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SWR3 Gedanken

„Ey Alter, echt, ich schwör man!“ Diesen Satz höre ich oft bei jungen Leuten, in ganz alltäglichen Situationen. Als Floskel beim Small-Talk sozusagen. Und immer, wenn ich „Ich schwör Mann!“ höre, fällt mir dieser Satz aus der Bibel ein: „Schwört überhaupt nicht! Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein.“ Das ist einer meiner absoluten Lieblingssätze.

Dabei finde ich ihn nicht als Zurechtweisung  gut, sondern seine eigentliche Bedeutung. Die Aufforderung: „Schwört überhaupt nicht“ ist ja nicht einfach ein Befehl. Nein. Wenn man die Aussagen eines anderen Menschen wirklich ernst nimmt, wird es schlichtweg überflüssig, sie zusätzlich zu  beschwören. Es ist eine Aufforderung dazu, den anderen mit dem was er sagt vollkommen ernst zu nehmen: Wenn er „Ja“ sagt, meint er auch „Ja“. Und wenn er „Nein“ sagt, meint er „Nein“. Punkt.

Wer wirklich schwört, der zieht dagegen Gott mit rein. Weil ein Schwur an sich ja bedeutet, dass Gott dafür bürgen soll, dass die getätigte Aussage wahr ist; dadurch soll der Mensch noch glaubwürdiger werden. Deshalb der Schwur vor Gericht. Mir geht es jetzt aber nur um das floskelhafte Schwören. Die zwischenmenschliche Glaubwürdigkeit.

Und da frag ich mich:  Sollte ein wirklich gläubiger Mensch nicht sowieso immer die Wahrheit sagen? Glaub-würdig sein? Dann ist doch Gottes Bürgschaft ebenso überflüssig wie der Schwur selbst. Wer glaubwürdig ist, hat es nicht nötig, zu schwören.

Den anderen in seiner Meinung und mit seinen Aussagen absolut ernst zu nehmen, das finde ich eine enorme Wertschätzung der Persönlichkeit des anderen. Weil dann seine Aussage an sich wertvoll ist.

Allerdings  muss man sich dann aber auch der Verantwortung bewusst sein, die ein schlichtes „Ja“ oder „Nein“ mit sich bringt. Denn wenn der andere mir alles, was ich sage glaubt, dann habe ich die Verantwortung dafür, dass das, was ich sage, auch wirklich wahr ist.

Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein.

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SWR3 Gedanken

Meine Freundin ist Altenpflegerin und sie sagt: „Alte Menschen sind wie kleine Kinder. Du musst sie füttern, du wechselst ihnen die Windeln, du verstehst nicht alles, was sie sagen und du musst immer aufpassen, dass sie nicht hinfallen oder abhauen. Du musst dich kümmern, denn sie brauchen deine Hilfe. Und du kannst einfach nicht anders als sie lieb zu haben.“

Was sie da sagt, macht mich nachdenklich. In gewisser Weise gebe ich ihr Recht. Manche Verhaltensweisen sind am Anfang und am Ende des Lebens irgendwie ähnlich. Trotzdem finde ich dieBehauptung„Alte Menschen sind wie kleine Kinder“ irgendwie zu kurz gegriffen.

Kleine Kinder sind gewissermaßen frisch ins Leben geworfen. Haben noch keine Orientierung, keine Ahnung von der Größe und Beschaffenheit der Welt. Sie blicken immer voraus und auch ich blicke für ein Kind eigentlich immer voraus. Bei meinen Schülern frage ich mich doch eher was aus ihnen werden wird, als was sie im Kindergarten wohl alles erlebt haben. Bei alten Menschen ist das genau umgekehrt. Sie blicken zwar auch voraus auf das, was noch kommen wird, aber sie haben die Möglichkeit auch zurückzublicken. Auf viele Erlebnisse, Ereignisse und Geschichten. Im Umgang mit älteren Menschen interessiert mich eher, was sie alles erlebt haben, welche Erkenntnisse sie über das Leben haben. Wie sie die Welt beurteilen.

