Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

08OKT2024
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Manchmal, wenn es mir zu viel wird mit den Nachrichten – gerade jetzt mit den Bildern von Bomben und Krieg, aber auch mit der Weltuntergangsstimmung bei uns wegen maroder Autobahnbrücken, der schrumpfenden Wirtschaft usw. – dann lande ich im Supermarkt. Wenn ich die Welt schon nicht mehr verstehe, dann möchte ich wenigstens etwas Gutes schmecken oder etwas Schönes kaufen – zum Trost oder – na ja – vielleicht auch nur zur Betäubung meiner Hilflosigkeit. Ich lande fast immer bei irgendetwas Ungesundem, meistens bei der Schokolade und denke mir: Da kommt’s jetzt auch nicht mehr drauf an.

Letztes Mal bin ich aber schon ganz vorne in der Obst- und Gemüseabteilung hängen geblieben, bei ein paar wunderschön rot-gelben Äpfeln. Die haben einen alten Spruch in meinem Kopf aufblitzen lassen: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, dann würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Der Satz stammt der Legende nach von Martin Luther. Wahrscheinlich ist er ihm erst später in den Mund gelegt worden, aber egal: Der Inhalt hat mich vom Süßigkeiten-Regal ferngehalten. Er hat mich von dem Gedanken ferngehalten, dass eh alles egal ist.

So schöne Äpfel wie die in der Supermarktauslage – die wachsen nicht über Nacht. Ein frisch gepflanztes Bäumchen braucht Jahre, bis es wirklich Früchte trägt. Warum also eins pflanzen, wenn morgen doch die Welt untergeht? Warum noch etwas Gesundes essen, statt viel zu viel Schokolade? Und - warum sich noch engagieren: für Gerechtigkeit, sich einsetzen für Frieden, für gerechtere Bildungschancen an unseren Schulen usw.?

Weil es immer eine Zukunft gibt, selbst, wenn die Welt untergehen würde – jedenfalls bei Gott. Ich sollte das Apfelbäumchen pflanzen – und gefälligst darauf vertrauen, dass Gott es wachsen lässt. Gott schenkt Leben, Wachstum und Zukunft. Er ist größer als meine Vorstellung von Zukunft oder von möglichen Wegen aus der Krise. Das schöne Zitat von dem Apfelbäumchen hat mir eine Tür geöffnet. Neues Vertrauen geschenkt und Hoffnung – dass mein Denken, Mitfühlen und auch mein Engagement nicht vergebens ist – denn was ich tue ist getragen von Gott auf dem Weg in seine Zukunft.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40806
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