SWR2 Wort zum Sonntag

Liebe Hörerinnen und Hörer!
Fünfzig Tage sind vergangen, seit wir das Osterfest gefeiert haben. Diese Zeitspanne, - fünfzig Tage - gab dem heutigen Fest seinen Namen: das griechische ‚pentecoste – fünfzig’ wurde zu unserem deutschen Wort Pfingsten. Innerlich gehören Ostern und Pfingsten – auch wenn fünfzig Tage dazwischen liegen – untrennbar zusammen. Die Auferstehung Jesu Christi und die Aussendung des Heiligen Geistes bilden eine Einheit; oder – um es mit einem sprechenden Bild von Karl Rahner zu sagen – an Ostern wird eine Zündschnur entzündet, die an Pfingsten die ganze explosive Kraft von Ostern entladen und wirken lässt.
Wie können wir uns diesen Zusammenhang vorstellen? Ostern geht es um das Thema Tod und Leben. Um den Glauben, dass der Tod zwar ein Teil unseres Lebens ist, aber nicht das letzte Wort hat. Die Auferstehung Jesu lässt auf Gottes Macht über den Tod hoffen, und damit auf die größere Kraft des Lebens. Zu allen Zeiten haben die Menschen um diese Hoffnung gerungen. Denn die Erfahrung des Todes war und ist stark. Das ging ja auch den Jüngern Jesu so. Die Bibel erzählt, dass sie davongelaufen sind, mutlos waren, gelähmt, voller Selbstmitleid nach dem Tod Jesu und auch noch nach Ostern. Und dann erzählt die Apostelgeschichte, wie sie wochenlang zusammen waren in einer Wohnung in Jerusalem, Maria, die Mutter Jesu war auch dabei, wie sie gebetet und anstelle von Judas, der Jesus verraten hatte, einen neuen Apostel gewählt haben. Sie sind zusammen, sie beten, sie tun auch etwas, aber sie bleiben unter sich, wirken seltsam gehalten und gebremst. Und dann kommt der Pfingsttag. Da erzählt die Bibel bildreich, dass der Geist Gottes auf sie alle herabkommt, Zungen wie von Feuer lassen sich auf jeden nieder, ein Brausen kommt vom Himmel, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt. „Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt“, heißt es dann. Die Jünger sind wie verwandelt, voller Kraft. Sie gehen auf die Menschen zu, Petrus hält eine flammende Predigt. Die Osterbotschaft hat jetzt ihre Herzen erreicht. Sie sind zuversichtlich, haben eine neue Perspektive gewonnen. „Gott hat Jesus von den Wehen des Todes befreit und auferweckt, denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde“ sagt Petrus den Leuten (Apg 2,24). Jesus, den ihr ans Kreuz geschlagen habt, ist auferstanden und lebt. Wir sind Zeugen dafür. Wir stehen dafür ein. Die Krise, in der die Jünger waren, wird zur Chance, zum mutigen Aufbruch unter dem Beistand des Heiligen Geistes. Die Menschen in Jerusalem, die das erleben, kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus; sie horchen auf, laufen zusammen, werden neugierig. Sie spüren, da tut sich etwas Neues auf. Da ist Hoffnung lebendig. Und diese Hoffnung war ansteckend und ist es bis heute.
So wirkt der Geist Gottes auch in uns. Daß wir reden und handeln können aus Hoffnung heraus. Uns an Gott orientieren - im Alltag, im Beruf, in der Familie, in öffentlicher, ja politischer Verantwortung.
Der Heilige Geist ist auch – im positiven Sinn des Wortes – ein Unruhestifter, der Unruhe schafft, wo immer die Menschenwürde bedroht, das Leben gering geachtet oder gar gefährdet ist. Pfingsten ist Aufbruch zu einem österlichen Leben. Gottes Geist motiviert uns, Sorge zu tragen für das menschliche Leben, in all seinen Phasen und ohne jede Einschränkung.
Liebe Hörerinnen und Hörer, uns ist Gottes Geist geschenkt. Pfingsten drängt uns, dieses Geschenk wahrzunehmen und etwas damit anzufangen. Menschen zu sein, die Gott und dem Leben trauen auch angesichts des Todes, und Menschen, die Leben schützen und fördern mit aller Kraft. Gott sagt uns dafür seinen Beistand zu.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest. https://www.kirche-im-swr.de/?m=1421
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