SWR1 Begegnungen

..als CampingseelsorgerinUrsula Burket

Wolf-Dieter Steinmann trifft Ursula Burkert, Theologin und Psychologin aus Tauberbischofsheim

Ein bisschen beneide ich sie. Sie ist jetzt dort, wo ich auch gerne Urlaub mache: In Italien, nördlich von Venedig - darum haben wir uns auch schon vor 4 Wochen getroffen. Ursula Burkert macht allerdings keinen Urlaub. Sie ist Campingseelsorgerin in ‚Union Lido‘, einer der größten Ferienanlagen Italiens. Im Gottesdienst nachher feiert sie Pfingsten, den Geburtstag der Kirche, und dass sie immer wieder von Gott inspiriert wird.

Jeder, der Geburtstag hat, kriegt doch ein Geschenk: Diesen Spirit, den möchte ich den Menschen vermitteln und wie wirkt er sich aus? Indem wir auch eine Gemeinschaft sind und dass die Kraft Gottes viel tiefer ist als wir sie vom Kopf verstehen können.

Vielleicht ist es auch diese Kraft Gottes gewesen, dass sie selbst von der Urlauberin zu Urlaubsseelsorgerin geworden ist. Vor 30 Jahren war sie mit ihrem Mann bei der Verabschiedung des Vorgängers.

Er suchte einen Nachfolger. Und ich stupf meinen Mann und sag: ‚Du meldest Dich bitte nicht.‘ Mein Mann war aber neugierig.

Es ist passiert, was ihr Plan jedenfalls nicht war. Das Theologenehepaar Burkert haben die Nachfolge angetreten. 30 Jahre sind daraus geworden. Immer an Pfingsten, oft auch im Sommer beleben sie die schlichte Holzkirche, die an ein großes Zelt erinnert. Seit 55 Jahren gönnt sie den Urlaubern inmitten der immer perfekter gewordenen Urlaubswelt diese etwas andere Unterbrechung.

Sie haben Zeit, sie haben Ruhe. Wir brauchen einen Ort, wo wir Stille halten können. Es gibt auch kulturelle Veranstaltungen heute. Grade in den ersten 15 Jahren konnten wir eine Gemeinde prägen, weil ich immer Pfingsten und die ganzen Sommerferien unten verbrachte und ich nicht eine Pfarrerin bin, die am Strand liegt.

Spannend finde ich: Es nutzen auch Menschen die „Gelegenheit Kirche“, die zu Hause nicht hingehen. Besonders 2 Urlaubergruppen erlebt sie: Neugierige, die sich öffnen, und viel Beschäftigte, die mal Zeit haben am Sonntag und das als Wohltat begreifen:

Campingkirche Union LidoDer Sonntag auf dem Union Lido ist uns heilig.‘ Die andere Gruppe: Wir gehen ins Wasser, ganz normal, nicht im Talar, da kommen Menschen auf uns zu, sagen: ‚Schön, dass Ihr wieder da seid, wir kommen am Sonntag in den Gottesdienst, das hört ein anderer und sagt: ‚Wo ist denn hier ne Kirche?‘

Ja, Ursula Burkert ist eine Seelsorgerin: Zuhören, begegnen von Mensch zu Mensch. Das möchte sie. Und wenn Menschen Schweres mit ihr teilen, dann spürt sie oft auch den Geist Gottes.

Es muss etwas geben, das mir die Kraft geben möchte für ein positives Weiterleben. Wenn wir sagen: ‚Nicht ich will das und das, sondern Du machst es, egal wie, ich vertrau mich Dir an‘. da wird die Seele innerlich ruhig, weil ich mich in einer Geborgenheit fühle des Vertrauens: ‚Da ist einer, der ist mehr als ein Ehepartner.‘

 

Gott: ein unsichtbarer Grund, der trägt. Ursula Burkert hat das öfter erfahren. Sogar in ihrer Firma.

…in Krisen
Pfingsten, Heiliger Geist: Ich tu mich ein bisschen schwer, zu erklären, was das ist. Ursula Burkert nicht. Es ist eine Art Pfingsterlebnis, das ihr Leben tief prägt.

Je mehr ich etwas erzwingen wollte, umso weniger ist es mir gelungen. Je mehr ich habe es geschehen lassen in diesem Vertrauen, ‚da wird was kommen, ich warte ab‘ da ist es passiert. Die Hoffnung möchte ich weitergeben: Vertrauen lernen zu einem, der gesagt hat: ‘Ich bin bei Dir.‘

Vertrauensvoll warten können. Wenn das nur nicht so schwer wäre. Ein wenig ungläubig hör ich, was sie erzählt. Aber noch mehr beeindruckt es mich, wie sie aus tiefen Krisen heraus kam. ZB. als sie ihre eigene Beratungsfirma gegründet hatte. Eine Erlösung - nach schlaflosen Nächten.

Ich habe nicht bedacht, dass man weiter akquirieren muss und ich habe zum ersten Mal, bebende Hände und Beine gespürt. Einen Tag kommt ein kleines Päckchen und da ist ein Messingengel drin mit dem Text: ‚Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen Deinen Wegen.‘ Ich habe diese bebende Hände und Füße nicht mehr erlebt.

Dabei hätte sie Grund dazu. Vor 5 Jahren, mit 60, hat Ursula Burkert völlig überraschend die Diagnose „Brustkrebs“ gekriegt. Wie nebenbei erzählt sie davon: Die Krankheit soll nicht das Leben bestimmen. Wie damals direkt nach der Diagnose. Sie hatte noch einen Beratungstermin und hat ihn nicht abgesagt.

Ich bin weinend hingefahren und die Frau eröffnet das Gespräch und sagt: Ich möchte mich von meinem Mann trennen, ich habe seit 10 Jahren Brustkrebs und er versteht mich nicht mehr. Wir haben zwei Jahre daran gearbeitet, mit dem Mann zusammen, und es funktioniert wieder. Das ist die Kraft Gottes, die ich bekommen habe und da bin ich so glücklich.

Sie berät in ihrer Firma Menschen an wichtigen Stellen ihres Lebens, aber auch Führungskräfte. In der Kirche arbeitet sie seither quasi ehrenamtlich. Der Geist Gottes inspiriert sie auch in der Firma.

Ich werde es aber nie in den Vordergrund stellen, sondern dann, wenn ich gefragt werde, ich möchte es nicht überstülpen, sondern der Mensch soll spüren und erfahren, was bei mir vielleicht ein bisschen anders ist als woanders.

Ich verstehe sie so: Sie selbst und ihre „Kunden“ wissen, dass sie Theologin ist. Sie trägt es nicht auf der Stirn, dieser Geist prägt sie als Mensch. Bestimmt ihre „mission“. In der  Firma, und genauso wenn Ursula Burkert Gottesdienst hält.

Meine Frage ist immer: Warum kommen die Menschen zu uns, was hat sie in der Woche bewegt, was hat mich in der Woche bewegt. Es ist unheimlich schön, so nahe am Menschen zu sein und für Menschen da zu sein.

Das könnte auch der Geist sein, die Haltung, für uns als Kirche grundsätzlich: Für Menschen da sein. Ähnlich wie Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19846
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