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SWR3

  

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SWR3 Gedanken

Ein Blick von der Kante in die Tiefe. Das erste Mal. Ich hab keine Ahnung, was passieren wird. Wie es sich anfühlen wird. Ich weiß nur, wenn ich diesen Schritt gehe, kann ich ihn nicht mehr rückgängig machen.

Ich erinnere mich noch so gut an meinen ersten Sprung vom Dreimeterbrett. Besser gesagt an die Situation davor. Dieser Gefühlsmix aus Unsicherheit, Angst, Mut, Zweifel und Willen. Den Willen, diesen Sprung zu wagen, in der Hoffnung, dass er gut ausgeht. Es ist ja nur ein Schritt, aber der kostet unglaubliche Überwindung. Und dann – Zack. Innerhalb einer Sekunde ist es geschehen. Die Entscheidung zu springen und der Sprung sind eins. Zeitgleich.

Es ist oft nicht leicht, den ersten Schritt zu machen. Meistens kostet es Überwindung, etwas Neues auszuprobieren. Aber wenn man den ersten Schritt nicht macht, sich nicht überwindet, dann wird man immer stehenbleiben. Und sich überlegen: Was wäre, wenn ichs versucht hätte?

Der Sprung vom Dreimeterbrett ist für mich symbolisch geworden für viele Entscheidungen im Leben. Eine Entscheidung zu treffen, bei der man nicht auf Erfahrungen zurückgreifen kann, kostet Mut und Überwindung. Weil man nie sicher sein kann, wie es ausgeht. Aber was ist denn die Alternative? Entweder ewig an der Kante stehenzubleiben oder eben sich umzudrehen. Die Leiter wieder runterzusteigen.

Häufig ist die Überwindung zum Sprung wichtig, damit man sich weiterentwickeln kann. Neue Erfahrungen machen und lernen, mit den Konsequenzen umzugehen. Aber ich habe es auch schon erlebt, dass in Situationen der Schritt zurück die beste Wahl war. Bei einem Streit oder einem Irrtum. Da muss man nicht immer springen.

Ob man dann anerkennende Blicke für eine elegante Landung erntet, einen üblen Bauchplatscher hinlegt oder sich vielleicht schämt, weil man zurückgegangen ist: Ich glaube bei allen Varianten kommt es nur darauf an, zu seiner Entscheidung zu stehen und aus den Konsequenzen zu lernen.

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SWR3 Gedanken

Was glitzert ist meistens wertvoll: Gold, Edelsteine, Diamanten. Aber was ist eigentlich mit Tränen? Die glitzern auch, aber sind nicht wertvoll. Oder doch? Tränen sind Wasser und Salz. Sie gehören zum Leben dazu. Es gibt so viele Situationen, in denen Tränen fließen. Und so viele verschiedene Menschen, die Tränen weinen. Und doch sind die Tränen der Menschen gleich: Eine Träne kennt kein Alter, keine Hautfarbe und keine Nationalität. Eine Träne kennt nur das Gefühl aus dem sie entsteht. Eine Träne macht Menschen einander ähnlicher. Und sieht dabei so schön aus.

Ein durchsichtiger Schleier, der sich sanft über dem Auge ausbreitet und die Iris in ganz neuen Farben schillern lässt. Eine Flüssigkeit, die sich wie ein feuchtes Tuch über den Blick legt, als ob es ihn reinigen will. Und der eine glitzernde Tropfen, der sich beim Blinzeln aus dem Nass des Auges löst und einsam die Wange hinunterrinnt: Eine unscheinbare Spur auf der Wange. Spiegelbild eines Kratzers auf der Seele.

Und wenn genugTränen geflossen sind, dann sehen die Augen wieder klar. Vielleicht klarer als zuvor. Dann sind vielleicht nicht nur die Augen reingewaschen, sondern auch das Herz.

Aber die schönsten Tränen sind die, die Menschen verbinden oder einander näher bringen. Wenn eine Mutter die Tränen ihres Kindes trocknet. Wenn ein Mann die Tränen einer Frau zärtlich mit dem Finger aus dem Gesicht nimmt. Oder wenn ein Freund mit dem anderen mitweint. Was glitzert ist meistens wertvoll. Auch Tränen sind wertvoll. Sie reinigen den Blick und das Herz. Und sie sind besonders wertvoll, wenn jemand erkennt, dass sie getrocknet werden müssen.

