SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

24JUL2022
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Hat Sie schon mal der Teufel besucht? Manchmal, da scheint es doch wirklich wie verhext! Nichts gelingt, alles geht schief – als hätte der Teufel seine Hand im Spiel. „Als hätt‘ mich da einer geschubst“, sagt die ältere Dame nach ihrem schweren Sturz.

Gerne flüstert der Teufel einem auch etwas ein: Fahr ruhig schneller, es ist doch kaum Verkehr! Hab keine Angst vor Gefahr – gefährlich ist es nur für die anderen! Und die sind sowieso alle blöd. Vergiss bloß nicht, ihnen das auch zu sagen!

Der Teufel liebt alles, was nicht gut läuft. Hast du Zweifel an dir? Möchtest du am liebsten alles hinschmeißen? Schon gibt der Teufel dir recht: Du kannst sowieso nichts! Du machst eh alles falsch! Du bildest dir etwas ein und gehst in die völlig verkehrte Richtung!

Einer, dem der Teufel so etwas gerne gesagt hat, das war Martin Luther. Bis es dem gereicht hat. Ein Tintenfass soll er nach dem Teufel geschmissen haben. Auf der Wartburg, als er sich vor seinen Feinden verstecken musste. Genau in dieser schweren Zeit ist der Teufel vorbeigekommen. Der wollte Luther einflüstern, dass der alles aufgibt. Da hat er Luthers Tintenfass an den Kopf gekriegt. An der Wand gab es einen  Riesentintenfleck.

Dabei hat Luther eigentlich eine viel bessere Methode gegen den Teufel gehabt. Immer, wenn er das Gefühl hatte: Jetzt steht der Teufel neben mir, der will was von mir, was ich nicht will – und was ich auch um Gottes Willen nicht tun sollte! Immer dann hat Luther sich einen kurzen lateinischen Satz aufgeschrieben: baptizatus sum. Auf Deutsch: Ich bin getauft. Das war wie eine Zauberformel. Wenn ihn Angst oder Schwermut überfiel: baptizatus sum. Wenn er sich vom Teufel und Dämonen verfolgt fühlte: baptizatus sum – ich bin getauft. Das hat er auf einen Zettel geschrieben oder mit Kreide vor sich auf den Tisch.

Als Zauberspruch hätte Luther das nicht bezeichnet. Die Taufe ist ja auch keine Zauberei, kein Wundermittel, das alles Böse fernhält. Aber mich erinnert Luthers Satz an die Bücher über den jungen Zauberer Harry Potter. Da gibt es einen Zauberspruch gegen alles Böse und Gefährliche: expecto patronum. Auf Deutsch: Ich erwarte meinen Schutzherrn. Dann kommt ein guter Zauber und vertreibt den bösen.

Nein, so funktioniert es für Martin Luther nicht. Er ruft seinen Schutzherrn nicht mit einem Zauberspruch herbei. Aber Luther hat einen: Jesus Christus. Mit ihm ist er durch die Taufe verbunden: baptizatus sum – ich bin getauft. Das drückt ein ganz tiefes Vertrauen aus: Ich bin nicht allein. Ich bin behütet. Selbst in einer schlimmen Zeit verlässt Gott mich nicht. Jesus selbst steht mir zur Seite.

Aber was hat es mit der Taufe nun genau auf sich?

Nachher um elf werde ich ein kleines Mädchen taufen. Ich freue mich, wenn junge Eltern ihr Kind unter Gottes Schutz stellen wollen. Sie vertrauen es Gott an, ein Leben lang. Wer weiß, was das Kind alles erleben wird! Bestimmt wird da nicht alles glatt gehen. Und es wird Tage geben, da geht einfach alles schief. Als hätte der Teufel seine Finger im Spiel. Vielleicht wird dieses Mädchen sogar einmal am eigenen Leben zweifeln. Hoffentlich wird es dann seine Taufe spüren, auch als erwachsene Frau. Hoffentlich wird sie wie Martin Luther dieses tiefe Vertrauen haben: Gott ist für mich da.

In vierzehn Jahren wird sie vielleicht konfirmiert. So wie ihre Mutter. Die habe ich vor einigen Jahren konfirmiert, und meine Frau hat sie als kleines Kind getauft. Und davor deren Eltern getraut. Wir sind jetzt so lange in unserer Gemeinde und begleiten diese Familie schon so lange. Das zu sehen macht mir klar, wie die Taufe alle Christen miteinander verbindet. Über die Zeiten hinweg. Seit bald 2000 Jahren vertrauen Menschen ihr Leben Gott an und lassen sich taufen. Und bei jeder Taufe spricht die Gemeinde das Glaubensbekenntnis. Die uralten Worte verbinden die Menschen über die Zeiten hinweg in einem Glauben.

Baptizatus sum. Vielleicht lernt das kleine Mädchen, das ich taufe, einmal diesen Spruch. Für Mädchen und Frauen heißt er: baptizata sum. Ich gehöre zu Jesus. Auf seinen Namen bin ich getauft. Der wird mich begleiten, auch in Not und Gefahr. Das Schlimme muss ich trotzdem durchmachen. Aber ich bin nicht allein. Mein Schutzherr ist bei mir. Bis in den Tod, und darüber hinaus. Alle Tage, bis an der Welt Ende. Das hat er versprochen. Das wiederholen wir bei jeder Taufe.

Und es tut gut, sich daran immer wieder zu erinnern. Luther hat das gemacht und die Worte vor sich auf den Tisch geschrieben: Ich bin getauft. Junge Leute erinnern sich daran bei ihrer Konfirmation. Meine älteste Konfirmandin war übrigens fast 70. Eine sehr fromme Frau, die als Kind in der früheren Sowjetunion gelebt hatte. Sie wollte unbedingt ihre Taufe bestätigen. Baptizata sum, ich bin getauft. Das war ihr ganz wichtig.

Ja, es mag sein, dass der Teufel vorbeischaut. Aber dann müssen wir keine Tintenfässer nach ihm schmeißen. Wir können ihn anders auf seinen Platz verweisen.

Ich wünsche Ihnen Schutz und Segen an diesem Sonntag!

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