Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

21SEP2024
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Manchmal ist es nötig, Wasser in den Wein zu gießen. Und sei’s nur ein bisschen. Um nicht den Eindruck zu erwecken, man wüsste zu genau über eine Sache Bescheid. Gerade wenn es um das Mahl geht, das Christen heilig ist, braucht es das. Das Mahl, das Jesus als sein Vermächtnis betrachtet hat. Als katholischer Priester feiere ich regelmäßig dieses Mahl und übernehme dabei eine höchst delikate Aufgabe. Ich spreche die Worte, die von Jesus überliefert sind. Ich wiederhole sie, als würde er es tun: Das ist mein Leib; das ist mein Blut. Ich schlüpfe gewissermaßen stellvertretend in seine Rolle. Und ich gebe nach alter Überlieferung zum Wein stets einen Tropfen Wasser. Der eigentliche Sinn besteht darin, dass sich in Jesus Göttliches und Menschliches verbunden haben. Für mich ist aber genauso wichtig: Es gibt bei der Feier dieses Mahles einen Rest, den ich nicht in der Hand habe.  Ich weiß nämlich nicht so ganz genau, wie sich dieses letzte Mahl Jesu zugetragen hat. Niemand weiß das. Wir haben zwar die Überlieferung der Bibel dazu. Aber dort erfahren wir lediglich, dass es sich um das jüdische Pessach handelt, das Jesus mit seinen zwölf engsten Jüngern feiert, und dass es sein Abschied sein wird vor dem Tod. Und auch all das – Stichwort: Wasser in den Wein - ist niedergeschrieben von Menschen, die nicht selbst dabei waren, die also beschreiben wie sie dieses Mahl verstanden haben.

Kaum anzunehmen, dass es beim Abendmahl so zuging, wie Leonardo da Vinci es in Mailand an die Wand gemalt hat. Auch nicht so, wie wir es heute feiern. Es ist gar nicht wichtig, die Tischordnung zu kennen oder den Inhalt der Gespräche. Das Mahl ist Jesu Vermächtnis. Er wollte, dass die, die an ihn glauben, sich an ihn erinnern, indem sie Brot und Wein – und damit ihr Leben teilen. Und dabei ist für mich – gerade als Priester - immer ein Gedanke maßgebend gewesen: Jesus war großzügig und gastfreundlich. Ich käme deshalb nie auf die Idee beim Mahl jemanden abzuweisen, der darum bittet. Einen Menschen für unwürdig zu halten, gar mich zu schämen, weil er oder sie dabei ist. Egal, wie jemand aussieht, egal wie er denkt oder riecht.

Seit Jesu Tod feiern Christen dieses Mahl. Kein Lauf der Weltgeschichte konnte es zerstören. Weil es denen heilig ist, die an Jesus glauben. Und darum stört mich auch nicht, wenn andere damit nichts anfangen können. Denn was heilig ist, ist unzerstörbar.

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