Im Umgang mit kleinen Kindern und alten Menschen sind die Erfahrungswerte ganz anders verteilt. Kindern stellen mir viele Fragen. Älteren Menschen kann dagegen ich die Fragen stellen. Und was mir immer wieder bewusst wird bei der Begegnung mit jüngerenoder älteren Menschen: Ich bin genau dazwischen. Ich war das eine und werde das andere. Weil das Leben eben ein Prozess ist, den wir nicht aufhalten können. Aber wir können ihn begleiten. Vom Anfang bis zum Ende. Denn eins bleibt sich gleich: Am Anfang, in der Mitte und am Ende des Lebens brauchen Menschen alle Eines: Aufmerksamkeit und Liebe.

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SWR3 Gedanken

Ein Blick auf meinen aktuellen Status verrät mir: Es geht mir schlecht. Ganz schlecht. Obwohl ich mich hervorragend fühle. Und siehe da, einmal kurz die Fitness-App neu gestartet und schon findet auch sie, dass es mir prima geht.

Ich habe mir vor kurzem ein kleines Gerät zugelegt, das mir Aufschluss über meine Gesundheit geben soll. Es misst durchgehend Puls, Herzschlag und Blutdruck. Zählt meine Schritte und piept penetrant, wenn ich mich an einem Tag zu wenig bewegt habe. Zudem sagt mir eine App auf meinem Handy, wie ich mich gesund ernähren kann. Einfach so verhalten, wie es die Geräte vorschlagen, dann geht`s mir super. Dachte ich.

Ich fühle mich allgemein sehr gesund und fit. Und mit diesen kleinen Geräten wollte ich herausfinden, ob mein Bauchgefühl auch stimmt. Leider sind mein Bauchgefühl und die Gerätchen manchmal ganz unterschiedlicher Ansicht. Kürzlich hat eines abends mit einem penetranten Piepen behauptet, ich hätte den ganzen Tag über nur 20 Schritte gemacht und sei quasi klinisch tot. Ja, kein Wunder, wenn ich es auf dem Waschbecken vergessen habe.

Woher soll denn ein kleines Gerät wissen, ob mein Herz rast, weil ich kurz vor einem Infarkt stehe oder weil ich vielleicht verliebt bin?

Irgendwann hatte ich das Gefühl, ständig überwacht zu werden, gestresst und fremdgesteuert zu sein. Und es war ja auch so. Ich hatte mir von einem kleinen Gerät vorschreiben lassen, wie ich mich fühle. Aber wenn ich ein bisschen auf meinen Körper und mein Bauchgefühl höre, dann weiß ich doch selbst, wie es mir geht. Der menschliche Körper ist ein wahres Wunderwerk der Schöpfung. Unfassbar, wie hervorragend alles ineinander greift und ganz natürlich funktioniert. Und wenn mal etwas nicht stimmt, dann hat mein Körper die Möglichkeit, Signale auszusenden. Schmerz. Unwohlsein oder ein intuitives Bauchgefühl. Und das kann eigentlich jeder Mensch wahrnehmen. Wenn es mir wirklich schlecht geht, gehe ich einfach zum Arzt. Der kann dann überprüfen, ob mein Bauchgefühl stimmt oder nicht. Das Gerät allerdings liegt jetzt in der Schublade, die Fitness-App ist gelöscht. Und es geht es mir ausgezeichnet.

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SWR3 Gedanken

Der Gedanke, den ich gleich ausspreche ist schon ganz gut. Aber noch nicht perfekt. Nicht perfekt heißt: Noch nicht fertig. Nicht ausgereift. Noch nicht. Und genau darum geht es.

Ich habe das Gefühl, ein ewiges „noch nicht“ begleitet mich durchs Leben.

