SWR3 Gedanken

18MAI2024
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Neulich habe ich eine sehr schöne Geschichte in einem Zeitungsartikel gelesen. Ein alter Mann, längst im Ruhestand, macht sich fast jeden Tag auf den Weg in eine Galerie in der Nähe. Gelernter Glaser ist er und hat früher Kunstwerken den passenden Rahmen gegeben. In der Galerie steht ein Stuhl für ihn bereit, die Galeristin kennt ihn, hier sitzt er Tag für Tag, und die beiden tauschen sich über das Handwerk aus, das sie beide teilen. Die Autorin des Artikels nennt das „den dritten Ort“ und meint, dass eigentlich alle Menschen so etwas brauchen – einen Platz, der neben Arbeit und Zuhause der Ort ist, an dem man einfach SEIN kann. Ohne Aufgaben, ohne Probleme, die es zu lösen gilt, an dem man entspannen und sich austauschen kann. Die quietschende Schaukel im Garten, das kleine Café um die Ecke, die Buslinie 42, die die schönsten Orte in der Stadt abfährt. Für jede und jeden können das ganz unterschiedliche Orte sein – aber ihnen gemeinsam ist vor allem eines: Es sind Orte, an denen wir Kraft tanken. Für den Alltag, aber auch für schwere Zeiten. Auch und gerade, wenn einer der beiden anderen Orte, Arbeit oder Zuhause, sei es durch Ruhestand oder Umzug, wegfällt. – Eine Art eines solchen Ortes, der weder durch Ruhestand wegfällt noch durch Umzug verloren geht, ist für viele Christinnen und Christen Gott selbst. Er wird in der Bibel oft als eine Art dritter Ort beschrieben: als Quelle, als starker Fels oder Burg. Gott ist und war für Menschen ein Ort der Sicherheit und des zur Ruhekommen. – Ob es nun Gott ist oder einen ganz realen Ort, wie eine Schaukel im Garten oder ein Stuhl in der Galerie: Einen solchen Ort sollten alle Menschen haben. Was ist Ihr dritter Ort?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39917
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