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SWR3 Gedanken

Mist. Stau. Da hilft nur Eins: Rechts ranfahren und ne kurze SMS: „Stau. Verspäte mich vermutlich 15-20 Minuten. Sorry.“ Innerhalb einer Minute kommt die Antwort: „Kein Prob. Neuer Treff Café.  C u.“ Alles klar. Innerhalb einer Minute haben wir das Verspätungsproblem gelöst und einen neuen Treffpunkt ausgemacht. Super, dass es Handys gibt. Wenn ich mir überlege, dass so eine Verspätung noch vor 20 Jahren ein echtes Problem gewesen wär. Da hätte ich nervös im Auto gesessen während meine Freundin wütend gewartet oder sich sogar Sorgen gemacht hätte, wenn ich nicht zur verabredeten Zeit da gewesen wär. Innerlich singe ich ein Loblied auf die moderne Technik und komme schließlich 30 Minuten verspätet im Cafe an.

Und da zeigt die Technik ihr anderes Gesicht. Mit gesenktem Blick schaut meine Freundin auf ihr Handy und bemerkt mich erst, als ich sie anstupse. Und leider kommt auch später kein wirkliches Gespräch zustande. Ständig lenkt das Piepsen des Handys ab. Strahlend erklärt sie mir, wie toll es ist, dass sie jetzt so vieles gleichzeitig und nebenher erledigen kann. Dank des multifunktionalen Smartphones. Ja. Wirklich super. Ich finde es aber gar nicht so toll, nebenher erledigt zu werden.

Und ich find es auch nicht so super, auf meine Fragen mit kurzen Blicken und zu SMS-Stil verkürzten Sätzen abgespeist zu werden. Eigentlich fände ich es besser, wenn wir die Handys mal eine Stunde vergessen und uns einfach nur unterhalten könnten. Eigentlich fände ich es toll, wenn wir uns beim Reden in die Augen sehen könnten. Ich bin doch keine App. Man kann mich nicht anklicken und dann kommt Sprache und Information raus. Aber das Smartphone-Menschen-Multitasking scheint mittlerweile ganz normal.

Irgendwie find ich das traurig. Sind Smartphones für uns wirklich schon so wichtig geworden, dass wir ihnen den gleichen Wert zusprechen wie unseren Mitmenschen?

Also ich finde moderne Technik wirklich super, wenn sie das Zusammenleben erleichtert. Aber nicht, wenn sie das Zusammenleben ersetzt.

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SWR3 Gedanken

Fragt der Mars die Erde: „Na, du siehst aber gar nicht gut aus. Was ist denn los?“ Antwortet die Erde erschöpft: „Ach, ich hab mir den Homo Sapiens eingefangen.“

Eigentlich nur ein kleiner Witz. Aber irgendwie hat er einen bitteren Beigeschmack. Weil es stimmt. Wenn man sich den aktuellen Zustand der Erde anschaut, dann ist sie krank. Geologen, Meteorologen und andere Wissenschaftler warnen seit Jahren vor den Schäden, die wir Menschen unserem Planeten zufügen. Wenn man die Erde mit einem menschlichen Körper vergleicht, sind Menschen wirklich Krankheitserregern sehr ähnlich. Wir holzen Wälder ab und fressen uns dadurch wie Krebs durch die Lunge der Erde. Wir vergiften Ozeane mit Plastikmüll wie Grippeviren. Und wir lagern Atommüll in der Erde ein wie Kalkablagerungen in der Blutbahn.

In der  biblischen Schöpfungsgeschichte steht, dass Gott seine Schöpfung betrachtete und sah, dass es gut war.  Ist es aber leider nicht mehr. Es ist nicht gut wie wir mit der Schöpfung umgehen und es tut ihr auch nicht gut.