Ich bin glücklich, aber noch nicht  immer.  Ich bin gut in meinem Job, aber noch nicht ganz. Dieses ewige noch nicht nervt ganz schön. Allein die Vorstellung davon wie der perfekte Zustand aussehen müsste, macht mir immer wieder bewusst, dass ich von dieser Perfektion eben immer noch einen Schritt entfernt bin. Ein ewiges „schon, aber noch nicht“. Andererseits bringt mich genau diese Vorstellung dazu, immer weiter an mir zu arbeiten. Mich und mein Leben immer weiter perfektionieren zu wollen. Und das empfinde ich als etwas Gutes.

Erstaunlicherweise ist dieses schon, aber noch nicht ein Bild, das auch Jesus verwendet hat,  wenn er den Menschen erklären wollte, wie das Reich Gottes ist. Immer wieder hat er den Menschen gesagt, dass das Reich Gottes kommen wird. Das Problem ist aber: keiner von den Menschen hat das Reich Gottes je gesehen. Deshalb versuchte Jesus durch sein Handeln den Menschen eine Vorstellung davon zu geben, wie das Reich Gottes ist: Er hat Menschen geheilt, weil es im Reich Gottes keine Krankheiten und kein Leid gibt. Er hat Tote zum Leben erweckt, weil es bei Gott keinen Tod gibt. Er hat sich mit Ausgestoßenen getroffen, weil es im Reich Gottes keine Außenseiter gibt.

So hat Jesus den Menschen eine Vorstellung vom Reich Gottes gegeben. Von einer Welt, die so ganz anders ist, so viel schöner, so viel besser als unsere hier. Unsere Welt, die zwar schon ein wenig so ist, aber eben noch nicht ganz. Und jeder der davon begeistert ist, kann daran mitarbeiten. Und das „schon aber noch nicht“ ein bisschen mehr in Richtung „noch nicht, aber fast“ rücken.

Denn immer, wenn ein Mensch einem anderen etwas Gutes tut, dann kommt ein Stück mehr vom Reich Gottes in diese noch nicht perfekte Welt.

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SWR3 Worte

Bei einem Surfurlaub in Marokko freundet sich der Schriftsteller Sergio Bambaren mit einem marokkanischen Surfer an. Über diese Freundschaft schreibt er:

Jeden Tag … paddelte ich mit einem Marokkaner hinaus aufs Meer. Er sprach fließend Spanisch, schließlich trennt Marokko und Spanien lediglich ein schmaler Wasserweg. Nur aus diesem Grund wurde ich als Katholik geboren und er als Moslem, nur wegen eines Streifens Wasser… Zwei Welten, die so nah und doch so fern sind, hervorgegangen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen. Doch letztendlich einte uns etwas Bedeutungsvolleres: Unabhängig von unserem Glauben und unserer Religion waren wir einfach Surfer. Das zeigte mir, dass Gemeinschaften unterschiedlichen Glaubens in guter Eintracht zusammenleben können, wenn etwas Stärkeres sie verbindet, egal, woher sie kommen und wer sie sind. Wir waren einfach Soul-Surfer und taten das, was uns das Liebste war.

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SWR3 Worte

 Wie kann man eine glückliche Ehe führen? Der Schriftsteller Wolfgang Altendorf gibt mit folgender Geschichte eine Antwort:

„Sophius, der Weise,in fünfzigjähriger ungetrübter Ehe wurde nach dem Geheimnis dieses Glücks gefragt, und er antwortete:

„Fragt mich nicht, was ich getan, vielmehr fragt mich danach, was ich nicht getan.

Nicht habe ich zu ihr gesagt: Werde wie ich!… Als ich sie zum ersten Mal sah,[...] gefiel sie mir so, wie sie war. Ich lag ihr zu Füßen, weil sie anders war;

werde ich ihr zu Füßen liegen, wenn sie so ist wie ich? [...]

