SWR4 Sonntagsgedanken

02JUN2024
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Wofür ist der Sonntag da?

Heute ist ein Tag der Freiheit. Sonntag. Keine Arbeit. Keine Verpflichtungen. Zeit für sich und Freunde. Sicher, auch heute rotieren viele: Krankenpfleger, Ärztinnen, Kellner, Eltern. Aber auch für die gilt: Jeder braucht immer wieder kleine Auszeiten. Sonntags – oder auch mitten in der Woche.

Wie wichtig solche Auszeiten sind, davon erzählt bereits die allererste Geschichte der Bibel. Die Schöpfungsgeschichte. Gott schafft hier die Welt. Bändigt das Chaos. Macht Licht und Dunkel, Land und Wasser, Bäume und Tiere. Und dann den Menschen. Seitdem gilt der Mensch als Krone der Schöpfung. Damit wird ausgedrückt: Der Mensch ist einzigartig. Ebenbild Gottes. Nimmt eine besondere Stellung in der Natur ein. Hat Verantwortung und besitzt Würde.

Was dabei vergessen wird: In der Schöpfungserzählung tritt der Mensch bereits am sechsten Tag auf den Plan. Erst am siebten und letzten Tag vollendet Gott sein Werk. Indem er einfach mal nichts macht. Sich ausruht. Das letzte Schöpfungswerk: Eine einzige große Pause. Im Judentum kriegt dieser Tag den Namen Sabbat. Bei den Christen ist das der Sonntag. In anderen Religionen gibt es Pausenzeiten etwa durch Gebete oder Gottesdienste.

Dabei ist der Sabbat mehr als nur einfach eine Pause oder Zeit fürs Faulenzen. Davon erzählen die Zehn Gebote. Die es in der Bibel übrigens in zwei Versionen gibt. Beide fordern, den Sabbat zu halten. Begründet wird das aber unterschiedlich. Einmal ist der Sabbat dafür da, dass sich Menschen an der ganzen Schöpfung erfreuen können. Dass sie das Wunder des Lebens und der Welt würdigen. Dann ist der Sabbat dafür da, dass sich die Juden an ein besonderes Ereignis erinnern: An ihre Befreiung aus der Sklaverei. Sabbat heißt, daran festzuhalten, dass der Mensch nur frei wirklich Mensch ist.

Zwei gute Gründe für eine Auszeit auch heute. Auf die Wunder der Schöpfung sehen – und die Freiheit feiern. Ganz egal, ob er Sabbat oder Sonntag heißt: Gemeint ist ein Tag, der mich erleben lässt, dass ich selbst ein Wunder bin – so wie jeder Mensch, jedes Tier, jedes Samenkorn, jeder Stern. Und an dem ich spüre, wie wichtig es ist, frei sein zu dürfen. Eine Freiheit, die für alle Menschen gilt.

 

 

Zur Ruhe kommen

Zur Ruhe kommen. Das ist oft ganz schön schwierig. Wenn alle an einem zerren. Und wenn man sich selbst unter Druck setzt. Aber auch, wenn man alleine ist. Wenn die Gedanken immer wieder um die gleichen Probleme kreisen. Wenn das Leben einfach schwerfällt.

Dabei sind Ruhezeiten ganz schön wichtig. Für den Körper. Pausen helfen, dass sich die Muskeln entspannen, der Stoffwechsel ins Lot kommt. Dass man ganz einfach Energie tanken kann. Pausen sind aber auch für den Geist wichtig. Sie beruhigen bei Stress. Helfen, dass das Gedächtnis fit bleibt. Verbessern die Konzentration. Und auch dafür sind Ruhezeiten wichtig: Um Zeit für Familie, Freunde, Hobbys oder ein Ehrenamt zu haben. Ohne Pausen fehlt die Zeit für Beziehungen.

Was ich selbst immer wieder erlebe: Wenn ich Pausen mache, dann kommen Ideen – für die nächsten Sonntagsgedanken zum Beispiel. Oder mir fallen Lösungen für schwierige berufliche Situationen ein. Oder den letzten Streit.

Kurz: Ruhezeiten sind wichtig, damit der Mensch gesund bleibt. An Körper und Geist, Herz und Seele. Auszeiten helfen, ein ausgewogenes und erfülltes Leben zu führen. Sie stärken und machen frei.

Genau das steckt auch hinter dem Gebot, den Sabbat zu halten. Eines der zehn Gebote. Die sind oft als Regeln missverstanden worden, die den Menschen einengen und unterdrücken wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Die zehn Gebote sind Grundregeln für ein Leben in Freiheit. Freiheit kann es nur geben, wenn ich sicher bin, wenn ich keine Angst haben muss, wenn mich niemand bedroht oder mich gar um meine Lebensgrundlagen bringt. Nicht töten. Nicht lügen. Nicht stehlen. Das sind ganz grundsätzliche Regeln für ein freies Miteinander von Menschen. Den Sabbat zu halten gehört auch dazu. Ein freier Tag, eine Auszeit, eine Zeit der Muße: Das hilft mir, mit mir selbst und anderen klar zu kommen. Kraft zu schöpfen. Beziehungen zu pflegen. Ohne das alles ist ein Leben in Freiheit und Würde kaum vorstellbar. Darum geht es diesem Gebot. Es sagt: Wenn du dir selbst etwas Gutes tun willst, dann sorge dafür, dass du Pausen machst. Zur Ruhe kommst.

Das Leben dreht sich schon früh genug weiter.

 

 

 

Zu Markus 2

An einem Sabbat ging Jesus durch die Kornfelder und unterwegs rissen seine Jünger Ähren ab. Da sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat nicht erlaubt. Er antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten, wie er zur Zeit des Hohepriesters Ábjatar in das Haus Gottes ging und die Schaubrote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen Begleitern davon gab? Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.

 

Exodus 20

Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin und dein Vieh und dein Fremder in deinen Toren. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbat gesegnet und ihn geheiligt.

 

Deuteronomium 5

Halte den Sabbat: Halte ihn heilig, wie es dir der HERR, dein Gott, geboten hat! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren. Dein Sklave und deine Sklavin sollen sich ausruhen wie du. Gedenke, dass du Sklave warst im Land Ägypten und dass dich der HERR, dein Gott, mit starker Hand und ausgestrecktem Arm von dort herausgeführt hat. Darum hat es dir der HERR, dein Gott, geboten, den Sabbat zu begehen.

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