Wenn man genauer in der Schöpfungserzählung nachliest, wird klar, dass das menschliche Verhalten nicht so gedacht war, wie wir das machen. Dort steht, dass Gott den Menschen segnet und ihn als Verwalter über die Erde einsetzt. Mit dem Auftrag,  die Erde zu bebauen und zu bewahren. Weil wir Menschen das können. Wir haben die Möglichkeiten, Fähigkeiten und die Intelligenz, für die Erde zu sorgen. Nur leider werden wir unserem Auftrag nicht gerecht. Aber wir könnten es. Wir sind durchaus in der Lage, Verantwortung für andere Lebewesen zu übernehmen. Wir können durchaus in die Zukunft planen. Pflanzen und Tiere können das nicht. Wir Menschen machen uns unsere eigene Lebensgrundlage kaputt. Wäre es nicht schöner, wenn wir die Erde heilen könnten, wie Ärzte? Aber dazu wäre wohl eine längere Erholungskur für die Erde notwendig. Die müssten wir Menschen ihr verschreiben. Wir könnten es.

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SWR3 Gedanken

Heute ist kein normaler Montagmorgen. Sogar einen eigenen Namen hat er bekommen, dieser besondere Tag: Ostermontag. In den Kirchen wird heute die Geschichte von den Emmaus-Jüngern erzählt. Drei Tage nach der Kreuzigung verließen zwei von ihnen die Stadt, in der Jesus hingerichtet wurde und suchten Sicherheit im 11 Kilometer entfernten Ort Emmaus. Bedrückt unterhielten sie sich über das schreckliche Ereignis und fragten sich was nun aus ihnen und ihrem neuen Glauben werden würde, als sich ihnen ein Mann anschloss. Er wanderte mit ihnen, das Gespräch mit ihm tat ihnen irgendwie gut und als es Abend wurde baten sie ihn bei ihnen zu bleiben. Als er beim Essen das Brot brach erkannten sie, dass ihr Begleiter der auferstandene Jesus war. Und als sie das erkannt hatten, war er auch schon verschwunden.

Ich finde die Geschichte sehr berührend. Auf den ersten Blick ist es doch seltsam, dass die Jünger Jesus nicht erkennen. Sie reden doch gerade sogar über ihn. Aber andererseits finde ich gerade das sehr schön. Den Gedanken, dass Jesus da ist, sie begleitet. Obwohl den Jüngern  gar nicht bewusst ist, wer ihr Begleiter ist.

Über Gott gibt es viele Aussagen. Aber eine der wichtigsten und häufigsten ist, dass Gott immer da ist.

In der Bibel gibt es viele Stellen, an denen Gott sagt oder sagen lässt, dass er bei den Menschen ist.

Im Buch Josua heißt es beispielsweise: Sei mutig und stark. Fürchte dich also nicht und hab keine Angst. Denn der Herr dein Gott ist mit dir bei allem, was du unternimmst. (Jos 1,9).

Ich glaube daran, dass Gott immer da ist. Und Menschen durch das Leben begleitet. Auch, wenn man ihn nicht gleich erkennt. Die Geschichte von den Emmaus-Jüngern und ihrer Begegnung mit Jesus ist da ein sehr schönes Beispiel. Wie oft gehen Menschen einen schweren Weg. Aber Gott sagt zu, dass er als Begleiter dabei ist. Egal wie schwer der Weg ist. Und wohin wir auch gehen.

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SWR3 Gedanken

Es ist dunkel. Es ist kalt. Es ist unbequem und unheimlich. Ich sitze auf der harten Bank und warte auf den einen großen Moment. Dass es hell wird. Dieser Moment in der Osternacht ist für mich immer ein sehr berührender Moment.

Der Pfarrer betritt die Kirche durch den Haupteingang mit dem einzigen Licht: Der brennenden Osterkerze. Langsam schreitet er durch den Mittelgang und die Menschen, die am Gang sitzen, zünden ihre kleinen Kerzen an der Osterkerze an. Dann geben sie das Licht durch die Bankreihen weiter. So lange, bis jeder eine kleine brennende Kerze vor sich hat. Die Kirche ist plötzlich durchflutet von Licht und alles fühlt sich auf einmal warm, behaglich und angenehm an. Innerhalb von wenigen Minuten haben sich Trostlosigkeit und Dunkelheit in Licht und Freude verwandelt. Eine wunderschöne Erfahrung. Es fühlt sich an, als würde mit dem zunehmenden Kerzenlicht auch mein Inneres immer heller. Ich finde, kein Symbol könnte passender für die Nacht der Auferstehung sein als das Licht der Osterkerze. Es lässt ahnen und spüren, wozu Gott fähig ist.

