SWR2 Lied zum Sonntag

28MAI2023
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Pfingsten ist das einzige Fest im kirchlichen Kalender, das keinem eingefahrenen Dekorationscode unterworfen ist. Außer vielleicht diesem: „Schmückt das Fest mit Maien!“. So heißt es in einem dreihundert Jahre alten Pfingstlied von Benjamin Schmolck. Vor meinem inneren Auge entsteht da ein Blütenmeer aus allem, was der liebe Mai zu bieten hat: Flieder und Maiglöckchen, Pfingstrosen und Akelei, Waldmeister und Birkengrün …
Diese Kulisse passt hervorragend zum Heiligen Geist, dessen Fest wir heute feiern. Er mag es gerne frisch und frech, üppig und überbordend, denn er ist der Inbegriff der göttlichen Fülle, ein wahrer Verschwender vor dem Herrn:

Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an,
denn der Geist der Gnaden hat sich eingeladen, machet ihm die Bahn!
Nehmt ihn ein, so wird sein Schein euch mit Licht und Heil erfüllen und den Kummer stillen.

Pfingsten lebt und liebt die Vielfalt. Und das liegt ohne Zweifel an dem, der sich hier feiern lässt. Der Heilige Geist ist ein wahrer Tausendsassa. Hört nur, mit wie viel verschiedenen Namen er daherkommt:

Tröster der Betrübten, Siegel der Geliebten, Geist voll Rat und Tat,
starker Gottesfinger, Friedensüberbringer, Licht auf unserm Pfad;
gib uns Kraft und Lebenssaft, lass uns deine teuren Gaben zur Genüge haben.

Wenn Gott die Sonne ist, ruhende Mitte und Kraftquelle des Universums, und wenn Jesus Christus das lachende, mir zugewandte Kindergesicht dieser Sonne ist, dann hat der Heilige Geist seine Finger in all den Sonnenstrahlen, in dem, was von Gott spürbar ist, Energie freisetzt, Leben aufblühen, wachsen und gedeihen lässt. So wie ein sanfter Maienregen: 

Güldner Himmelsregen, schütte deinen Segen auf der Kirche Feld;
lasse Ströme fließen, die das Land begießen, wo dein Wort hinfällt,
und verleih, dass es gedeih, hundertfältig Früchte bringe, alles ihm gelinge.

„Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle. O gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!“, ruft Erich Kästner aus in seinem Gedicht über den Mai, den er zuvor als „Mozart des Kalenders“ eingeführt hat, der aus einer Kutsche grüßend übers Land rollt. Dann aber fährt er fort: „Melancholie und Freude sind wohl Schwestern. Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee. Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern. Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.“
Und ja, auch Pfingsten, das Hochfest des Heiligen Geistes geht vorbei und überlässt uns wieder dem grauen Alltag mit seinen Pflichten. Und allem, was schmerzt. Der Heilige Geist aber nickt uns zu und ruft: „Ich komm ja wieder!“ Und erfindet sich flugs neue wunderschöne Namen: Ich bin dein Rückenwind, dein Muntermacher, deine Durchhalteparole. Lass dich von mir treiben. Und am Ende, ganz am Ende, du wirst schon sehn, da blüht es wieder … 

Lass uns hier indessen nimmermehr vergessen, dass wir Gott verwandt;
dem lass uns stets dienen und im Guten grünen als ein fruchtbar Land,
bis wir dort, du werter Hort, bei den grünen Himmelsmaien ewig uns erfreuen.

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Text: Benjamin Schmolck (1715)
Musik: bei Christian Friedrich Witt (1715)
Musikquelle: CoroPiccolo Karlsruhe unter der Leitung von KMD Christian-Markus Raiser (2023)

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