SWR3 Gedanken

Ich fühl mich echt ver...appled, vergoogled, vertwittert und verfacebooked. Heimlich still und leise haben sich Techniken in mein Leben eingeschlichen, die völlig normal erscheinen. Und denen ich scheinbar nicht mehr entkommen kann. Ich vergesse, meine Mails zu checken? Spätestens ein durchdringener Piepton erinnert mich daran. Gemütlich spazierengehen, um den Kopf freizubekommen? Eine schöne Idee. Aber die Begegnung mit den vielen Menschen, die ganz eifrig auf ihrem Handy herumtippen, begleitet mich wie eine ständige Mahnung daran, was ich gerade alles verpasse. Immer auf Sendung, immer auf Empfang, ständig erreichbar. Ein unendliches Konzert aus Piepen, Klicken und Klingeln. 

Manchmal habe ich das Gefühl, die Welt um mich herum ist so laut geworden,dass ich mich selbst nicht mehr hören kann. In sekundenschnelle werden geräuschvoll Wörter – oder Abkürzungen, die mal Wörter waren – von A nach B geschickt. Fotos gepostet und kommentiert. Meinungen veröffentlicht und bestätigt oder zerfetzt. Die Zeit wird nicht mit der Uhr sondern in Akkulaufzeit bemessen. Ein Funkloch kommt einer Apokalypse gleich.

Und doch kommt es immer wieder: Ein unerwartetes Funkloch. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Variante A: Sofort in Panik ausbrechen und hektisch versuchen aus diesem Funkloch zu entkommen. Variante B: Kurz abwarten. Sich davon überraschen lassen, was in diesem Funkloch passiert. Ich wähle Variante B. Die plötzliche Stille ist angenehm. Ich fühle mich unerreichbar und irgendwie gut. Und doch, da, ein Geräusch. Mitten im Funkloch. Was ist das? Langsam erkenne ich es. Es ist meine innere Stimme. Ich höre ihr zu. Und meine Innere Stimme sagt: „Was machst du denn da? Wenn du immer und überall auf Sendung bist, gehst du doch kaputt. Ich rate dir dringend: Such dir mindestens einmal am Tag für ein paar Minuten ein Funkloch, damit ich mit dir sprechen kann!“

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