Als Jesus gestorben ist, ist es sehr dunkel und kalt geworden in den Herzen seiner Anhänger. Und wer mag ihnen die Trauer und Ausweglosigkeit verdenken, nachdem sie miterlebt haben, dass die Menschenihren geliebten Meister getötet haben. Ihre Zweifel: „War`s das jetzt? Wird mit Jesu Tod die Welt wieder dunkel und kalt?“ Das Licht ist die Antwort Gottes auf diese innere Dunkelheit.Ein Licht der Hoffnung. Der Hoffnung darauf, dass das Leben, warm, hell und fröhlich sein kann.

Das Licht der Osternacht lässt auch mich immer wieder hoffen. Darauf, dass egal wie dunkel und kalt das Leben auch manchmal scheinen mag, es doch immer wieder hell werden wird.

Und das Licht erinnert mich immer wieder daran, zu vertrauen. Darauf, dass Gott die Dunkelheit als Ende einfach nicht zulässt.

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SWR3 Gedanken

„Ich kann das nicht“. Wie oft höre ich diesen Satz. Von Freunden, von Kollegen, von Schülern und ja, auch von mir selbst. Und wie oft stellt sich dann heraus, dass aus dem „Ich kann das nicht“ mit ein bisschen Mühe und Durchhaltevermögen ein „Ich hab`s geschafft“ wird. „Ich kann das nicht“ ist so schnell gesagt. Und häufig stimmt es gar nicht, weil ich einfach behaupteetwas nicht zu können, ohne es überhaupt probiert zu haben. Vielleicht, weil es einfacher ist. Weil ich genau sehe, dass die Aufgabe, vor der ich stehe nicht leicht ist. Dass es mich einiges an Kraft, Einsatz und Willensstärke kosten wird, das zu meistern. Da ist es doch viel leichter, einfach zu sagen: Ich kann das nicht, als es zu versuchen und dann vielleicht doch zu scheitern.

Aber wie so oft im Leben ist einfacher nicht immer auch besser. Wie viele Dinge in meinem Leben habe ich nicht geschafft, weil ich schon vorher überzeugt war, dass es nicht klappen kann. Wie viele Erfahrungen habe ich mir entgehen lassen. Wie viele Meinungen nicht ausgesprochen und wie viele Gelegenheiten nicht genutzt. Nur, weil ich Angst davor hatte, zu scheitern. Ich kann das nicht, ist aucheine sehr einfache Art, sich vor einer Herausforderung zu drücken. Sicher, wenn ich es versuche und es klappt nicht, dann werde ich enttäuscht sein. Aber vielleicht kann ich aus dieser Enttäuschung ja auch lernen. Und vielleicht klappt es ja doch. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht perfekt, aber geschafft ist geschafft. In einer alten Volksweisheit heißt es: Es wäre sehr still in den Wäldern, wenn nur die Vögel singen würden, die es am besten können.

Vielleicht muss es gar nicht perfekt sein. Vielleicht klappt es nur teilweise oder sogar gar nicht. Aber wenigstens habe ich es versucht. Denn es wäre sehr still in den Wäldern, wenn nur die Vögel singen würden, die es am besten können.

 

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SWR3 Gedanken

Januar 2015. Der Januar schmeckt für mich immer nach Neuanfang. Und weil ein Neuanfang immer auch bedeutet, Altes abzuschließen, ist der Januar für mich die beste Zeit, um aufzuräumen.

Zuerst ein Zimmer, dann die Wohnung.Das ist einfach. Und dann mich selbst. Das ist sehr schwierig.

