.) Er ist der, der im wahrsten Sinne des Wortes be-Geist-ert.

Die gute Nachricht ist: Da Begeisterung ein Geschenk ist, kannst ich auch darum bitten. Geschenke erbitte ich mir manchmal – zum Beispiel bei meinem Geburtstag. Es muss nicht immer eine Überraschung sein.

Wir können Gott auch um etwas bitten. Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, sagt Jesus einmal. Jesus um seinen Geist, um seinen Be-Geist-erung zu bitten, entspricht ganz seinem Willen.

Im Johannesevangelium verspricht Jesus, dass er seinen Geist senden wird und er nennt in extra „Tröster“. (Kap.14 und 15 jeweils Vers 26)

Als meine Mutter mit 56 an Krebs starb, brauchte ich jemanden, der mich tröstet. Zum Glück war meine damalige Frau da. Sie war wie ein Engel, den der Geist Gottes mir geschickt hatte. Seitdem – habe ich den Eindruck –bin ich auch wieder empfänglicher für Begeisterung.

Wer sich auch danach sehnt, dass wieder mehr Begeisterung sein Leben ergreift, kann ja zum Beispiel ein kleines Gebet sprechen: „Jesus, ich sehne mich danach, dass ich mich wieder für etwas begeistern kann, dass wieder mehr Freude in mein Leben kommt. Bitte schenk mir deinen Geist und mach mich offen für sein Wirken in mir und durch mich. Amen.“

Ich bin überzeugt, dass Gott dieses Gebet nicht ungehört verhallen lässt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40046
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