SWR4 Abendgedanken

01MAI2024
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In Bamberg, ganz in der Nähe vom Dom, hängt ein kleiner gelber Briefkasten der Post. Er wird jeden Tag um 14:45 Uhr geleert. Auf die Klappe, durch die man seine Briefe einwerfen kann, hat jemand mit dickem Filzstift zwei Worte geschrieben: „nur Liebesbriefe“.

Ich finde das eine wunderbare Idee. Wie wäre es denn, wenn in alle unsere Briefkästen tatsächlich nur Liebesbriefe eingeworfen würden? Keine Rechnungen. Keine Mahnungen an Menschen, die ihre Kosten nicht bezahlen können, weil das Geld nicht reicht. Keine Abschiedsbriefe, die anderen das Herz brechen. Keine Briefe voller Hass und Ablehnung und böser Worte. Wie wäre es, wenn es verboten wäre, das alles in den Briefkasten zu werfen. Nur Liebesbriefe. Dann wäre diese Welt wohl ein bisschen besser. Es gäbe weniger Angst, weniger Leid, weniger gebrochene Herzen, weniger Hass. Weniger verletzte Menschen. Leider ist das nur ein unrealistischer Traum und ganz bestimmt werden auch in diesen Briefkasten in Bamberg viele Briefe eingeworfen, die keine Liebesbotschaft vermitteln. Aber eigentlich ist das schade.

Doch der Gedanke lässt mich trotzdem nicht los. Wir müssen ja nicht gleich Liebesbriefe schreiben. Aber wie wäre es denn, wenn wir mehr darauf achten würden, wie wir unsere Briefe und Nachrichten formulieren. Der Ton macht doch die Musik. Wie wäre es, wenn eine Rechnung oder Mahnung mit einem Angebot zur Hilfe verbunden wäre. Oder eine Kritik gleichzeitig auch Verständnis zeigt für den anderen Menschen. Wie wäre es, wenn wir in unseren Briefen und Nachrichten darauf achten würden, keine verletzten Worte zu benutzen, auch dann, wenn uns der andere Mensch geärgert und verletzt hat. Ich muss dabei an Jesus denken, der einmal gesagt hat: „Segnet die, die euch verfluchen und betet für die, die euch beleidigen“ (Lk.6,28) Rechnungen, Mahnungen, Abschiede und Streit wird es immer geben. Doch selbst, wenn es mir schwer fällt, ich kann anderen Menschen auch in schwierigen Situationen gute und freundliche Worte sagen und schreiben. Denn der Ton macht die Musik.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39763
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