Trotzdem: So ein Neujahrsputz der eigenen Gedanken tut gut. Nachdenken, was wirklich wichtig ist im Leben. Welche Menschen und Beziehungen wertvoll sind und auch im neuen Jahr gepflegt werden müssen. Welche Gedanken und Wünsche schon seit Monaten vor sich hinmodern und eigentlich längst keine Bedeutung mehr für mein Leben haben.

Es ist eine besinnliche Zeit, die Zeit der inneren Entrümpelung. Besinnlich im tatsächlichen Wortsinn. Weil ich all meine Sinne einsetzen muss, um mich selbst zu hinterfragen:

Ist mein Leben fad oder schmeckt es nach mehr? Wie kann ich dem Alltag eine besondere Würze verleihen. Welche Gedanken oder Vorurteile stinken zum Himmel und sollten dringend mal entsorgt werden?  Fühle ich mich frei und unbeschwert oder erdrückt und belastet? Kann ich erkennen, was in meinem Leben wirklich wichtig ist oder bin ich blind gegenüber Dingen, die ich erkennen und verändern müsste?

Ein langer und langsamer Prozess, diese seelische Entrümpelung. Und nicht immer leicht.Da gebe ich Meinungen auf, die sich über Jahre hinweg gebildet und doch als falsch erwiesen haben. Entlarve Entscheidungen als Fehlproduktion und lasse sie auf nimmer wiedersehen verschwinden. Und auch die Scherben einiger zerbrochener Träume entsorge ich schließlich wehmütig.

Aber so schwer das Loslassen von liebgewordenen Gedanken und Gefühlen auch ist. Es muss sein. Denn so ist wieder Platz für neue Gefühle, Meinungen, Wünsche und Träume. Und was wirklich wichtig ist, aber momentan einfach keinen Platz in meinem Leben hat, das wird auch nicht entsorgt. Es wird aufbewahrt. In der Kiste mit den wichtigen Erinnerungen. Wer weiß, ob man sie nicht später nochmal gebrauchen kann. Als Schatzkiste für dunkle oder schwere Tage.

 

 

 

 

 

 

 

 

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SWR3 Gedanken

„Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind. Es gibt keine anderen.“ Ein Satz, der mich zum Schmunzeln bringt und dann zum Nachdenken. Er stammt von Konrad Adenauer, dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Die Menschen nehmen, wie sie sind. Manchmal gar nicht so einfach. Es gibt ja so viele verschiedene Menschen. Und damit unzählige verschiedene Verhaltensweisen, Meinungen und Haltungen. Und darunter einige, die ich überhaupt nicht einfach so nehmen kann, wie sie sind. Sicher ist es wichtig, jeden Menschen in seiner Persönlichkeit ernst zu nehmen und anzunehmen. Aber kann ich die Meinung und Verhaltensweise so einfach davon trennen, wie ein Mensch ist?  Was soll ich denn machen, wenn ich mit dem Verhalten oder der Lebensweise eines Menschen nicht einverstanden bin? Ich kann doch nicht einen Betrüger oder Schlägereinfach so hinnehmen wie er ist. Ist es nicht meine Pflicht, gegen Menschen, die offensichtlich Unrecht tun aufzubegehren? Mich gegen Verhaltensweisen zu wehren, die andere Menschen oder die Gesellschaft gefährden?

Was bei der Aussage Adenauers zunächst ein leichtes Schmunzeln und dann Erschrecken  bei mirverursacht, hat es tatsächlich schon gegeben. Allerdings weiß ich nur von sehr wenigen Menschen,die es bisher geschafft haben, jeden Menschen so anzunehmen, wie er ist. Einer davon ist Jesus Christus.

In der Bibel wird ja sehr viel davon erzählt, dass er sich auch um gesellschaftlich Geächtete gekümmerthat: Prostituierte, Säufer, Betrüger.Menschen, die von der Gesellschaft eben überhaupt nicht so angenommen wurden, wie sie sind.  Jesus hat jeden Menschen in seiner Persönlichkeit sehr ernst genommen. Aber nicht jedes Handeln akzeptiert. Haben Menschen falsch gelebt oder gehandelt, hat er ihnen deutlich gemacht, dass sie trotz ihres Handelns wertvolle Menschen sind und ihnen damit die Möglichkeit eröffnet, ihr Leben zu ändern. Jesus konnte also das Verhalten eines Menschen durchaus von dessen Person  trennen. Aber was Jesus konnte, kann  noch lange nicht jeder. Die Menschen nehmen wie sie sind,das ist ganz schön schwer. Aber wie Jesusgezeigt hat: Auch nicht unmöglich.

