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SWR3 Gedanken

Ist Gott ein Wissenschaftler? Ich finde diese Idee eigentlich ganz spannend. Ein Schüler von mir hat eine Zeichnung darüber angefertigt: Man sieht die Erde winzig klein in einer Petri-Schale. Das ist so eine durchsichtige Glasschale, in der Biologen und Chemiker die Entwicklung von Bakterien beobachten. Auf dieser Zeichnung sind aber keine Bakterien in der Schale, sondern ein paar Pflanzen, winzige Bäumchen und kleine Punkte, die man noch nicht wirklich als Lebewesen definieren kann. Und vor dieser Petri Schale sitzt Gott in einem weißen Kittel. Er schaut leicht verträumt und schmunzelnd auf die Schale. In seiner Sprechblase steht: Mal sehen, was sich daraus entwickelt.

Ich habe die Zeichnung gesehen und war sofort in Gedanken. Seit Jahrzenten steht die Behauptung im Raum, dass die Wissenschaft den Glauben ersetze. Teilweise verständlich. Jahrhundertelang haben Menschen ja den biblischen Schöpfungsbericht als wahr angesehen. Man glaubte, dass Gott die Erde - so wie sie ist - erschaffen hat. Und dann kam die Wissenschaft. Schnell wurde klar, dass die Erde sich nach und nach entwickelt hat und eben nicht in sieben Tagen erschaffen wurde.

Auch aus religiöser Sicht ist klar, dass die Erde eine Entwicklung durchgemacht hat. Und dass der biblische Schöpfungsbericht eben nur ein Mythos ist. Eine Erzählung, mit der sich die Menschen früher die Herkunft der Welt und des Lebens erklärt haben. Bis die Wissenschaft eben bewiesen hat, dass diese Erzählung so nicht stimmen kann.

Aber das muss ja lange noch nicht heißen, dass Gott mit der Erschaffung der Welt nichts zu tun hat. Ich persönlich glaube, dass trotzdem Gott hinter all dem steckt. Auch, wenn es den Urknall gab, muss es ja irgendwas geben, das knallen kann oder das es knallen lässt. Denn wo soll das bitte herkommen, wenn davor nichts war? Was war vor dem Urknall? Und davor, und davor, und davor? Das kann auch die moderne Wissenschaft nicht erklären. Ich glaube, Wissenschaft und Gott passen viel besser zusammen als viele denken. Ich meine zwar nicht, dass Gott die Erde wirklich in einer Petri-Schale züchtet. Aber ich glaube schon, dass er der Anfang von allem ist. Und vielleicht staunt er selbst manchmal darüber, wie  sich seindas Experiment Mensch! entwickelt.

 

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SWR3 Gedanken

Jede schlechte Erfahrung ist wie ein Ziegelstein. Und wenn man zu viele davon gesammelt hat, kann man sich wunderbar damit einmauern und von der Welt abschotten. Das denke ich manchmal, wenn ich sehr verschlossenen Menschen begegne. Das fühlt sich an, als würde ich von einer Mauer abprallen. Man sagt das ja auch umgangssprachlich so: Der hat sich eingemauert, an den kommt keiner dran.

Ich finde dieses Bild sehr passend. Wenn ich schlechte Erfahrungen mache, schleppe ich sie oft tagelang mit mir herum. Wie einen schweren Ziegelstein eben. Gleichzeitig verringert sich mein Vertrauen in andere Menschen. Die schlechte Erfahrung schiebt sich zwischen mich und den Rest der Welt. Tja, und wenn ich eben zu viele schlechte Erfahrungen mache, dann fang ich irgendwann an, sie miteinander in Verbindung zu bringen. Im Sinne von „das musste ja so kommen" oder „derselbe Mist wie immer". Und aus der Verbindung der schlechten Erfahrungen entsteht eine Mauer, durch die ich mich immer weiter von anderen trenne.

Aber was, wenn so eine Mauer mal gebaut ist? Muss ich dann abgeschottet und einsam mein Leben führen? Oder soll ich einfach auf andere hoffen? Hoffen, dass jemand von außen unbedingt zu mir durchdringen will. Ich kann auch versuchen, die Mauer selbst wieder abzubauen. Dazu brauche ich aber viel Vertrauen und innere Kraft.

