SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

03JUN2012
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Teil 1. Das Amen dazu sagen können.

Mir fällt es schwer, einfach so Ja und Amen zu sagen. Wenn ich einer Sache zustimmen soll, dann am liebsten mit ganzem Herzen oder gar nicht. Und ich will gern wissen, wozu ich „Amen" sagen soll. Ob im Alltag, im Beruf - oder im Gottesdienst.

Vor wenigen Wochen war ich Gast bei einer Erstkommunionfeier. Ein froher und frühlingshafter Tag, die ganze Familie versammelt in der hübschen kleinen Kirche St. Martin vor den Toren von Mainz. In der Bank hinter mir saß ein Vater mit seinen Söhnen. Und einer der Jungen nutzte offenbar die Zeit um sich die Kirche gründlich anzusehen.

„Papa, guck mal da vorne in der Mitte. Da sieht man noch das Blut an den Füßen", sagte der Junge plötzlich. Unwillkürlich schaute ich selbst genau hin. Tatsächlich erkennt man am geschnitzten Hochaltar sehr deutlich die Wundmale des gekreuzigten Christus. Und der Junge fragte weiter: „Papa, warum haben die den Jesus damals eigentlich getötet?" Und statt die Frage abzuwimmeln oder seinen Sohn zur Ruhe zu mahnen, antwortete der Vater klar und kenntnisreich. Es war eine geflüsterte Glaubensunterweisung. Und der Junge verstand und schwieg nachdenklich. Kurz darauf begann mit dem festlichen Einzug des Bläserkreises der schöne Gottesdienst.

Nach dem Gottesdienst stellte sich heraus, dass nicht nur ich die Fragen des Jungen gehört hatten, sondern auch etliche der anderen. Und, als hätten uns die Fragen des Jungen innerlich einen Schubs gegeben: Plötzlich tauschten wir uns über alle möglichen anderen Botschaften dieses Kirchenraumes aus. Warum dort die Heiligenfigur von Nepomuk steht und  was denn die lateinische Inschrift „consummatum est" über dem Kreuz bedeutet.  Das heißt doch „Es ist vollbracht", erinnerte sich einer der Gäste an seine Lateinkenntnisse aus Schultagen. Ja, und es ist eines der sieben Worte Jesu am Kreuz, wusste ein anderer. Ob wir dieses Gespräch miteinander geführt hätten, wenn wir der Sohn seinen Vater in der Kirchenbank nicht ausgefragt hätte?  Wer weiß. Mir wurde jedenfalls wieder einmal bewusst, dass jeder Kirchenraum eine Fülle von Botschaften enthält. Und ich finde es bezeichnend, dass Kinder selten fragen: Wie alt ist das? Welcher Künstler hat das gemacht? Sie stellen meistens die entscheidende Frage. Sie wollen wissen: Warum?

Das Vater-Sohn-Gespräch hat mich berührt. Nicht nur, weil dieser Vater sich so gut auskannte. Nicht nur, weil es schön ist,  echtes Interesse zu spüren. Sondern auch weil es mir vor Augen führte, wie hier der Auftrag Jesu erfüllt wurde. Glaube heißt auch, Rede und Antwort zu stehen, wenn man gefragt wird. Und genauso wichtig wie die Antwort ist auch die Frage. Nur wenn ich nachfrage, was wir da singen und beten, kann ich dann vielleicht auch mein „Amen" ehrlich dazu sagen.

 

Teil 2. Das „Amen" nach Ostern und Pfingsten

Am heutigen Sonntag nach Pfingsten feiert die Kirche die Dreifaltigkeit. Dreifaltigkeit: Sicher eines der schwierigsten Kapitel des christlichen Glaubens. Aber auch wichtig. Und zentral. Den evangelischen  Reformatoren war die Dreifaltigkeit so wichtig, dass sie die folgenden Sonntage im Kirchenjahr danach benannt haben:„Sonntag nach Trinitatis", also nach dem Sonntag Dreifaltigkeit. Was aber heißt Dreifaltigkeit?

Immer wieder einmal begegnet mir der wieder den Vorwurf: Ihr Christen glaubt nicht nur an einen Gott, ihr habt ja sogar drei.

Es heißt, der Dreifaltigkeitssonntag sei so etwas wie das >Amen< nach Ostern und Pfingsten". Am heutigen Sonntag nach Pfingsten feiert die Kirche die Dreifaltigkeit. Was aber heißt Dreifaltigkeit?

Die Bibel erklärt uns: Gott ist die Liebe. Und Liebe bleibt nicht bei sich. Liebe verschenkt sich. Und wo zwei ihre Liebe ausschließlich auf sich beschränken,  stimmt mit dieser Liebe irgendwas nicht. Liebe ist selbstlos und offen für den anderen. Offen für Kinder. Offen für Geschwister. Offen für Freunde. Offen für die Welt und für Gott.  Liebe die sich abkapselt und sich selbst genug ist, ist keine. Das ist das Großartige an der Liebe. Sie ist größer und weiter. Umfasst mehr als nur den geliebten Partner, die Kinder, Gott. Wer sich für zu gut hält für die anderen, liebt nicht. Wem die  eigene Heiligkeit wichtiger scheint, als die unheiligen anderen, liebt nur sich selbst.

Ein französischer Theologe hat das einmal so versucht zu erklären:

Wenn ein Einsamer einen anderen Einsamen liebt dann ist das Liebe. Aber sie ist auf die beiden beschränkt. Erst wenn die beiden einen dritten einträchtig lieben, dann ist diese Liebe auch Mitliebe. Dann ist ihre Liebe offen für andere. So ist das mit der Liebe. Und was heißt das, wenn Gott die Liebe ist? Dann ist auch Gott offen für andere. Nimmt Beziehung auf zu uns Menschen. . Wird selbst zur Beziehung. Mit dem Begriff Dreifaltigkeit wird das ausgedrückt. Dass Gott eben so liebt, so lebendig ist, dass er auf alle möglichen Arten und Weisen liebt: Als Gott, als Jesus unter den Menschen, als Heiliger Geist, der im Denken und Handeln von Menschen wirkt. Vater, Sohn und Heiliger Geist, das sind nicht drei Götter. Sondern es ist Ausdruck der Lebendigkeit Gottes selbst.

 Auch wenn dies zum unergründlichen Wesen Gottes gehört, das ich nie ganz verstehen werde, so kann ich dazu doch mit Überzeugung „Amen" sagen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13198
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