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SWR3 Gedanken

Der Meister saß mit seinen Schülern am Flussufer. Einer der Schüler fragte: „Sag Herr, wenn ich nun abrutschen würde und in den Fluss fiele, müsste ich dann ertrinken?“

„Nein“, antwortete der Meister, „du ertrinkst nicht, wenn du in den Fluss fällst – du ertrinkst nur dann, wenn du drin bleibst.“

Was für ein tolles Bild vom Autor Anthony de Mello. Ich möchte seinen Gedanken mal weiterdenken:

Oft fällt man ja in Schwierigkeiten oder Probleme wirklich hinein wie in eine reißende Strömung mit kaltem Wasser. Manchmal kann man zwar vorher schon sehen, dass sich Schwierigkeiten anbahnen. Trotzdem rutscht man ab. Mit etwas Glück reichen einem Menschen am Ufer die Hand und bewahren einenvor dem endgültigen Absturz. Aber was, wenn nicht? 

Tja, dann fällt man. Und dann schlagen erstmal die Wassermassen, also die Probleme über dem Kopf zusammen. Wie nur wieder rauskommen?

Zunächst mal mit aller Kraft gegen den gefährlichen Strudel ankämpfen.  Manchmal gelingt das und man erreicht das sichere Ufer,heilfroh, dass man sich aus den Problemen mit eigener Kraft herausgekämpft hat.

Aber was, wenn man schwimmen will und nicht kann? Was, wenn die Kraft ausgeht? Der Überlebenswille nach dem langen, kräftezehrenden Kampf immer schwächer wird? Verständlich, dass der Gedanke, sich einfach vom Strudel runterziehen zu lassen dann immer näher kommt. Und doch gibt es noch eine Möglichkeit. Sicher nicht leicht, aber oft noch möglich: Der der Ruf nach Hilfe.  Auch dafür muss man oft eine Grenze überschreiten. Sich nicht dafür schämen, dass man gefallen ist. Sich nicht schwach fühlen, weil man sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien kann. Irgendwie den letzten Funken Überlebenswillen sammeln und nach Hilfe rufen. 

Hier denke ich an all die, die sich darauf spezialisiert haben, diese Hilferufe zu hören: Seelsorger, Ärzte, Sozialarbeiter, Psychologen, Freunde. Menschen, die nicht das Abrutschen verurteilen. Sondern mit Verständnis aus scheinbar aussichtslosen Strudeln heraushelfen. Auch wenn sie leider nicht alle retten können. Sie sind die die Rettungsschwimmer in der Alltagsflut. Und ihnen allen möchte ich danke sagen. 

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SWR3 Gedanken

Das Leben ist wie eine Ketchupflasche: Entweder kommt gar nix oder alles auf einmal. Was ein guter Spruch!Und momentan kommt tatsächlich immer genau das, was ich will. Ich hab ne Glückssträhne.Keine Ahnung wieso, aber zur Zeit klappt einfach alles wie am Schnürchen. Da stimmt doch was nicht. Ich bin gesund, ich bekomme meine Arbeit schnell und produktiv hin, ich habe Zeit für Freunde, Familie, ja sogar Zeit für mich selbst. Alles funktioniert. Und genau das macht mich stutzig.

Kann es sein, dasses einem so lange so gut geht? 

Weil ich mir das einfach nicht vorstellen kann, suche ich fieberhaft nach dem Fehler im System:   Da muss doch irgendwo ein Haken sein. Irgendwas geht gleich schief. Das läuft so gut, da stimmt doch was nicht. Das ist ungefähr so, wie wenn tagelang die Sonne scheint und sich mir jeden Abend der Gedanke aufdrängt: Morgen regnet es bestimmt.

