SWR4 Abendgedanken

Es ist doch nicht so, wie immer wieder behauptet wird: dass die nachwachsende Generation keine Ahnung mehr hat vom christlichen Glauben. Ich habe jedenfalls eine Erfahrung gemacht, die mich eines besseren belehrt.

Ich bin auch Reli-Lehrer und vor ein paar Wochen hatte ich zwei Vertretungsstunden in der fünften Klasse. Ich habe mich richtig gut vorbereitet, weil ich mit Unterricht bei den Kleinen wenig Übung habe, und auf das Schlimmste gefasst sein wollte. Das Thema war mir vorgegeben. Ich sollte über Pfingsten mit der Klasse sprechen. Offen gestanden nicht gerade eines der einfachen Themen in der Theologie. Denn irgendwie musste ich da auf den Heiligen Geist zu sprechen kommen. Und das ist schwere Kost. Auch für mich, obwohl ich damit Übung habe.

Für den Einstieg habe ich mir ein Bild gesucht. Damit gelingt ein Gespräch manchmal besser, weil die Schüler etwas vor sich haben, an das sie anknüpfen können. Aber meine Befürchtungen waren völlig unbegründet. Innerhalb kürzester Zeit war der Bann gebrochen und die Schüler sprudelten nur so vor Gedanken. Der Heilige Geist komme von Jesus. Er verbinde die Jünger untereinander. Auch nach seinem Tod sei Jesus in ihm da. Und so weiter. Lauter kleine Mosaikstücke, die zusammen ein kindliches und kluges Bild ergaben von dem, was Heiliger Geist genannt wird. Ich war platt. Die beiden Stunden sind wie im Flug vergangen. Und ich hatte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, das Thema sei zäh und die Sache mit Gott für die Kinder an den Haaren herbei gezogen. Ganz selbstverständlich, regelrecht natürlich ging’s hier um religiöse Dinge.

Für mich ist das eine wichtige Erfahrung. Denn offenbar hat der Glaube an Gott es bei Kindern nicht besonders schwer. Sie haben wenig Scheu darüber zu sprechen. Es existiert ein Interesse an solchen Fragen, das es zu wecken gilt, das regelrecht Nahrung braucht. Denn sie fragen sich natürlich, in welchem Rahmen sie leben. Sie sind neugierig zu erfahren, wo sie herkommen, wie die Welt gebaut ist, wie der Mensch funktioniert. Sie sind Teil des Kosmos und wollen darin ihren Platz finden. Dass sie bei ihren Fragen auf Gott stoßen, liegt für mich völlig auf der Hand. Und es ist alles andere als ein Schaden, wenn sie dabei auf Erwachsene treffen, die ihnen Hinweise geben, wo er sich finden lassen könnte.

Übermorgen ist Pfingsten: Fragen Sie doch mal Ihre Kinder oder Enkel oder Urenkel nach dem Heiligen Geist. Ich vermute, Sie werden überrascht sein, was daraus für ein Gespräch entsteht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19795
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