SWR2 Wort zum Tag

Am Pfingstfest wird es in Stuttgart morgen wieder eine Nacht der Offenen Kirchen geben, mit offenen Türen, Musik und Tanz, Schauspiel und Bildern.

Kirchen sind nach wie vor Orte, an denen Junge wie Alte, Kinder wie Erwachsene einen Lebenszusammenhang erspüren und erahnen können, der über sie hinausweist: Kirchenräume erzählen von der Hoffnung auf Gott, und dass das Leben und der Mensch nicht ein Zufall, sondern ein Gedanke Gottes ist. Das wird nicht nur in dem deutlich, was in den Kirchenräumen gesagt oder gesungen wird, sondern schon durch den Raum selbst, der ein Ort des Gebets, der Musik zum Lobe Gottes, der Kunst der erzählten Bilder ist.

Kirchenräume kann man als solche Orte neu entdecken. Ich weiß das, weil ich das im Moment fast täglich erleben kann: Eine unserer Kirchen wird in den Wochen zwischen Ostern und Pfingsten als Jugendkirche genutzt. Dort sind Schulklassen zu Werkstatttagen mit Künstlern zu Gast. Jugendliche und ihre Kultur haben einen Platz dort. Es werden Themen verhandelt werden, die sie angehen.
Eine Landschaft aus meterlangen Holzbohlen hat seit Wochen dem Kirchenraum ein anderes Gesicht gegeben: Die Holzbohlen sind zu Altartischen, Trennwänden, Treppen, schmalen Brücken geworden. Der für mich eindrücklichste und interessanteste Ort ist in dieser Landschaft der Altar: Er ist in eine große Holzkiste eingebaut und mit schwarzen Folien umspannt, eine „Black Box“, so sagt das Team der Jugendkirche. Man blickt jetzt auf einen schwarzen Kasten. In der Osternacht symbolisierte dieser umbaute Raum das Grab Jesu, aus dem die Osterkerze heraus getragen wurde. In den Tagen nach Ostern wurde er zu dem Ort, in den Jugendliche sich zurückziehen konnten, mit ihren Gedanken und Gebeten.
Dieser Ort hat eine besondere Wirkung. Durch einen schmalen Eingang kann man in die Black Box hinein gehen. Man muss sich ein bisschen bücken. In der Black Box steht der Altar. Es ist ein großer Block aus rauem Sandstein, ohne jeglichen Schmuck jetzt. Der Stein fühlt sich gut an. Aber er ist überhaupt nicht spektakulär. Manchmal liegt ein Buch oder ein Schriftband auf dem Altar, mehr nicht. Von oben fällt durch eine schmale Öffnung in der Black Box das Licht herein. Das ist alles.
Ich glaube, die Jugendlichen spüren an diesem Ort das Kirchengebäude in einer besonderen Weise und merken: Es ist da, weil Menschen von ihrer Hoffnung und ihrem Glauben erzählen wollten, weil sie sagen wollten: Ich bin ein Gedanke Gottes, und die Welt um mich herum auch.
Nicht nur in der Pfingstnacht morgen stehen die Kirchentüren offen. Seien Sie willkommen!



https://www.kirche-im-swr.de/?m=3657
weiterlesen...