SWR4 Abendgedanken BW

Es brennt in der Bibel – lichterloh. Da ist die Rede vom Feuer, das vernichtet, und vom Feuer, das entzündet wird, von einer Feuersäule und von Brandopfern, von glühen-den Kohlen und vom glimmenden Docht, von Zornesgluten und brennenden Herzen.
Mose ist seinerzeit einem ganz seltsamen Feuer begegnet. Im Buch Exodus im Al-ten Testament wird davon berichtet: Mose war als Hirte mit seiner Herde unterwegs, als er sah, dass eine „Flamme … aus einem Dornbusch emporschlug“ (Exodus 3,2) – ohne dass der Dornbusch dabei verbrannte. Neugierig geworden ging Mose diesem merkwürdigen Phänomen auf den Grund – und entdeckte, dass Gott sich ihm in diesem Feuer zeigte. Und mehr noch: hier offenbarte Gott seinen Namen: „Ich bin der ‚Ich-bin-da‘“ (Exodus 3,14).
Am brennenden Dornbusch gibt Gott sich also zu erkennen: Er ist der, der da ist – sicher, verlässlich, unvergänglich und nicht nur wie ein kurzes Strohfeuer, das schnell wieder verlöscht. Er ist der, der da ist – auch wenn es brenzlig ist, auch wenn es zum Da-vonlaufen ist. Aber er lässt sich – so wie Feuer - nicht vorausberechnen, er lässt sich nicht fassen und nicht über sich verfügen.
An Pfingsten gibt es wieder so ein merkwürdiges Feuer, das brennt und doch nichts verbrennt: Damals erschienen den versammelten Aposteln „Zungen wie von Feuer“, wie es in der Apostelgeschichte (2,3) heißt. Da war also Feuer unterm Dach. Und obwohl das normalerweise brandgefährlich ist, scheint dieses Feuer keinen Schaden angerichtet zu haben: nichts ist verbrannt, die Apostel blieben unversehrt.
Gott sendet den Heiligen Geist - in Form von Feuerzungen, die nichts zerstören. Es scheint, als ob Pfingsten so etwas wie die Fortsetzung der Geschichte vom brennenden Dornbusch ist: So wie Mose am brennenden Dornbusch erfahren hat, wer Gott ist – näm-lich der Gott, der da ist, so erleben die Apostel nun, wie dieser Gott bei uns ist: Gottes Da-sein wird fühl- und erlebbar im Wirken des Heiligen Geistes – etwa wenn Ängstliche und Hoffnungslose Mut fassen, wenn Rastlose und Getriebene Ruhe finden, wenn Lei-dende und Verzweifelte getröstet werden, wenn Krankes und Verletztes geheilt wird, wenn Starres und Festgefahrenes in Bewegung kommt, wenn Totes lebendig wird …
Allerdings: Der Geist, weht wo er will (nach Johannes 3,8). Gottes Da-sein ereignet sich nicht unbedingt so, wie wir uns das vorstellen oder wünschen. Aber wenn wir unsere ei-genen Erwartungen und Wünsche loslassen, wenn wir uns dem Anderen öffnen, dann kann Erstaunliches passieren: Die Apostel konnten plötzlich so reden, dass alle Welt sie verstand. Wer weiß, zu was wir fähig sind, wenn wir Gott eine Chance geben und ein Funke des pfingstlichen Feuers auf uns überspringt.
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