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SWR3 Worte

Jedes Mal, wenn ich wieder von Katastrophen, Hunger, und Krieg erfahre, taucht sie auf. Die Frage: Warum tut Gott nichts gegen dieses Leid? (Sieht er etwa nur zu?) Dazu ein Text von einem mir unbekannten Autor: 

Wenn ich Gott wäre, könnte ich nicht zusehen, wie Neugeborene verhungern.
Wenn ich Gott wäre, könnte ich nicht zusehen, wie kleine Kinder misshandelt werden.
Wenn ich Gott wäre, könnte ich nicht zusehen, wie Männer ihre Frauen foltern.
Wenn ich Gott wäre, könnte ich nicht zusehen, wie einige wenige im Land alle anderen ausbeuten(...)
Wenn ich Gott wäre, könnte ich nicht zusehen, wie immer mehr Geld für Rüstung ausgegeben wird.

Wenn ich Gott wäre? Nicht einer würde mehr verhungern misshandelt, gefoltert oder ausgebeutet, wenn wir Menschen wirklich Menschen wären!

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SWR3 Worte

Ich möchte der Tiefe meines Lebens begegnen

mehr schauen und hören

und weniger leisten

mehr fragen und erspüren

und weniger wissen

mehr sein und leben

und weniger haben und festhalten

 

Tiefe meines Lebens von Anton Rotzetter

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SWR3 Worte

Gerade bin ich aufgebrochen in ein neues Jahr: 2016. Doch was bringt ein Aufbruch alles mit sich? Ein Gedicht von Christa Spilling-Nöker lässt mich darüber ganz neu nachdenken. Sie schreibt:

Aufbrechen

heißt vielleicht nicht einmal in erster Linie:

sich auf den Weg machen.

Aufbrechen meint zunächst einmal:

die innere Schale, die Maske,

die du dir zum Schutz vor den anderen

zugelegt hast, aufzubrechen,

dich zu öffnen für neue Gedanken,

neue Erfahrungen, neue Begegnungen.

Aufbrechen heißt also:

Sich bereitzuhalten für das Wunder.

Wo immer solches geschieht,

da bist du schon mitten auf dem Weg.

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SWR3 Worte

Vor rund 700 Jahren hat die heilige Gertrud  über das Beten geschrieben:

Das Gebet, das ein Mensch nach bestem Können verrichtet,
hat große Kraft.
Es macht

ein bitteres Herz süß,
ein trauriges froh,
ein armes reich,
ein törichtes weise,
ein verzagtes kühn,
ein schwaches stark,
ein blindes sehend,
ein kaltes brennend.

Es zieht den großen Gott in das kleine Herz;
es trägt die hungrige Seele empor zu Gott,
dem lebendigen Quell,
und bringt zusammen zwei Liebende:
Gott und die Seele 

Gertrud die Große,
+1304 im Kloster Helfta

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SWR3 Worte

Ein augenzwinkerndes Gebet des Heiligen Thomas Morus: 

Schenke mir eine gute Verdauung, Herr, und auch etwas zum

verdauen. Schenke mir Gesundheit des Leibes mit dem

nötigen Sinn dafür, ihn möglichst gut zu erhalten.

Schenke mir eine heilige Seele, Herr, die das im Auge behält,

was gut ist und rein, damit sie im Anblick der Sünde nicht

erschrecke, sondern das Mittel finde, die Dinge wieder in

Ordnung zu bringen.

Schenke mir eine Seele, der die Langeweile fremd ist, die kein

Murren kennt und kein Seufzen und Klagen, und lass nicht zu,

dass ich mir allzu viel Sorgen mache um dieses sich breit

machende Etwas, das sich »Ich« nennt.

Herr, schenke mir Sinn für Humor, gib mir die Gnade, einen

Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im

Leben und anderen davon mitteile.

