SWR Kultur Lied zum Sonntag

02JUN2024
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Suchen und fragen, hoffen und sehn,
miteinander glauben und sich verstehn,
lachen, sich öffnen, tanzen, befrein.
So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.

Klagende hören, Trauernde sehn,
aneinander glauben und sich verstehn,
auf unsere Armut lässt Gott sich ein,
so spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.

Planen und bauen, Neuland begehn,
füreinander glauben, und sich verstehn,
leben für viele, Brot sein und Wein,
so spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.

 

„Sagen Sie NEIN!“ Immer wieder höre ich solche Sätze. „Sie müssen lernen, ‚Nein‘ zu sagen, damit es ihnen nicht zu viel wird.“ Es gibt richtige Trainingseinheiten, um das zu üben. Und auch noch, ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu bekommen. „Nein“ sagen ist wichtig, um nicht über seine Kräfte zu haushalten, oder gar von anderen ausgenützt zu werden.

So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.


Unser Lied zum Sonntag heute heißt: Suchen und fragen. Es steht im Gotteslob unter der Nummer 457. Dieses Lied sagt zum Thema „Nein“ genau das Gegenteil. Mein „Nein“ soll sterben; ich soll möglichst nicht „Nein“ sagen. Nicht, wenn es auf mich ankommt. Das bedeutet: Ich muss stets prüfen, wann ich unbedingt gebraucht werde, damit ich mich nicht aus der Affäre ziehe. Es ist schon in Ordnung, dass ich nicht bei allem mitmachen kann. Immer „Ja und Amen“ zu sagen, wäre verkehrt. Bevor ich „Ja“ oder „Nein“ sage liegt es an mir, kritisch zu prüfen, was an mich herangetragen wird. Und dann zu entscheiden. Ist es wichtig, braucht es mich - oder nicht?


Suchen und fragen, hoffen und sehn,
miteinander glauben und sich verstehn,
lachen, sich öffnen, tanzen, befrein.
So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.

Aber was sind die Kriterien, an die ich mich halte und mit deren Hilfe ich dann entscheide, wann es mein „Ja“ braucht und wann mein „Nein“? Jetzt wird es beim heutigen Lied interessant. Denn es wählt eine völlig andere Zugangsweise. Es denkt von Gott her, nicht vom Menschen. Es versucht aufzuspüren, wo Gott „Ja“ sagt. Und zwar nicht theoretisch, als ob man das am Schreibtisch entscheiden könnte: Dazu sagt Gott „Ja“, dazu nicht. Es ist anders: Gottes Zustimmung steckt in unserem menschlichen Tun. Das Lied nennt Strophe für Strophe die Situationen und Orte, wo Gott sein „Ja“ sprechen würde.
Wo wir suchen und fragen, nicht fertig sind mit der Welt, sondern offen bleiben für Neues, Fremdes - dazu sagt Gott: Ja, prima. Und das kann dann auch ein Maßstab für unser „Ja“ sein. Mit Gottes Zustimmung kann ich rechnen, wo ich vor der Not anderer nicht die Augen zumache, nicht in reich und arm einteile. So die zweite Strophe. {Dazu ist er in Jesus Mensch geworden. Von ihm wird zwar im Lied nicht gesprochen. Aber er ist der Maßstab. Wo es etwas in seinem Sinne zu tun gibt, sollte ich mich nicht verweigern.}


Klagende hören, Trauernde sehn,
aneinander glauben und sich verstehn,
auf unsere Armut lässt Gott sich ein,
so spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.

Was aber, wenn mir das doch zu viel wird? Es gibt so etwas wie spirituelle/religiöse Ausbeutung. Wenn es trotz allem gelingt, mir ein schlechtes Gewissen einzureden, weil doch dies und das noch zu tun wäre im Weinberg des Herrn, ich aber schlicht nicht mehr kann. Das Lied löst dieses Problem geschickt, finde ich. In seiner Logik muss ich zuletzt gar nichts tun. Wo ich Gott bei mir weiß, an meiner Seite, dort spricht er sein „Ja“. Und das ist vor allem dort, wo ich mich mit anderen verständige, immer und immer wieder, für andere da bin. Das bejaht Gott. Und die Melodie macht darüber einen Freudensprung über sechs Tonstufen hinweg. Das „Nein“ … stirbt dann von ganz allein.


Planen und bauen, Neuland begehn,
füreinander glauben, und sich verstehn,
leben für viele, Brot sein und Wein,
so spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein.


1
[WDR] 6053258104.001.001 2'25
Suchen und fragen (zu 4 Stimmen)
Westkemper u.a. (Westkemper)
Lonquich, Heinz Martin; Scouarnec, Michel; ...
Chorgemeinschaft St. Clemens, Telgte

2
[WDR] 6133709115.001.001 2'21
Suchen und fragen
Eingeladen zum Fest des Glaubens
Akepsimas, Jon; Scouarnec, Michel; ...
Bitsch-Molitor, Mechthild

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39922
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