SWR4 Abendgedanken RP

Heute vor 39 Jahren gab es zum ersten Mal eine Schaltsekunde - am Tagesende wurde eine Sekunde angefügt, um die offizielle Zeit mit der mittleren Sonnenzeit in Übereinstimmung zu bringen. Soweit ich mich erinnere, habe ich dieses bedeutende Ereignis damals einfach verschlafen. Dreiundzwanzig Mal wurde seither ein Jahr um eine Sekunde verlängert.
Ich bin beeindruckt! Da merken Wissenschaftler, dass das Jahr eine Sekunde zu kurz ist, und hängen einfach die Sekunde hinten dran. Und gleich gehen selbst die genauesten Uhren eine Sekunde nach, wenn sie nicht neu gestellt werden. Dass eine Sekunde so wichtig sein kann!
In meinem Alltag ist das selten so. Ich gestehe, dass ich meist eher etwas großzügig mit der Zeit umgehe - leider zuweilen auch mit der Zeit anderer. Wenn ich im Radio die Piepstöne vor den Nachrichten im Sekundenabstand höre, dann bewundere ich diese Präzision. Aber wenn ich mich bei einer Verabredung verspäte, hoffe ich, dass keiner auf den Sekundenzeiger schaut und mir jede Sekunde vorhält, die ich zu spät bin!
Im Straßenverkehr weiß ich allerdings, dass es auf Sekunden ankommen kann. Eine Sekunde kann tatsächlich über Leben oder Tod entscheiden, zum Beispiel an einer roten Ampel. Und für die Schrecksekunde muss dann auch noch Zeit sein!
Also tun unsere Wissenschaftler vermutlich doch gut daran, die Sekunden so zu achten. Und ich sollte jede Sekunde und Minute meines Lebens achten - ebenso wie die Jahre und Jahrzehnte. Es ist alles meine Zeit. Geschenkte Zeit, mit anderen geteilte Zeit. Zeit, die mir viel länger werden kann als sie eigentlich ist - und Zeit, die wie im Flug vergehen kann, wenn sie gerade am schönsten ist. Wie auch immer sich die Zeit anfühlt - die Bibel sagt: Sie steht in Gottes Händen. Daran will ich denken, wenn mich das nächste Mal jemand bittet, ich möchte doch noch "ein Sekündchen" warten.

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