Die ständig mitschwingende Angst, dass meine Glückssträhne bald wieder vorbei sein könnte, vermiest es mir völlig, mich über das aktuelle Glück einfach zu freuen. Total paradox.

Dabei gibt`s ja auch das Gegenteil. Zeiten, in denen einfach gar nix zu klappen scheint.Die typischen Pechsträhnen, in denen ich das Gefühl hab, dass alles auf einmal kommt und einfach nix funktioniert. Egal, was ich anpacke. Dann frag ich mich immer, wann endlich wieder was läuft und ich klammere mich an jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer. Dabei ist es unglaublich wichtig, bei Pechsträhnen daran zu glauben, dass es wieder besser wird. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, der dabei hilft, die Pechsträhne zu ertragen. Aber bei einer Glückssträhne? Die muss ich ja nicht ertragen, die kann ich eigentlich einfach genießen. Ohne Angst vor vielleicht zukünftig auftretenden Problemen. Der Schriftsteller Franz Kafka hat mal geschrieben: „Verbring nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da.“

Möglicherweise hat er damit den Nagel auf den Kopf getroffen.  Wenn kein Hindernis da ist, einfach die Dinge laufen lassen und sich darüber freuen, dass der Weg so leicht  und schön ist. Das nächste Hindernis zeigt sich dann früh genug von ganz alleine.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19011
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SWR3 Gedanken

Na, wie sieht es aus mit den guten Vorsätzen? Das neue Jahr ist gerade mal zwei Wochen alt. Wie jedes Jahr bin ich mit einer ganzen Liste guter Vorsätze in das neue Jahr gestartet. Und ebenfalls wie jedes Jahr habe ich es schon wieder geschafft, innerhalb der ersten zwei Wochen einiger dieser guten Vorsätze über den Haufen zu werfen.

Jedes Jahr dasselbe Spiel. Getrieben von dem Gedanken, dass mit dem neuen Jahr auch ein Neuanfang verbunden sein muss, überlege ich mir, was ich alles in meinem Leben ändern könnte. Gesünder Ernähren. Nichts auf die lange Bank schieben und alles sofort erledigen. Mehr Auszeiten nehmen, regelmäßiger in die Kirche gehen, kein wichtiges Fest versäumen. Mich mehr bei Freunden und Familie melden. Alles, was ich besser machen KÖNNTE, kommt auf die Liste. Das Ergebnis ist eine ellenlange Aufzählung von Dingen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Total chaotisch und ohne Sinn für Prioritäten. Klar, dass ich das nicht alles umsetzen kann. Es ist völlig utopisch und naiv, zu glauben, dass sich ein ganzes Leben nur wegen des neuen Jahres komplett umkrempeln lässt. Und das ist auch gar nicht notwendig. Vieles in meinem Leben klappt ja wunderbar so, wie es ist. Und dass ich alles, womit ich nicht vollständig zufrieden bin, auf einen Schlag ändern kann, ist Quatsch.

Trotzdem sehe ich den Beginn eines neuen Jahres immer wieder als Chance, mich neu sortieren zu können. Deshalb schreibe ich auch alles auf, was ich gerne ändern WÜRDE. Ob ich das schaffe und die Änderungen überhaupt alltagstauglich sind, das zeigt sich erst im Verlauf des Jahres. Dann stellt sich nach und nach heraus, welche Vorsätze wirklich sinnvoll waren und welche ich völlig schmerzfrei einfach wieder aufgeben kann, weil sie unnötig sind oder nicht funktionieren.

Dabei merke ich jedes Mal auf‘s Neue, dass es gar nicht so sehr darauf ankommt, wie viele Vorsätze ich für das neue Jahr fasse. Sondern darauf, dass ich erkenne, welche mein Leben bereichern und positiv verändern. Und das lässt sich eben nicht am 1. Januar erkennen, sondern in den 364 Tagen danach. Und dann wartet sie ja schon wieder: Die neue Liste mit den guten Vorsätzen für das nächste Jahr. Neues Jahr, neues Glück?

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