Wenn ich Menschen begegne, die sich eingemauert haben, versuche ich oft, trotzdem zu ihnen durchzudringen. Ich suche quasi nach einer Möglichkeit, einen Ziegelstein aus der Mauer heraus zu lösen. Vorsichtig ein Guckloch zu finden durch das wir uns sehen können. Einen kleinen Zugang zueinander finden, um der Person hinter der Mauer Mut zusprechen zu können.  Das braucht aber viel Geduld. Eine Mauer, die man sich über die Jahre gebaut hat, lässt sich nicht in 5 Minuten einreißen. Das darf man auch nicht tun, sonst bleibt nur eine Trümmerwüste übrig. Aber mit Geduld und Freundlichkeit kann ich den ein oder anderen Stein aus der Mauer nehmen. Und dahinter versteckt sich meist ein Mensch, der lange gewartet hat, dass jemand kommt und ihm dabei hilft die Mauer abzutragen. Und im besten Fall arbeiten wir dabei zusammen . Er mit innerer Kraft und ich mit Geduld und Stärke von außen.

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SWR3 Gedanken

Schau mal da, der Himmel ist ganz bunt. Ich schau nach oben und da seh ich ihn erst: Einen Regenbogen. Lachend erkläre ich meinem kleinen Neffen, dass nicht der ganze Himmel bunt ist, sondern nur der Regenbogen. Aber trotzdem freu ich mich, dass er ihn mir gezeigt hat. Es sieht wirklich schön aus und normalerweise hätte ich nicht einfach so nach oben geschaut.

Eigentlich schau ich nie wirklich nach oben. Was soll da schon sein, außer Himmel. Eine Alltagsweisheit besagt ja, dass Kinderauen immer mehr sehen als Erwachsenenaugen. Aber ich glaube, das stimmt nicht. Kinder schauen nur genauer hin. Ist ja auch logisch. Für Kinder ist alles neu. Wenn ich etwas zum ersten Mal sehe, schaue ich mir das auch ganz genau an. Aber wenn ich schon seit 28 Jahren Bäume gesehen habe, dann weiß ich ja, wie sie aussehen und schau eben nicht mehr so genau hin.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass manche Erwachsene neidisch auf diesen genauen Blick von Kindern sind. Dabei ist es ja niemandem verboten, genauer hinzusehen. Egal ob man 2, 20 oder 80 Jahre alt ist.

Ich könnte auch viel öfter genauer hinschauen. Aber ich nehm mir die Chance oft selbst. Wenn ich zum Beispiel zum Einkaufen fahre oder zur Arbeit. Dann hab ich ein klares Ziel vor mir. Dann beweg ich mich fort, um irgendwo anzukommen. Da hab ich weder Lust noch Zeit, mir den Weg genauer anzusehen. Ja, ich kenne den Spruch „Der Weg ist das Ziel" aber dieser Spruch hat eigentlich keine  Bedeutung in meinem Leben. Das Ziel ist das Ziel. Und der Weg ist der Weg. Wenn ich wieder lernen will, mehr wahrzunehmen, dann muss ich vielleicht einfach  mal einen Weg gehen, ohne ein Ziel zu haben. Einfach spazieren gehen. Nirgendwo ankommen und mir alles ganz genau anschauen. Egal wie lange das dauert.

Und dann wird mir vielleicht das ein oder andere auch wieder auffallen, was ich sonst für selbstverständlich gehalten hätte.

 

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SWR3 Gedanken

Nein, das was ich da grad geschrieben habe ist blöd. Einmal kurz die Löschtaste gedrückt und alles auf Anfang. Ich glaube ich habe diese Mail?! jetzt schon 10 Mal geschrieben. Aber immer beim Durchlesen passt mir irgendwas nicht. Dann lösche ich, schreibe um, lösche, korrigiere, schreibe neu. Immer und immer wieder. So lange, bis ich  zufrieden bin. Erst, wenn ich mir ganz sicher bin, dass das was ich geschrieben habe fehlerfrei ist und das ausdrückt, was ich wirklich will, drücke ich auf senden. Dann kann ich den Text zwar nicht mehr verändern, aber das passt dann auch. Dann stimmt der Text für mich.

