SWR3 Gedanken

Heute ist es fünf Wochen her. dass Terroristen des IS in Paris ihre grausamen Anschläge verübt haben. Noch immer stellt sich mir die Frage: Was tun gegen den Terror? Wie umgehen mit der Angst, der Wut und dem Schmerz? Der Journalist Antoine Leiris hat bei den Anschlägen seine Frau, die Mutter seines 17 Monate alten Sohnes Melvil verloren. Seine Reaktion war ebenso unerwartet wie bewundernswert. Er hat einen offenen Brief an den IS geschrieben. Dieser Brief  hat sich hunderttausendfach im Internet verbreitet. Antoine Leiris schreibt darin: 

 „[...]Ich weiß nicht, wer ihr seid und ich will es nicht wissen, ihr seid tote Seelen. Wenn dieser Gott, für den ihr blind tötet, uns nach seinem Bild geschaffen hat, dann muss jede Kugel, die meine Frau getroffen hat, eine Wunde in sein Herz gerissen haben.  Nein, ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch zu hassen. [Auch wenn ihr euch sehr darum bemüht habt;] auf den Hass mit Wut zu antworten würde bedeuten, derselben Ignoranz nachzugeben, die euch zu dem gemacht hat, was ihr seid. Ihr wollt, dass ich Angst habe, dass ich meine Mitbürger mit misstrauischem Blick betrachte, dass ich meine Freiheit der Sicherheit opfere. Vergesst es. […] Selbstverständlich frisst mich der Kummer auf, diesen kleinen Sieg gestehe ich euch zu, aber er wird von kurzer Dauer sein. Ich weiß, dass (sie) Meine Frau uns jeden Tag begleiten wird und dass wir uns in jenem Paradies der freien Seelen wiedersehen werden, zu dem ihr niemals Zutritt erhalten werdet.

Wir sind zwei, mein Sohn und ich, aber wir sind stärker als alle Armeen dieser Erde. Ich will euch jetzt keine Zeit mehr opfern, ich muss mich um Melvil kümmern  (…) wir (werden) gemeinsam spielen wie jeden Tag und sein ganzes Leben wird dieser kleine Junge ein Affront für Euch sein, indem er glücklich und frei ist. Denn nein, auch seinen Hass werdet ihr nicht bekommen." 

Das sind nur Auszüge aus dem Brief von Antoine Leiris, aber sie berühren mich. Weil Leiris den Terroristen genau das verweigert, was sie am allermeisten wollen: Hass und Angst. Und das finde ich unglaublich stark. Nach allem, was er erfahren und erlitten hat, ein echtes Zeugnis der Menschlichkeit. Und damit zeigt Leiris ganz deutlich, dass Liebe stärker ist als Hass. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21052
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