Fragt mich deshalb nicht, was ich getan, fragt mich, was ich nicht getan. Nicht habe ich von ihr verlangt, ihr Wesen zu verleugnen, weil es nicht mein Wesen sei, den Rhythmus gar ihres Atmens zu ändern, etwa, weil mein Rhythmus der gesündere sei…

Gewünscht habe ich mir dieses: Das Mädchen mir zu retten, jenes, das mir Aug‘ und Sinn vergnügte, hinüberzuretten in die Ehe[...].“

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SWR3 Worte

Als Religionslehrerin werde ich oft gefragt: Frau Schmidt, haben Sie schon mal die ganze Bibel gelesen? Wenn ich das dann bejahe und erkläre, dass ich viele Stellen auch immer wieder lese, reagieren die Kinder oft verwundert und wollen wissen warum. Die Schriftstellerin Dorothee Sölle hat in einer kleinen Geschichte die - meiner Meinung nach - perfekte Antwort darauf gefunden:

 

Eine afrikanische Frau

auf einer Konferenz befragt

warum sie denn immer die Bibel läse

es gäbe doch so viele Bücher

sie könne doch nun lesen und schreiben

gab in die Enge getrieben

schließlich die Antwort

ich lese doch gar nicht

das Buch liest mich.

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SWR3 Worte

„Wenn man jemanden liebt, so liebt man ihn nicht die ganze Zeit, nicht Stunde um Stunde auf die gleiche Weise. Und doch ist es genau das, was die meisten von uns fordern.

Wir haben so wenig Vertrauen in die Gezeiten des Lebens, der Liebe, der Beziehungen. Wir jubeln der steigenden Flut entgegen und wehren uns erschrocken gegen die Ebbe. Wir haben Angst, die Flut würde nie zurückkehren. Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit und Fortdauer; und die einzige mögliche Fortdauer des Lebens wie der Liebe liegt im Wachstum, im täglichen Auf und Ab.

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SWR3 Worte

Im März fand die erste Vesperkirche in Calw statt. Damit hat sich ein Traum von Pfarrer Raschko erfüllt. Darüber sagt er:

„Da gibt es eine altehrwürdige Stadtkirche mit sperrangelweit geöffneten Türen. Sie sagen:„Willkommen“! Innen gibt es keine Kirchenbänke mehr, sondern festlich gedeckte Tische. Viele Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Milieus sind „an einem Tisch“ versammelt, in angeregtem Gespräch. Kinder, Jugendliche, Senioren, Bankangestellte.

Der Obdachlose, der sonst hinter der Kirche schläft, wird bedient von freundlichen Menschen. Was sonst so schwierig ist, gelingt: Für eine kleine Zeit werden die Grenzen der Milieus überwunden. Und es passiert: Gegenseitiges Wahrnehmen geschieht tatsächlich. Die Vesperkirche will nicht Arme speisen. Sie will die Reichen mit den Armen zusammenbringen. Dann werden beide satt. Denn es gibt reiche Arme und arme Reiche.

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SWR3 Worte

Der Indianer Black Elk war Medizinmann seines Stammes und zugleich gläubiger Katholik. Für ihn gibt es drei Formen des Friedens, die alle miteinander zusammenhängen. Er sagt:

Der erste Frieden, der Wichtigste, ist der, welcher in die Seelen der Menschen einzieht – wenn sie ihre Verwandtschaft, ihr Einssein mit dem Universum begreifen und inne werden, dass im Mittelpunkt der Welt das große Geheimnis wohnt – und dass diese Mitte tatsächlich überall ist. Sie ist in jedem von uns. Dies ist der wirkliche Frieden – alle anderen sind lediglich Spiegelungen davon.
Der zweite Frieden ist der, der zwischen Einzelnen geschlossen wird.
Und der dritte ist der zwischen Völkern.
Doch vor allem sollt ihr sehen, dass es nie Frieden zwischen den Völkern geben kann, wenn nicht der erste Frieden vorhanden ist –
welcher, wie ich schon oft sagte, innerhalb der Menschenseele wohnt!

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