Schade, dass das im Leben nicht auch so einfach ist. Ich habe einige Fehler in meinem Leben gemacht, die ich gerne löschen würde. Und viele Entscheidungen habe ich getroffen, die eben nicht gestimmt haben.

Es ist schon eine verlockende Vorstellung, einfach auf eine Löschtaste drücken zu können. Im wahren Leben ist es aber eher so, als ob ich pausenlos die Senden-Taste drücken würde. Alles, was ich mache gehört sofort zu meinem Leben dazu, gute wie schlechte Dinge. Und durch die ganzen kleinen und großen Fehler ist mein Leben eben oft nicht so wie ich es gern immer hätte.

Aber ich finde, das macht nichts. Es kann nicht immer alles passen. Im Beruf, im Urlaub. Und wer weiß, wenn alles immer nur so laufen würde, wie ich mir das erträume - dann wär das auch gefährlich. Denn dann würde ich es vielleicht für selbstverständlich halten. Aber so kommt man nicht durchs Leben. Und das wäre auch nicht menschlich. Denn menschlich ist, dass die Dinge eben nicht alle klappen. Dass es Fehler gibt und eben nicht alles perfekt ist.

Außerdem freue ich mich meistens mehr über Dinge, die perfekt klappen, wenn kurze Zeit davor was schief gegangen ist. Dann ist der Kontrast zwischen Misserfolg und Erfolg sehr groß und dann fällt der Erfolg doch erst richtig auf, oder?

 

 

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SWR3 Gedanken

Warum hat nur jede Geschichte ein Ende? Immer wieder ärgere ich mich darüber.

Ich lese wirklich sehr gerne.  Romane, Biografien oder auch Kurzgeschichten. Wenn sie gut geschrieben sind, dann habe ich immer das Gefühl, irgendwie dabei zu sein. Das Gefühl, nicht nur zu lesen, was da geschrieben steht, sondern es selbst zu erleben. Es ist mir sogar schon passiert, dass ich weinen musste, wenn eine Figur gestorben ist. Einfach, weil es sich angefühlt hat, als würde ich sie wirklich kennen. Deshalb macht es mich auch immer etwas traurig, wenn ich auf der letzten Seite eines Buches angekommen bin. Weil ich genau weiß, dass die Geschichte dann zuende ist. 

Nur bei einem Buch ist das anders: Bei der Bibel.

Auch in der Bibel gibt es gute Geschichten. Spannende Geschichten von Liebe, Freundschaft, Verrat und Tod. Auch hier habe ich beim Lesen oft das Gefühl, den Figuren ganz nah zu sein. Die beschriebenen Erlebnisse irgendwie mitzuerleben. Aber es ist mehr als bei einem „normalen" Buch.

Das Thema der Bibel ist Gott. Die Erfahrungen der Menschen mit Gott werden in diesem Buch über mehrere Jahrhunderte hinweg beschrieben. Und durch diese Beschreibungen kann ich Einiges über Gott erfahren. Zumindest über Gott, wie die Menschen der Bibel ihn erfahren haben.

Und ich kann Gott selbst erfahren. Wenn ich mich auf das, was ich über ihn lese, einlasse. Wie bei den Büchern, die ich sonst lese auch. Das Besondere an diesem Gottes-Buch ist, dass auf der letzten Seite die Geschichte nicht zuende ist.

Die Erfahrungen der Menschen mit Gott gehen weiter.

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SWR3 Worte

Der Autor Ulrich Schnabel sagt, warum Meditation glücklich machen kann. 

Das Glück der Meditation besteht in der ebenso schlichten wie wunderbaren Erfahrung, einmal ganz da und sich selbst genug zu sein. Und vermutlich ist es genau das, was uns im hektischen Alltag am meisten fehlt. Vor lauter Terminen, Anforderungen und Sehnsüchten kommen wir kaum dazu, das Leben als das zu sehen, was es im Grunde ist: Ein einmaliges Geschenk, dessen Wert wir meist erst dann zu schätzen lernen, wenn es zu Ende geht. Um sich daran immer wieder zu erinnern, sind kleine Übungen des einfachen In-der-Welt-Seins Gold wert. Allein die Tatsache, dass man von der Außen- auf die Innensteuerung umschaltet und sich einmal von den ständigen äußeren Taktgebern - Arbeit, Familie, Geld, Angst, Erwartungen - unabhängig macht, kann unsere Sicht auf das Alltagsgetriebe verändern.

