Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

11SEP2024
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Vor kurzem habe ich einen Text fürs Radio aufgenommen. Der Tontechniker hat an einer Stelle meinen Atem ausgeschnitten und ihn an anderer Stelle wieder eingefügt. „Wie cool ist das denn!“, habe ich gedacht.

Ich war beim Reden ein wenig ins Galoppieren gekommen und er hat gemeint, man braucht beim Zuhören auch ein bisschen Zeit.

Wie praktisch wäre es, wenn das auch im wahren Leben gehen würde: Hier einen Schnaufer wegnehmen, an einer Stelle, wo eh zu viele Längen sind, und ihn dann dort einsetzen, wo ich immer schnell kurzatmig werde. Auch in einem anstrengenden Gespräch täte so ein zusätzlicher Schnaufer gut. Doch wer sagt überhaupt, dass keine Zeit für zusätzliches Atemholen ist? Gerade, wenn die Stimmung anfängt, hitzig zu werden, bringt so ein bewusstes Atemholen Ruhe rein. Jedenfalls bei mir. Doch vielleicht auch bei meinem Gegenüber.

Noch besser ist es, wenn ich mir in dieser Sekunde Zeit nehme für ein Stoßgebet. Nur so ein Gedankenblitz nach oben, mit der Bitte, mir innerlich Ruhe zu schenken. Die Ostkirche kennt, dass man beim Einatmen „Herr Jesus Christus“ betet und beim Ausatmen „erbarm dich meiner“. Es braucht eigentlich keine Vorlage, es reicht ein Gedanke an Gott. Meinen Atem ausschneiden und an anderer Stelle wieder einfügen kann nur der Tontechniker. Doch niemand sagt, dass ich so gehetzt sein muss. Ich kann mir die Zeit zum Atmen einfach nehmen. Und es empfiehlt sich absolut, damit ich niemandem ins Wort falle und meine Antworten gut durchdacht sind. So eine kleine Pause tut gut. Mir selbst, und vermutlich auch meinen Gesprächspartnern. Mittlerweile ist mein Trick, erst mal einen großen Schluck Wasser zu nehmen. Egal ob ich mich gestresst fühle oder es gerade hitzig wird oder ich für den Moment kurz ratlos bin. Trinken ist zwar nicht Atem holen, doch in der Zeit, in der ich trinke, kann ich zumindest nicht reden.

Denn oftmals entsteht doch ein guter Gedanke erst, wenn wirklich Stille herrscht. Oder jemand wagt sich erst mit seiner Idee hervor, wenn der muntere Austausch zum Erliegen gekommen ist. Deshalb ist es gut, einfach mal in Ruhe durchzuatmen oder eben nach dem Glas Wasser zu greifen und zu trinken. Schenken Sie sich doch heute, ganz ohne technische Hilfsmittel, den einen Atemzug mehr. Und bauen sie ihn dort ein, wo er Ihnen oder anderen guttut.

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