  

Hl. Thomas Morus

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SWR3 Worte

Eine weise Frau reiste durch die Berge. Eines Tages fand sie dort in einem Bachlauf einen sehr, sehr wertvollen Stein.

Am nächsten Tag traf sie einen anderen Wanderer. Der Mann war hungrig und die weise Frau öffnete ihre Tasche, um mit ihm ihr Brot zu teilen. Der Wanderer sah den wundervollen Stein in der Tasche.

„Gib mir den Stein“ sagte er.

Die Frau reichte dem Mann ohne jedes Zögern den Stein. Der machte sich schnell davon, denn ihm war klar, dass der Stein sehr, sehr wertvoll war und dass er nun den Rest seines Lebens sorgenfrei verbringen konnte.

Einige Tage später kam der Mann jedoch zurück zu der weisen Frau und gab ihr den Stein wieder.

„Ich habe nachgedacht.“ sagte er. „Ich weiß, wie wertvoll dieser Stein ist. Aber ich gebe ihn dir zurück. Das tue ich in der Hoffnung, dass du mir etwas viel Wertvolleres dafür schenken kannst. Bitte gib mir etwas von dem, was es dir möglich machte, mir diesen Stein zu schenken.“

 

Autor unbekannt,
Quelle: The Women’s Spiritual Network,
übersetzt und leicht geändert

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SWR3 Worte

Der Pfarrer Hermann Kappen hat vor über 100 Jahren ein Neujahrsgebet geschrieben, das auch jenseits von Neujahr noch Sinn macht:

Herr, setze dem Überfluss Grenzen
und lasse die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen
aber auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Ehemänner an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamten, Geschäfts- und Arbeitsleute, die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch
und den Deutschen eine bessere Regierung.
Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen. Aber nicht sofort.

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SWR3 Gedanken

Stell dir vor, es ist Winter und der Schnee kommt nicht. Ein Traum. Kein lästiges Schneeschippen, keine Glatteisunfälle, keine nasse und vom Schneematsch verdreckte Kleidung. Schnee ist doch nur gefrorenes Wasser, das in ganz unpassenden Momenten vom Himmel fällt und das nervt. Andererseits ist Schneefall ja auch irgendwie schön.

Fallende Flocken. Geräuschlos decken sie die Welt zu. Anfangs sieht man es noch: Das braungrüne Gemisch in den Gärten, das Grau der Straßen. Liegengebliebene Gegenstände. Aber nach und wird alles zugedeckt und übrig bleibt nur der Anblick von gleichmäßigem Weiß. Dann wirkt die Welt ganz rein und friedlich. So, als würde mit jeder Schneeflocke ein kleines bisschen Frieden vom Himmel fallen. Das wär doch schön. Wenn jede Flocke ein kleines Stück Frieden wäre. Und der Frieden rieselt auf den Hass. Auf Streit. Auf Gier, Lügen und Not. Und mit jeder Flocke, die fällt, verschwindet ein bisschen mehr von Elend, Krieg und Leid auf dieser Welt. Bis alles friedlich ist und einfach nur schön. Eine traumhafte Vorstellung. Aber leider eben nur ein Traum. Auch wenn sich eine weiße Decke auf die Welt legt, das, was darunter versteckt ist, ist trotzdem nicht weg. Es ist nur eine zeitlang nicht sichtbar. Aber sobald es taut, wird klar, dass eine weiße Decke keine Lösung ist. Dass es mit einem Verstecken der Probleme nicht getan ist.

Trotzdem lässt eine weiche weiße Schneedecke erahnen, wie schön eine Welt in Frieden wäre.

Vielleicht wünschen sich auch deshalb so viele Menschen weiße Weihnachten. Eine schneebedeckte, reine weiße Welt in der heiligen Nacht, zur Feier der Geburt des Friedensbringers. Denn Jesus Christus kam ja in die Welt, um den Menschen den Frieden zu bringen. Durch seine Art zu leben hat er ahnen lassen, wie eine Welt des Friedens sein könnte. Gezeigt, dass es für Menschen möglich ist, Frieden zu schaffen. Auch wenn der Frieden nicht als weiße Flocken vom Himmel fällt.

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