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SWR3 Worte

Der Kolumnist Harald Martenstein über falsche Moralvorstellungen

„Immer wieder stelle ich fest, dass Leute, die andere bei kleinen Missetaten ertappe daraus das Recht herleiten, ihrerseits noch größere Missetaten zu begehen. Zum Beispiel fährt jemand relativ langsam auf der Überholspur der Autobahn, was man nicht tun sollte. Und ein anderer fährt mit hohem Tempo hinten auf und blinkt und hat dabei auch noch das Gefühl, im Recht zu sein. (...)

Ein moralisches Überlegenheitsgefühl als Haltung: im Alltag, in der Politik, tausendmal gefährlicher als das Bewusstsein, gelegentlich ein Tunichtgut zu sein. Deswegen versuche ich nach Kräften, dieses Bewusstsein, ein fehlbarer Mensch zu sein, in mir lebendig zu halten.

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SWR3 Worte

Sei gut zu dir! (...) Gut zu sich selber sein, das heißt nicht, sich immer und überall zu entschuldigen und seine eigenen Fehler nicht zu sehen. Aber auch nicht das Gegenteil: Es tut keinem gut, sich immer nur selber zu beschuldigen, sich in Schuldgefühlen zu zerfleischen und an sich immer nur das Schlechte zu entdecken. Lerne zu akzeptieren, dass du kein Held bist. Lass dich nicht lähmen durch deine Fehler und Schwächen. Schau sie an, verdränge sie nicht, akzeptiere, dass du fehlbar bist - und arbeite an deinen Schwächen. Aber verbeiße dich nicht in sie. Lass sie los. Wenn Gott dir vergibt, dann darfst auch du dir vergeben. Sei barmherzig mit dir selber. 

Anselm Grün: Sei gut zu dir

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SWR3 Worte

Wie wichtig Auszeiten sind, ist allgemein bekannt. Der Buchautor Ulrich Schnabel warnt aber vor zu großen Erwartungen an diese Auszeiten. Er schreibt: 

Man darf nur nicht den Fehler machen, diese Auszeiten mit großen Erwartungen aufzuladen. Denn genau die sind es, die häufig zwischen uns und dem Glück des reinen Daseins stehen. Egal, ob man das stille Sitzen praktiziert, das Singen, Malen, Pilzesuchen oder Marathonlaufen - letztendlich geht es bei all diesen Tätigkeiten nur darum, ganz in ihnen aufzugehen, sich nicht ständig ablenken zu lassen und so die tiefe Erfahrung zu machen, wie flüchtig und wertvoll jeder Moment unseres Lebens ist. Und egal, ob man dafür 10 Minuten oder eine Stunde pro Tag erübrigen kann - Hauptsache, man schafft es, solche Ruhephasen regelmäßig in den Alltag zu integrieren.

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SWR3 Worte

In vielen Firmen müssen die Abteilungsleiter ihrem Vorstand innerhalb von zwei Jahren eine Erfolgsbilanz vorlegen. Doch ob diese Erfolge auf Dauer gut tun oder nur ein kurzes Strohfeuer sind, das interessiert die Vorstände meistens nicht. Wenn man die Bilanz nüchtern zieht, wird man erkennen, dass dieses kurzfristige Erfolgsdenken das Unternehmen langfristig viel Geld kostet.

(...) Große Menschen haben nie den kurzfristigen Erfolg gesucht. Sie haben Bäume gepflanzt, deren wahre Größe sie nie gesehen haben. Sie haben Kathedralen gebaut, deren Vollendung sie nie erlebt haben. Aber sie haben einen Traum gehabt, der die Zukunft veränderte. Die Früchte ihrer Arbeit haben Generationen nach ihnen geerntet.

 Anselm Grün: Nachhaltigkeit

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