SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

Da ist was ganz Blödes passiert. Dabei hab ich es eigentlich nur gut gemeint. Kennen Sie das auch?
Wenn mir sowas passiert, dann stehe ich da und weiß gar nicht, wie es dazu kommen konnte. Das ist schneller passiert, als ich denken konnte. Aber – ich war das. Ich habe das gesagt. Ich habe das getan. Es gibt keine Entschuldigung. Vielleicht noch eine lahme Erklärung. Aber die macht den Schaden auch nicht wieder gut.

Ja, das kenne ich. Aber immerhin stehe ich damit in guter Gesellschaft. Kein Geringerer als der Apostel Paulus hat einmal geschrieben: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“

Es ist wirklich vertrackt: Da weiß ich nicht nur ganz genau, was gut wäre – ich will es sogar tun! Ich habe es fest vor! Ich weiß alles, was ich dafür wissen muss, ich habe alle Möglichkeiten und die Gelegenheit – und dann? Dann tue ich das genaue Gegenteil von dem, was ich eigentlich tun will. Und das ist nicht irgendjemand irgendwie passiert. Wie gesagt: Ich war das! Hab ich nicht aufgepasst?

Paulus ist der Sache nachgegangen. Ihm hat das nämlich auch keine Ruhe gelassen! Er hat sich das so erklärt: Da gibt es sozusagen zwei Gesetze in mir, die liegen miteinander im Kampf. Das eine ist das Gesetz Gottes. Die 10 Gebote zum Beispiel. Die zeigen mir den guten Weg, den richtigen Weg. Und die leuchten mir auch ein, ich befolge die gerne und habe Freude an Gottes Geboten. Wenn alle sich daran halten, denke ich mir, dann kann das Leben richtig gut werden.

Das ist das eine Gesetz. Und das andere: das hat Paulus das Gesetz der Sünde genannt. Sünde, das ist für ihn noch ein bisschen mehr als das zweite Stück Sahnetorte oder die etwas zu schnellen 50 innerorts. Sünde – das heißt: Ich brauche Gott nicht! Ich will meinen eigenen Weg gehen. Ich weiß es besser. Gott stört mich sogar. Ich komme gut ohne ihn zurecht, so wie die meisten. So wichtig ist er nun auch wieder nicht. Wenn es ihn überhaupt gibt …

Wer so denkt und lebt, der ist ja deshalb nicht ein böser Mensch. Ich denke an mich selber. Ich bin doch eigentlich kein schlechter Mensch. Ich will ja das Richtige tun, weil: na ja, es liegt halt an. Alle sagen, man soll das so machen. Ist ja auch in Ordnung, und man fühlt sich gut dabei.

Aber eine Herzenssache – nein, die ist das dann doch nicht bei mir. Manchmal, da ist es richtig unbequem, das Gute zu tun. Nicht rauchen, zu den Mitmenschen freundlich sein, von meinem Wohlstand abgeben ...

Ja, eigentlich wäre das gut – aber ich krieg’s halt nicht hin. Zum Neuen Jahr, da hatte ich so gute Vorsätze – aber jetzt am 13. Januar ist davon nicht mehr viel übrig …Wie komme ich da raus? Wie kriege ich es hin?

Paulus hat das richtig wie einen Krieg erlebt, der da in seinem Inneren getobt hat. Und sich selbst als Kriegsgefangenen. Da kommt man nicht so einfach raus. Es sei denn, jemand holt einen raus, weil er stärker ist. Für Paulus war das Jesus. Aber wie konnte Jesus diesen bösen Kreislauf besiegen? Dieses ewige: Ich will das Gute – und tue das Schlechte!?

Paulus schreibt: Ganz einfach – weil Jesus Gottes Sohn ist! Weil Jesus durch und durch von diesem Guten durchdrungen war – und weil er gleichzeitig ein Mensch war wie du und ich. Jesus hat schon auch gewusst, wie sich das anfühlt: wenn man immer wieder das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich will. Wenn Leute auf Abstand gehen. Wenn sie sich ärgern über einen.

Aber Sünde: also, dieses Ich-brauch-Gott-nicht-ich-schaff-das-selbst – das war Jesus wirklich völlig fremd. Darum ist der Kampf zwischen Gut und Böse, von dem Paulus geschrieben hat, bei Jesus immer gut ausgegangen. Und darum hat Paulus sich gedacht: Wenn ich mich an Jesus halte, dann kriege ich das auch hin! Genauso wie Jesus.

Aber wie soll das gehen: sich an Jesus halten? Schon Paulus hat Jesus nicht mehr selbst erlebt. Und wir heute ja erst recht nicht mehr. Für Paulus war das möglich über die Taufe. Heute hören wir in den Kirchen von der Taufe Jesu. Paulus hat sich gesagt: Ich bin ja getauft. Deshalb gehöre ich zu Jesus. Das muss ich jetzt gar nicht irgendwie entscheiden. Da muss ich nicht wieder irgendwas hinkriegen. Ich bin einfach dabei. Ich gehöre dazu. Gott ist auf meiner Seite und hält mich fest.

Daran denke ich heute. Ich bin ja auch getauft. Ich gehöre dazu. Ob ich es so gut hinkriege wie Jesus – na, das bezweifele ich! Aber Paulus oder Petrus, die waren ja auch keine Heiligen. Das wurden sie erst nach ihrem Tod. Ich möchte es machen wie sie: mich an Jesus halten und darauf vertrauen, dass es gut geht.

Aber wenn mir nun trotzdem wieder irgendwas Blödes passiert? Alles nicht so schlimm, Gott wird’s schon richten?
Nein, ich möchte Gott nicht für den Unsinn verantwortlich machen, den ich verzapfe. Dafür bin ich selbst verantwortlich. Aber weil ich getauft bin und weil ich zu Jesus gehöre: darum kann ich zu all dem stehen, was mir nicht gelungen ist. Und dann kann ich versuchen, es besser zu machen. Bestimmt gelingt mir das irgendwann! Gott hilft mir ja.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27896
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